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Niemand isst „von einer Pyramide“

In vielen Ländern hängt sie in unzähligen Klassenzimmern und Arztpraxen - in den USA hat sie nun ausgedient: die Ernährungspyramide. Am Donnerstag präsentierten First Lady Michelle Obama und Landwirtschaftsminister Tom Vilsack das neue US-amerikanische Symbol für gesunde Ernährung.

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Ein bunter Teller namens „MyPlate“ soll künftig zeigen, wie eine nahrhafte Mahlzeit aussieht. Im Gegensatz zu „MyPyramid“ - so die offizielle Bezeichnung der US-Regierung für die Ernährungspyramide - kommt „MyPlate“ ganz ohne kleine bunte Grafiken mit Brot, Nudeln, Bananen, Käse und Eiern aus.

Mehr Platz für Gemüse auf dem Teller

„MyPyramid war einfach zu kompliziert“, rechtfertigte US-Landwirtschaftsminister Tom Vilsack den Wechsel zum Teller. „MyPlate“ sei ein einfaches visuelles Symbol, das die idealen Portionsgrößen und was „auf dem amerikanischen Teller sein soll“ klar darstelle.

Grafische Darstellung des neuen Ernährungstellers

choose.myplate.gov (Montage)

„MyPlate“ zeigt, was „auf dem amerikanischen Teller sein soll“.

Auch von Ernährungswissenschaftlern wurde die Pyramide, die in den USA erstmals 1982 zum Einsatz kam, oft als irreführend und schwer verständlich bezeichnet. Konkret wurde etwa immer wieder die Tatsache bemängelt, dass Getreideprodukte in der Ernährungspyramide den größten Teil einnehmen. Bei „MyPlate“ nimmt Gemüse nun die größte Portion auf dem Teller ein. Das spiegle auch die neuen Ernährungsrichtlinien der USA wieder, hieß es bei der Präsentation.

„Die meisten Menschen werden schockiert sein“

Von Experten bekam das neue Modell bereits Lob. Die Non-Profit-Organisaton Center for Science in the Public Interest, die sich laut „Wall Street Journal“ öfters mit der Lebensmittelindustrie anlegt, bezeichnete den Teller als „riesige Verbesserung von der unverständlichen Ernährungspyramide“. „Die meisten Menschen werden schockiert sein, wenn sie sehen, dass sie einen ganzen Haufen mehr Gemüse und Obst essen müssen“, so Margo Wootan, vom Center for Science in the Public Interest.

„Menschen essen nicht von einer Pyramide, sie essen von einem Teller“, zitiert das „Wall Street Journal“ den Ernährungswissenschaftler Dawn Jackson Blatner aus Chicago. „Er (der Teller, Anm.) ist besser als die Pyramide, aber das heißt nicht viel“, sagte Marion Nestle, eine Professorin für Ernährungswissenschaften an der New York University gegenüber der „New York Times“. Aber auch sie bezeichnet die größere Gewichtung von Obst und Gemüse als bedeutenden Schritt.

Obst. Gemüse. Getreide. Eiweiß?

Allerdings könnte auch der Ernährungsteller für Verwirrung sorgen: So gibt es neben „Obst“, „Gemüse“, „Getreide“ und „Milchprodukte“ eine eigene Fläche mit der Bezeichnung „Eiweiß“, obwohl auch Getreide- und Milchprodukte wichtige Eiweißquellen sind. Während Obst, Gemüse und Getreide Nahrungsmittel sind, ist Eiweiß - wie Kohlehydrate und Fett - ein Nährstoff. Fleisch, das - wie Tofu - unter Eiweiß fällt, wird dafür nicht explizit erwähnt.

Der Teller wurde vom US-Landwirtschaftsministerium und Michelle Obamas Kampagne gegen Fettleibigkeit entwickelt. Das Landwirtschaftsministerium investierte nach eigenen Angaben zwei Millionen US-Dollar in das Projekt.

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