Entschädigung für Haft zugesprochen
Das Landgericht im deutschen Mannheim hat den bekannten TV-Moderator Jörg Kachelmann vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen. Das Gericht folgte mit dem am Dienstag verkündeten Urteil dem Antrag der Verteidigung auf Freispruch. Im Publikum gab es spontanen Applaus und Jubel. Der 52-Jährige hatte vor der Verkündung des Urteils versteinert gewirkt, danach schien er erleichtert.
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In dem Urteil hieß es, dass Kachelmann für seine Zeit in Untersuchungshaft entschädigt werden wird. Die Kosten des Verfahrens trägt die Staatskasse. Seine Ex-Geliebte, die Hauptzeugin der Anklage, war anwesend. Sie hatte den Gerichtssaal erst wenige Minuten nach Verkündung des Freispruchs betreten, kam also erst zur Begründung des Urteils - das wohl, weil zu diesem Zeitpunkt bereits Kameraleute und Fotografen aus dem Saal gewiesen worden waren. Am Ende der knapp einstündigen Urteilsverkündung wischte sie sich Tränen aus den Augen.
Neun Monate und kein Beweis
Die Frau hatte den 52-Jährigen beschuldigt, er habe sie mit einem Messer bedroht und vergewaltigt. Kachelmann hatte die Vorwürfe stets bestritten. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Haftstrafe von vier Jahren und drei Monaten für den Fernsehmoderator gefordert. In dem Prozess war Aussage gegen Aussage gestanden.
Mit dem Urteil ging nach 44 Verhandlungstagen einer der spektakulärsten Prozesse in der Geschichte Deutschlands zu Ende. Kachelmann war im März 2010 auf dem Frankfurter Flughafen festgenommen worden und saß 132 Tage lang in Untersuchungshaft. Der von großem Medienrummel begleitete Prozess dauerte fast neun Monate lang.
Kachelmann sprach vor Gericht kein Wort
Kachelmann hatte in seiner Vernehmung vor dem Haftrichter und öffentlich immer seine Unschuld beteuert, vor Gericht allerdings nicht ausgesagt. Seine Verteidiger hatten unter anderem auf Widersprüche in den Aussagen der Nebenklägerin hingewiesen, die zum Teil in ihren ersten Vernehmungen falsche Angaben gemacht hatte und diese später korrigierte. Auch die rechtsmedizinischen Gutachten ließen zum Teil den Schluss zu, dass sich die Frau ihre Verletzungen selbst zugefügt haben könnte.
Die Staatsanwaltschaft hatte hingegen bis zum Schluss eine Verurteilung Kachelmanns gefordert. Staatsanwalt Lars-Torben Oltrogge hatte in seinem Plädoyer eingeräumt, dass man alle Indizien auch anders werten könne. „Aber das ist das Wesen eines Indizienprozesses - dass es auf die Gesamtschau ankommt.“ Die Staatsanwaltschaft hatte angekündigt, sie wolle bei einem Freispruch höchstwahrscheinlich Berufung einlegen. Für die Entscheidung haben die Ankläger eine Woche Zeit.
Gericht betont Zweifel bei Freispruch
Das Gericht betonte in der Urteilsverkündung, es handle sich um einen Freispruch „in dubio pro reo“, also im Zweifel für den Angeklagten. Die Indizien gegen Kachelmann hätten sich im Lauf des Prozesses zwar abgeschwächt, jedoch nicht verflüchtigt. Eine strenge Rüge wegen mangelnden Respekts vor dem Gericht gab es zum Abschluss außerdem für Kachelmanns Anwalt Johann Schwenn, der in seinem forschen Auftreten und seiner Wortwahl laut Meinung vieler Prozessbeobachter oft über das Ziel hinausgeschossen war.
Schwenn konterte mit neuer Kritik am Gericht. Die Kammer hätte den Angeklagten „zu gerne verurteilt“ und in ihrer Urteilsbegründung nochmals „richtig nachgetreten“, um „den Angeklagten maximal zu beschädigen“. Schwenn sprach von einer „Erbärmlichkeit im Gerichtssaal“. Kachelmanns Pflichtverteidigerin Andrea Combe betonte, rechtlich gesehen gebe es keinen „Freispruch zweiter Klasse“. Es gelte lediglich der Grundsatz „in dubio pro reo“ - im Zweifel für den Angeklagten.
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