„Goldene Woche der Kunst“
Venedig steht bereit für eine „Goldene Woche der Kunst“. Mit diesen Worten kündigte die Zeitung „La Nuova“ jenen beispiellosen Ausstellungsmarathon an, der mit der 54. Kunstbiennale und auch rund um diese in der Lagunenstadt Venedig ab Anfang Juni seinen Anfang nimmt.
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Bereits das offizielle Programm der heuer mit „ILLUMInazioni“ betitelten Traditionsveranstaltung sprengt mit Blick auf die teilnehmenden Länder die bisherigen bekannten Grenzen. Im Fahrwasser der als Fixtermin für Kunstbegeisterte geltenden Biennale lassen aber nicht zuletzt die großen Museen der Stadt sowie die zentralen Kunststiftungen mit neuen Ausstellungen aufhorchen.

ORF.at/Peter Prantner
Charles Rays „Boy with frog“ vor der Punta della Dogana (2009)
Pinault zelebriert Fünfjahresjubiläum
Dazu zählt etwa die Großausstellung „Il mondo vi appartiene“ im Palazzo Grassi, den seit fünf Jahren der französische Milliardär und Kunstmäzen Francois Pinault sein Eigen nennt. Dort gibt die schon für etliche Pinault-Ausstellungen tätige Kuratorin Caroline Bourgeois einen weiteren umfangreichen Einblick in eine der weltgrößten Privatsammlungen moderner Kunst.
Pinault sorgte vor zwei Jahren mit der Eröffnung der zum Museum umgebauten Punta della Dogana für einen der Höhepunkte und mit der vor dem Gebäude der ehemaligen Zollbehörde platzierten Skulptur „Boy with frog“ von Charles Ray für einen zentralen Publikumsmagneten abseits der damaligen Biennale. Zusammen mit der Palazzo-Grassi-Ausstellung dürfte die Punta della Dogana mit der seit April laufenden Ausstellung „Elogio del dubbio“ nun neuerlich auf dem Terminplan vieler Biennale-Besucher zu finden sein.
Erster Aufreger von Jan Fabre
Auch wenn in den Ausmaßen weit bescheidener, sorgte im Vorfeld der 54. Biennale eine Skulpturenschau in den Hallen der Nuova Scuola di Santa Maria della Misericordia für weiteren Gesprächstoff. Im „Corriere della Sera“ wurde in der Neuinterpretation von Michelangelos Pieta, die ab 2. Juni zusammen mit vier weiteren Arbeiten des belgischen Kunst-Provokateurs Jan Fabre, zu sehen ist, etwa schon der „erste Skandal“ der diesjährigen Biennale geortet.
Als „Symbol des Todes“ ist das Gesicht der Gottesmutter als Totenkopf dargestellt. Sich selber verewigte Fabre in der wie das Original aus Carrara-Marmor hergestellten Skulptur zudem in der Christusfigur. Fabre wollte nach eigenen Worten allerdings nicht provozieren - Ziel sei es vielmehr gewesen, die Gefühle einer Mutter darzustellen, die sich in ihrer Trauer wünschte, mit ihrem toten Sohn Platz zu tauschen.

CLP
Jan Fabres Pieta in der Nuova Scuola di Santa Maria della Misericordia
Sonnabend, Kiefer, Kapoor
An der schier unüberschaubar anmutenden Ausstellungsoffensive beteiligt sich auch die Venedig-Dependance der Stiftung Guggenheim. In einer Sonderschau über das Schaffen von Ileana Sonnabend bietet die am Canal Grande gelegene Kulturinstitution ein „italienisches Porträt“ der legendären US-Galeristin.
Auch andere Stiftungen setzen im Rahmen der Biennale auf große Namen. Darunter die Fondazione Emilio e Annabianca Vedova mit der Anselm-Kiefer-Installation „Salt of the Earth“ im Magazzino del Sale. In der Basilica San Giorgio ist Anish Kapoors rauchende Installation „Ascension“ zu sehen (Fondazione Cini, Anm.). Mit einer umfangreichen Retrospektive widmet sich das Museo Correr den Arbeiten des US-Malers Julian Schnabel.
Auch „ILLUMInazioni“ bricht Rekorde
Ab 4. Juni öffnet die Biennale selbst die Pforten für das breits Publikum. Als Hauptschauplatz dienen neben den Giardini die Ausstellungsflächen im Arsenale. Erstmals in der über hundertjährigen Geschichte steht mit Gemälden von Jacopo Robusti alias Tintoretto (1518 - 1594) auch ein alter Meister im Hauptpavillon und somit im Zentrum der als Ausstellung für Gegenwartskunst gegründeten Biennale.
Dank der auf 89 Länder angewachsenen Teilnehmerzahl finden sich immer mehr „Länderpavillons“ in Museen, Palästen, Kirchen und Schulen über die ganze Stadt verteilt.

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Künstlerduo auf den Spuren von Werner Herzogs „Fitzcarraldo“
Erst am 23. Juni wird der offizielle Biennale-Beitrag der deutschen Künstler Thomas Huber und Wolfgang Aichner in den Kanälen von Venedig erwartet. Obwohl schon Ende Mai in München gestartet, gilt es für die beiden Aktionskünstler zuvor mitsamt 180 Kilo Gepäck - der Großteil davon in Form eines roten Bootes - über eine beschwerliche Alpenpassage den Weg in die Lagunenstadt zu finden.
Peter Prantner, ORF.at
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