Einzelhaft für IWF-Chef
Nachdem ein New Yorker Gericht entschieden hat, dass IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn in U-Haft bleibt, wurde dieser auf der New Yorker Gefängnisinsel Rikers Island untergebracht. Er habe zu seinem eigenen Schutz eine Einzelzelle bekommen, sagte ein Justizsprecher am Montagabend (Ortszeit).
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Strauss-Kahn wurde noch am Montagabend in den Gefängniskomplex auf der Insel im East River gebracht, die Platz für rund 17.000 Gefangene bietet. Die Zelle ist 3,5 mal 4,0 Meter groß und verfügt über eine Basisausstattung. Dazu gehören ein Bett, eine Trinktasse, Seife, Shampoo und Zahnpasta. Der IWF-Chef werde keinen Kontakt zu anderen Insassen haben, sagte der Sprecher der New Yorker Justizverwaltung. Das bedeute aber nicht, dass er immer in seiner Zelle bleiben müsse. Vielmehr werde er bei jedem Freigang von einem Gefängniswärter begleitet.

Reuters/Shannon Stapleton
Der Eingang zur New Yorker Gefängnisinsel Rikers Island
U-Haft wegen Fluchtgefahr
Der 62-jährige Franzose soll am Samstag versucht haben, in einem New Yorker Luxushotel ein Zimmermädchen zum Sex zu zwingen. Eine Haftrichterin lehnte es am Montag ab, den Banker gegen eine Kaution aus der Untersuchungshaft freizulassen, und begründete das mit Fluchtgefahr. Strauss-Kahns Anwälte hatten zuvor eine Kaution in Höhe von einer Million Dollar (rund 700.000 Euro) angeboten. Anwalt Benjamin Brafman betonte nach der Verhandlung erneut, Strauss-Kahn weise die Vorwürfe zurück und wolle seinen Namen und seinen Ruf wiederherstellen.
Die Richterin hatte im Gerichtssaal Fotografen und Kameraleute zugelassen - anders als am Sonntag trug Strauss-Kahn allerdings keine Handschellen. Er war am Sonntag in Handschellen aus einem New Yorker Polizeirevier abgeführt worden. Die Bilder waren um die Welt gegangen und hatten eine Schockwelle ausgelöst. Die nächste Verhandlung soll am Freitag stattfinden.

APA/EPA/Jason Szenes
Strauss-Kahns Anwalt Benjamin Brafman stellt sich der Presse.
Was passierte im Hotelzimmer?
Was am Samstag in dem New Yorker Hotelzimmer geschehen ist, gibt immer mehr Rätsel auf. Strauss-Kahn soll dort versucht haben, ein Zimmermädchen zu vergewaltigen. Sowohl zur Tatzeit als auch zu den Details gibt es unterschiedliche Angaben. Die New Yorker Staatsanwaltschaft und die Polizei schweigen. Am Montag gab es zudem Berichte, wonach Strauss-Kahn ein Alibi habe.
Französische Medien berichteten, dass der Franzose in New York war, um seine Tochter zum Essen zu treffen. Laut „Le Monde“ bezahlte Strauss-Kahn die Hotelrechnung um 12.28 Uhr und traf sich anschließend mit seiner Tochter. Die Polizei hatte zuvor nach CNN-Angaben erklärt, das Zimmermädchen habe die Suite Strauss-Kahns gegen 13.00 Uhr betreten. Anschließend habe der IWF-Chef sie attackiert. Die französische Zeitung „Liberation“ wiederum gab an, dass die Polizei von einer Tatzeit um 12.00 Uhr ausgehe.
Anwälte wollen Beweise vorlegen
Nach dem Essen soll Strauss-Kahn direkt zum Flughafen gefahren sein, berichtete „Le Monde“. Um 15.40 Uhr checkte er für den lange im Voraus gebuchten Flug nach Paris ein, der eine Stunde später starten sollte. Der französische Radiosender RMC berichtete, dass Strauss-Kahns Anwälte demnächst Beweise für das Essen mit seiner Tochter vorlegen wollen.
Zudem wollen sie argumentieren, dass die Hotelangestellte möglicherweise ein finanzielles Interesse gehabt habe, den IWF-Chef der versuchten Vergewaltigung zu beschuldigen. Von dem Zimmermädchen ist wenig bekannt. Es soll sich um eine 32-jährige, in Afrika geborene Frau handeln. Als sie nach der Identifizierung Strauss-Kahns die Polizeistation verließ, wurde ihr Kopf mit einer Decke verhüllt.
Schwere Vorwürfe
Die Staatsanwaltschaft beschuldigt den Franzosen der versuchten Vergewaltigung, Freiheitsberaubung und eines „kriminellen sexuellen Akts“. Damit sind im US-Strafrecht Oral- und Analverkehr gemeint. Der Antritt vor dem Haftrichter war erst der Beginn eines langwierigen Verfahrens, nach dem Strauss-Kahn eine Haftstrafe von 20 Jahren drohen könnte.
Bei einem schweren Verbrechen, wie es dem IWF-Chef vorgeworfen wird, muss zunächst eine Grand Jury nach Überprüfung des Beweismaterials und Anhörung von Zeugen mehrheitlich eine Anklage beschließen. Die bis zu 23 Geschworenen, entweder von den Behörden aus der Bevölkerung ausgewählt oder nach dem Zufallsprinzip bestimmt, werden voraussichtlich in den kommenden Tagen zusammentreten. Bei einer formalen Anklage ist ein Prozess wahrscheinlich, denn Strauss-Kahn will auf nicht schuldig plädieren.
DNA-Analyse soll Details liefern
Zudem stimmte Strauss-Kahn offenbar einer DNA-Analyse zu. „Er hat weiteren gerichtsmedizinischen Untersuchungen auf Bitten der Behörden freiwillig zugestimmt“, betonte sein Anwalt William Taylor laut einem Bericht der konservativen Tageszeitung „Le Figaro“ (Onlineausgabe) am Montag. Dabei soll unter anderem geklärt werden, ob Strauss-Kahn Kratzer oder DNA-Spuren des mutmaßlichen Opfers an sich trage, etwa unter den Fingernägeln.
Über Falle gestolpert?
Die Spekulationen über eine mögliche Falle für den früheren Hoffnungsträger von Frankreichs Sozialisten sprießen. „Man kann eine Falle nicht ausschließen“, sagte etwa Entwicklungsminister Henri de Raincourt. „Ich bin von einer internationalen Verschwörung überzeugt“, sagte die sozialistische Politikerin Michele Sabban. „Das ist eine neue Form eines politischen Attentats.“
Auch die ehemalige Ministerin Christine Boutin vermutet eine „Falle“, die Strauss-Kahn gestellt worden sei - „entweder vom IWF, von den französischen Rechten oder den französischen Linken“. Der Wirtschaftsexperte Jacques Attali, Berater des früheren sozialistischen Präsidenten Francois Mitterrand, spricht von „Manipulation“ - zumal sich der Vorfall in einem Hotel ereignet habe, das zu einer französischen Kette gehöre. Selbst einer von Strauss-Kahns Anwälten sprach von einer möglichen „Provokation“.
Komplotttheorien dieser Art werden zusätzlich durch Meldungen geschürt, wonach ein junger Anhänger der französischen Regierungspartei UMP die Nachricht als Erster über Twitter verbreitet habe. Er berief sich dabei auf Informationen „eines Kumpels in New York“. Die Affäre wurde zudem sehr früh von dem früheren Wahlkampfchef von Präsident Nicholas Sarkozy, Arnaud Dassier, aufgegriffen.
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