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Lage bis heute nicht unter Kontrolle

Auch mehr als zwei Monate nach dem Atomunfall im japanischen AKW Fukushima I bleibt die Lage ernst. In mehreren Reaktoren kam es zu einer Kernschmelze, ein weites Gebiet wurde zur Sperrzone erklärt. Zigtausende Menschen verloren ihr Zuhause. Dem AKW-Betreiber TEPCO ist es bisher nicht gelungen, die havarierten Reaktoren wieder unter Kontrolle zu bringen.

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Am 11. März erschütterte ein Erdbeben der Stärke 9,0 Japan. Eine gewaltige Flutwelle tötete schätzungsweise 25.000 Menschen. Zudem geriet das Atomkraftwerk Fukushima I an der Küste außer Kontrolle. Es gab Explosionen, Radioaktivität wurde freigesetzt. Die Kühlung der Reaktoren fiel aus. Eine teilweise Kernschmelze setzte ein. Die Regierung rief den atomaren Notfall aus.

Der Tsunami in Japan hat ein großes Boot auf ein Hausdach gespült.

APA/EPA/Asahi Shimbun

Ein Tsunami zog am 11. März eine Spur der Verwüstung.

Evakuierungszone mehrmals erweitert

Die Reaktorblöcke wurden notdürftig von Wasserwerfern aus mit Meerwasser gekühlt. Trotzdem stieg die Strahlung weiter an. Lebensmittel aus der Präfektur Fukushima durften nicht mehr verkauft werden. Die Evakuierungszone rund um das Kraftwerk wurde mehrmals erweitert - von drei auf zehn und schließlich auf 20 Kilometer. Rund 80.000 Menschen müssen in Notunterkünfte umsiedeln.

Auch nach einem Monat wurden in Fukushima weiterhin hohe Werte radioaktiver Strahlung gemessen. Die Kühlung der Reaktoren funktionierte weiter nur notdürftig mit Meerwasser. Verstrahltes Kühlwasser floss tonnenweise in den Pazifik. Internationale Experten gaben aber zunächst Entwarnung. Die radioaktiven Stoffe würden sich im Meer schnell verteilten, sagten sie.

Auf Tschernobyl-Wert hochgestuft

Mitte April stufte Japan die Reaktorkatastrophe von Stufe 5 auf Stufe 7 der internationalen Bewertungsskala für nukleare Ereignisse (Ines) hoch. Damit rangiert der GAU auf der gleichen Ebene wie der bisher schwerste Atomunfall in Tschernobyl vor 25 Jahren. Mitte April stellte sich Japan auf einen langen Kampf in Fukushima ein.

Zerstörter Reaktor 4 des Kernkraftwerks Fukushima

Reuters

Eine Explosion zerstörte den Reaktor 4 im Atomkraftwerk Fukushima I.

TEPCO geht heute davon aus, dass die Reaktoren erst in sechs bis neun Monaten wieder stabil sind. Drei Monate soll es allein dauern, die Kühlung wieder in Gang zu setzen. Die Regierung stellte diesen Zeitplan zuletzt aber infrage, nachdem TEPCO eine Kernschmelze infolge eines überraschenden Absinkens des Wasserstands in Reaktor 1 für möglich hielt. Immer häufiger gab es Meldungen, dass Arbeiter zu hohen Strahlendosen ausgesetzt sind.

Zuvor war die 20-Kilometer-Evakuierungszone rund um die Atomruine zum offiziellen Sperrgebiet erklärt worden. Das Betreten ist nur noch mit staatlicher Genehmigung erlaubt. Weitere 10.500 Menschen, die außerhalb der Sperrzone wohnen, müssen ihre Häuser bis Ende Mai räumen. Insgesamt leben 130.000 Menschen noch immer in Notunterkünften ohne Privatsphäre.

Regierung nimmt TEPCO unter Kontrolle

Als Folge von Fukushima zwang die japanische Regierung erstmals einen Atomkonzern, ein Kraftwerk abzuschalten. Das Atomkraftwerk Hamaoka liegt ebenfalls in einem kritischen Erdbebengebiet, rund 170 Kilometer südwestlich von Tokio. Die Abneigung der japanischen Bevölkerung gegen die Atomkraftwerke wuchs unterdessen, in Tokio gingen bereits Tausende auf die Straße. Japan will seine Energiepolitik angesichts der Atomkrise in Fukushima ändern. Der Plan, den Anteil der Atomenergie von bisher rund 30 Prozent auf 50 Prozent aufzustocken, wurde unlängst aufgegeben.

Zuletzt beschloss die Regierung, einen Spezialfonds einzurichten, mit dem die Opfer der Atomkatastrophe entschädigt und TEPCO vor dem finanziellen Ruin bewahrt werden sollen. Politiker hatten deren Volumen auf umgerechnet 43 Milliarden Euro beziffert. Die Regierung selbst machte keine Angaben zum Umfang des Fonds. Sie wird im Gegenzug zur finanziellen Unterstützung Kontrolle über das TEPCO-Management „für eine gewisse Zeit“ ausüben.

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