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Zu viel bleibt an Müttern hängen

Der Wunsch nach einer stabilen Partnerschaft und einer Familie mit Kindern ist bei Österreichs Jugend ungebrochen - allerdings klafft eine große Lücke zwischen Wunsch und Wirklichkeit. Die Realität sieht so aus, dass in Großstädten gut die Hälfte der Ehen zerbricht, falls überhaupt geheiratet wird. Auch die Geburtenzahlen sinken stetig.

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„Man lebt öfter mit verschiedenen Partnern zusammen und trennt sich wieder - alles ist nicht so definitiv“, so der Soziologe Max Haller von der Uni Graz im APA-Gespräch anlässlich des Tags der Familie am Sonntag.

Frauen ziehen Konsequenzen

Zumeist sind es die Frauen, die einen Schlussstrich ziehen. Einen Grund sieht der Wissenschaftler darin, dass es zunächst mit der Arbeitsverteilung im Haushalt ganz gut klappt, mit der Geburt der Kinder aber ein Großteil an den Müttern hängenbleibt. „Viele denken sich dann: lieber alleine mit den Kindern, als dem Mann auch noch die Schuhe zu putzen.“ Eine Entscheidung, die einige bereuen, wenn die Kinder aus dem Haus sind und sie mit 50 oder 60 Jahren doch wieder gerne einen Partner hätten.

Zehn Prozent Patchworkfamilien

Eine Scheidung sei zudem eine Belastung für alle Kinder, die ihre Eltern immer als Einheit sehen. Und das Leben aller Beteiligten würde in der Regel komplizierter. Dennoch sollte man nicht vergessen, dass die meisten Buben und Mädchen noch immer in intakten Familien groß werden. Patchworkfamilien, die 2010 lediglich 9,6 Prozent aller „Paarfamilien“ ausmachten, würden in den Medien eine überproportionale Aufmerksamkeit erfahren, glaubt Haller: „Das ‚Normale‘ ist eben meistens fade“, so der Soziologe im APA-Gespräch.

Späterer Auszug der Kinder

Normal ist mittlerweile auch, dass die Sprösslinge immer später ausziehen und auch selbst immer später Kinder in die Welt setzen. Gründe für diese Nesthocker-Mentalität gebe es viele: Die Eltern seien heutzutage finanziell besser gestellt und hätten viel mehr Wohnraum als früher. Studenten zögen übrigens früher aus als Lehrlinge, so Haller, was zum Teil ökonomische Gründe habe. Und natürlich sei es für viele eine Sache der Bequemlichkeit, sich nicht von Mutters Kochtöpfen und der Waschmaschine entfernen zu wollen.

Dass sich die Familie in einem starken Wandel befindet, ist für den Soziologen klar - unklar sei hingegen, was die Zukunft bringen wird: Haller glaubt jedenfalls, dass sich die Scheidungsrate abflachen und nicht bis ins Unendliche steigen werde. Zur Geburtenrate können man nur schwer etwas sagen - sie könnte zunehmen, wenn es mehr Arbeitsplätze gäbe. Laut einer Studie würde sie mit den Jobs für Jugendliche korrelieren.

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