„Verletzung des Kriegsvölkerrechts“
Die Menschenrechts- und Gefangenenhilfeorganisation Amnesty International sieht in der Tötung des Al-Kaida-Chefs Osama bin Laden eine klare Verletzung des Kriegsvölkerrechts. Auch der österreichische Altbundeskanzler Franz Vranitzky (SPÖ) und Caritas-Präsident Franz Küberl übten Kritik.
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„Er hätte einem fairen Gerichtsverfahren zugeführt werden müssen“, schreibt der stellvertretende Generalsekretär der deutschen Amnesty-Sektion, Wolfgang Grenz, in der „tageszeitung“ („taz“, Samstag-Ausgabe). Er wandte sich gegen die Rechtsauffassung der USA, sich in einem weltweiten bewaffneten Konflikt gegen Al-Kaida zu befinden: „Diese Auffassung sprengt den Rahmen des internationalen Kriegsvölkerrechts, das für territorial begrenzte Konflikte entworfen wurde.“
Demnach hätten die USA nicht das Recht gehabt, „den unbewaffneten Bin Laden auf der Stelle zu töten“. Der US-Botschafter in Deutschland, Philip Murphy, verteidigte dagegen das Vorgehen der US-Soldaten. Er warf in der „taz“ den Kritikern des Einsatzes einen „gravierenden Denkfehler“ vor: Die Standards der Rechtsstaatlichkeit und der Fürsorge würden erst gelten, wenn ein Feind sich im Gewahrsam der Streitkräfte befinde.
Vranitzky: Festnahme wäre besser gewesen
Auch Vranitzky warf den USA am Samstag einen Verstoß gegen das Völkerrecht vor. „Sie bringt die USA völkerrechtlich in ein schiefes Licht. Rechtsstaat und Menschenrecht können nicht relativ sein. Das sind absolut gültige Wertkategorien. Völkerrecht muss auch für die schlimmsten Feinde gelten. Wenn Entscheidungsträger Taten setzen, bei denen Menschenrechte infrage gestellt sind, dann müssen sie damit rechnen, dass ihnen der Verantwortungsspiegel vorgehalten wird“, wird der frühere Bundeskanzler in der Tageszeitung „Österreich“ (Sonntag-Ausgabe) zitiert.
Eine Festnahme Bin Ladens, so Vranitzky, wäre „überzeugender und besser gewesen. Nur - das hat nicht stattgefunden.“ Der Bluteinsatz der Amerikaner in Pakistan zeige erneut, „dass das Völkerrecht je nach Notwendigkeiten abgewandelt wird, und das darf nicht sein“, so Vranitzky weiter. Tatsache sei, dass „Entscheidungen, die große politische Führer treffen, im Grunde nirgendwo einklagbar sind. Das ist das Dilemma mit dem Völkerrecht.“
Küberl: „Kein Anlass zum Jubeln“
Caritas-Präsident Küberl kritisierte die Tötung Bin Ladens und die durch Politiker ausgedrückte Freude darüber ebenso. „Der Tod eines Menschen kann nie Anlass zum Jubeln sein“, stellte Küberl am Sonntag in der ORF-„Pressestunde“ fest. Die USA hätten mit der Aktion der Welt, der Gerechtigkeit und der Menschenwürde „keinen guten Dienst“ erwiesen. Ein Staat dürfe unter keinen Umständen töten, meinte der Caritas-Präsident.
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