USA rechtfertigen Aktion
Die Fotos des toten Terroristenchefs Osama bin Laden bleiben unter Verschluss. Das habe US-Präsident Barack Obama entschieden, unter anderem, um die nationale Sicherheit nicht zu gefährden, teilte Jay Carney, ein Sprecher des Weißen Hauses, am Mittwoch mit.
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Es gebe keinen Zweifel, dass Bin Laden tot ist, auch Mitglieder des Terrornetzes Al-Kaida bezweifelten das nicht. Ob die Fotos veröffentlicht würden oder nicht, mache keinen Unterschied, hieß es. Obama sagte in einem Interview des Senders CBS, das am Mittwoch ausgestrahlt werden sollte: „Es ist uns sehr wichtig, dass sehr eindringliche Fotos von jemandem, dem in den Kopf geschossen wurde (...), nicht als Propagandawerkzeug im Umlauf sind.“ Man werde die Aufnahmen nicht wie „Trophäen“ behandeln.
Schon vor DNA-Analyse von Identität überzeugt
Obama sagte, er habe die Fotos selber gesehen, wollte sich aber nicht über seine Reaktion äußern. Nachdem der Leichnam Bin Ladens ausgeflogen worden war, „hatten wir an diesem Punkt eine deutliche Bestätigung, dass er es ist“. Danach seien Fotos gemacht worden, und eine Gesichtsanalyse zeigte, dass es sich tatsächlich um Bin Laden handele. „Wir hatten zu diesem Zeitpunkt noch keinen Erbguttest gemacht, aber an diesem Punkt waren wir zu 95 Prozent sicher.“
Der Präsident sagte, er habe die Frage der Veröffentlichung mit Außenministerin Hillary Clinton und Verteidigungsminister Robert Gates besprochen. „Und sie stimmen alle zu“, sagte Obama. Andere US-Politiker sprachen sich für eine Freigabe der Bilder aus.
CIA-Chef sprach sich für Veröffentlichung aus
Zuletzt hatte auch CIA-Chef Leon Panetta angesichts der Spekulationen über den Tod von Bin Laden dafür plädiert, die Aufnahmen an die Medien zu geben. Carney hatte die Aufnahmen jedoch als „grauenvoll“ beschrieben. US-Sender zitierten ungenannte Quellen, nach denen auf den Aufnahmen eine klaffende Schusswunde am Kopf sowie Gehirnmasse zu sehen seien. Nach einer CNN-Umfrage sind trotzdem 56 Prozent der Amerikaner dafür, die Aufnahmen zu veröffentlichen. 39 Prozent lehnen das ab.

AP/Anjum Naveed
Auch am Mittwoch versammelten sich zahlreiche Schaulustige vor dem Gebäude, in dem Bin Laden getötet wurde.
Drei Fotoserien von US-Aktion
Laut der CNN-Korrespondentin Jessica Yellin gibt es drei verschiedene Fotoserien: jene, die in einem Hangar gemacht wurden, nachdem der Helikopter der Navy SEALs von der Kommandoaktion nach Afghanistan zurückgekehrt war; eine zweite Serie vom Begräbnis auf dem Flugzeugträger „USS Carl Vinson“; und drittens Bilder, die während des Angriffs gemacht wurden.
Von Letzteren stammen die bereits veröffentlichten Bilder vom Inneren des Anwesens nach der Kommandoaktion. Die Fotos, die im Hangar von Bin Laden gemacht wurden, seien jene, auf denen der getötete Terrorchef am besten zu erkennen ist - zugleich seien sie auch die grauenhaftesten, da der Kopf stark verstümmelt sei.
Erste Leichenbilder veröffentlicht
Während die Bilder des toten Bin Laden somit unter Verschluss gehalten werden, wurden am Donnerstag erste Bilder der anderen Getöteten des US-Einsatzes in Pakistan veröffentlicht. Die Nachrichtenagentur Reuters rechtfertigte die Entscheidung zur Veröffentlichung laut der Nachrichtenwebsite Huffington Post damit, dass es sich um ein Ereignis von weltweitem Interesse handle.
„Akt nationaler Selbstverteidigung“
Die Aktion selbst war aus Sicht der USA ein gerechtfertigter „Akt der nationalen Selbstverteidigung“. Der Chef der Al-Kaida sei ein legitimes militärisches Ziel gewesen und habe bei der Militäraktion keine Bereitschaft zur Aufgabe gezeigt, sagte US-Justizminister Eric Holder am Mittwoch vor dem Rechtsausschuss des Senats.
Nach Darstellung der USA war Bin Laden unbewaffnet, er habe aber Widerstand geleistet. Holder ergänzte, der Drahtzieher der Anschläge vom 11. September 2001 habe keinerlei Zeichen gegeben, dass er sich den US-Soldaten habe ergeben wollen. „Wenn er sich ergeben hätte oder das versucht hätte, wäre das augenscheinlich angenommen worden. Aber es gab keine Hinweise, dass er das wollte, und daher war seine Tötung angemessen“, beteuerte Holder.
„Feindlicher Feldkommandeur“
Holder sagte weiter, der Einsatz sei rechtmäßig gewesen, weil bin Laden „ein feindlicher Feldkommandeur“ gewesen sei. Die Aktion habe in Einklang mit den Gesetzen und den Werten der Vereinigten Staaten gestanden. „Er war der Kopf der Al-Kaida, einer Organisation, die die Anschläge vom 11. September verübt hatte. Er hat seine Beteiligung gestanden.“
Nach Darstellung der US-Regierung wurde bin Laden durch zwei Kopfschüsse getötet. Unmittelbar nach dem Kommandounternehmen sei die Leiche des Islamistenführers nach Afghanistan geflogen und später auf hoher See bestattet worden.
Kritik an Codename „Geronimo“
Scharfe Kritik an der Verwendung des Codenamens „Geronimo“ für die Aktion in Pakistan kam am Mittwoch vonseiten der indigenen Bevölkerung Amerikas. „Einen Indianer-Krieger mit Bin Laden in Verbindung zu bringen, ist keine treffende Wiedergabe der Geschichte und reduziert die Bedeutung der Ureinwohner in unserer Armee“, erklärte der Präsident des Nationalkongresses der Indianer (NCAI), Jefferson Keel.
Geronimo (1829-1909) war ein legendärer Führer der Apachen, der auf dem Gebiet des heutigen US-Bundesstaates New Mexico gegen die Besiedlung des Landes seines Volkes durch die Einwanderer kämpfte.
Der Apachen-Stamm von Fort Sill, wo Geronimo starb, schrieb in einem Protestbrief an Obama, er sei „verletzt“. Auf der Website nativetimes.com schrieb der Indianer und ehemalige US-Soldat Lloyd Goings, die Verwendung des Namens Geronimo für Bin Laden sei „das Rassistischste, was uns je passiert ist“.
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