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Ruf nach Reform wird laut

Nach den am Montag im Wiener Neustädter Tierschützerprozess ergangenen - nicht rechtskräftigen - Freisprüchen für die 13 Angeklagten wurden Rufe nach Änderung des umstrittenen „Mafia-Paragrafen“ 278a laut. So forderten die Grünen, die SPÖ, das BZÖ sowie Amnesty International und Greenpeace eine Reform des Paragrafen.

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Noch während die Urteilsbegründung in Gang war, meldeten sich die Grünen via Aussendung: „Eine traurige Polizei- und Justizposse hat ein Ende gefunden“, konstatierte Justizsprecher Albert Steinhauser. Alle Aspekte, vor allem der Vorwurf der mafiösen Vereinigung, seien wie ein Kartenhaus zusammengebrochen, erklärte Madeleine Petrovic, Klubobfrau der Grünen Niederösterreich, und verlangte Aufklärung, wer die Verantwortung für die „skandalösen Untersuchungsmethoden und politischen Weisungen“ trage.

Paragrafen „präzisieren“

Mit dem Freispruch für die 13 Angeklagten sei nun „eine Basis vorhanden, um den Paragrafen 278a StGB endlich zu präzisieren“, so SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim in einer Aussendung. Die Bestimmung sei zur Bekämpfung der Großkriminalität im Stil der Mafia geschaffen worden, im Gesetz würden beispielhaft die Bekämpfung von Menschenhandel, unerlaubter Verkehr von Kampfmitteln und radioaktiven Stoffen genannt, niemals aber das Eintreten für staatlich anerkannte Werte wie den Tierschutz, erläuterte Jarolim.

BZÖ fordert Justizreform

Das BZÖ forderte eine Justizreform mit der Wiedereinführung des Untersuchungsrichters als Leiter des Vorverfahrens und einer parlamentarischen Kontrolle der Staatsanwaltschaft als Schwerpunkte. Justizsprecher Ewald Stadler bezeichnete das Verfahren gegen die Tierschützer als „Ermittlungs- und Staatsanwaltschaftsskandal“. „Alle Ermittlungen wurden einfach in das Hauptverfahren verlegt, wo die Beschuldigten ihre Unschuld beweisen mussten“, kritisierte der stellvertretende BZÖ-Klubobmann in einer Aussendung.

Gefahr für engagierte Gruppen

Einen „Versuch, kritische Teile der Zivilgesellschaft zu diskreditieren“, sehen Amnesty International (AI) und Greenpeace in dem Verfahren gegen die Tierschützer. Der Paragraf 278a gefährde das Engagement aller Umwelt-, Tierschutz- und Menschenrechtsgruppen und müsse dringend reformiert werden, erklärten die beiden Organisationen in einer gemeinsamen Aussendung.

„Dieses Paragrafensystem in den Händen von Polizei und Staatsanwaltschaft ist eine erhebliche Gefahr für den Rechtsstaat“, so AI-Generalsekretär Heinz Patzelt. „Neben einer präzisen Abgrenzung zwischen organisierter Kriminalität und berechtigter Systemkritik muss zukünftig der Missbrauch von tief in die Privatsphäre eingreifenden Ermittlungsmethoden wie Lauschangriff und Bespitzelung verlässlich verhindert werden.“

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