Zehntausende dürfen nicht mehr zurück
Japan hat rund um das havarierte Atomkraftwerk Fukushima I eine offizielle Sperrzone eingerichtet. Ministerpräsident Naoto Kan erklärte am Donnerstag bei einem Besuch in der Provinz Fukushima die Region in einem Radius von 20 Kilometern um das AKW zum Sperrgebiet, das niemand ohne staatliche Genehmigung betreten dürfe. Das Gebiet rund um Fukushima I ist damit offiziell abgeriegelt.
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Das Gebiet galt zwar schon zuvor als Evakuierungszone, es gab jedoch kein Verbot, es zu betreten. Die Sperrzonenregelung tritt am Donnerstag um Mitternacht (Ortszeit) in Kraft. Rund 80.000 ehemalige Bewohner, die das Erdbeben und den Tsunami vom 11. März überlebt haben, sind davon betroffen.
Habseligkeiten werden geholt
Immer wieder waren Flüchtlinge trotz der akuten Gefahr durch radioaktive Strahlen auf eigene Faust in ihre Wohngebiete zurückgekehrt, um Habseligkeiten zu holen. Das wird jetzt nur noch mit ausdrücklicher Genehmigung unter Auflagen möglich sein. So ist es nur einer Person pro Haushalt erlaubt, das Gebiet für etwa zwei Stunden zu betreten. Die Menschen müssen dabei Schutzkleidung und ein Dosimeter tragen, erklärte Regierungssprecher Yukio Edano. Sie sollen in Gruppen mit Bussen ins Sperrgebiet gebracht werden.
Stabilisierung dauert Monate
Das gilt allerdings nicht für Menschen, deren Wohnungen in einem Umkreis von drei Kilometern um das havarierte Kraftwerk liegen. Sie dürfen dieses Gebiet überhaupt nicht mehr betreten. Die erste Phase der Rückkehraktion solle „in wenigen Tagen“ beginnen und etwa ein bis zwei Monate dauern, hieß es. Der Atombetreiber TEPCO hatte zuvor bekanntgeben, dass mit einer Stabilisierung der Lage im AKW frühestens in sechs bis neun Monaten zu rechnen sei. Noch immer wohnen 136.000 Menschen im Katastrophengebiet in Notunterkünften.
Noch mehr Menschen müssen Häuser räumen
Genau einen Monat nach dem verheerenden Erdbeben und dem Tsunami vom 11. März hatte die japanische Regierung die Evakuierungszone auf bestimmte Gemeinden außerhalb der 20-Kilometer-Zone ausgeweitet, aus Sorge vor sich langfristig ansammelnden radioaktiven Partikeln. Bewohner dieser Gemeinden sind nun aufgefordert, ihre Häuser in etwa einem Monat zu verlassen.
Wie die Regierung unterdessen weiter mitteilte, wird die Evakuierungszone um das benachbarte Atomkraftwerk Fukushima Daini, das etwa zehn Kilometer vom havarierten AKW Fukushima Daichi entfernt liegt, verkleinert. Die Möglichkeit eines „ernsten Unfalls“ sei gering geworden. Die Evakuierungszone werde daher von bisher zehn Kilometern um das AKW auf acht Kilometer reduziert. Alle Reaktoren gelten dort als sicher in der Langzeitabschaltung.
Greenpeace-Schiff auf dem Weg
Die „Rainbow Warrior“, das Flaggschiff der Umweltorganisation Greenpeace, machte sich unterdessen auf den Weg nach Japan, um rings um das Atomkraftwerk Fukushima I eigene Messungen der Qualität des Meerwassers vorzunehmen. Die „Rainbow Warrior“ habe Taiwan verlassen und werde in rund einer Woche an der Nordostküste Japans eintreffen, erklärte Greenpeace am Donnerstag.
Das Meer sei für Japan und die Ernährung der Bevölkerung äußerst wichtig, erklärte Junichi Sato, Leiter von Greenpeace Japan. Da hohe Mengen radioaktiv verseuchten Wassers in den Ozean gelaufen seien, seien „unabhängige Tests“ der Wasserqualität entscheidend.
Die japanische Regierung sei über die Mission der „Rainbow Warrior“ informiert, erklärte Greenpeace weiter. Ziel der Untersuchung sei es, Flora und Fauna in der Umgebung um das havarierte Kraftwerk zu untersuchen, um das „Ausmaß der Verstrahlung und mögliche Folgen für die Gesundheit und den Nahrungsmittelsektor“ zu prüfen.
Weiter Probleme mit verstrahltem Wasser
Unterdessen bremsen die riesigen Mengen radioaktiv verseuchten Wassers die Reparaturtrupps in der Atomruine. Sie sollen das Wasser aus dem Turbinengebäude des Reaktors 2 und angeschlossenen Tunnelschächten abpumpen. Das wird noch bis in den Mai hinein dauern. Allerdings steigt der Wasserstand in einem anderen Tunnelschacht bei Reaktor 3, wie die Atomaufsichtsbehörde mitteilte. Zwar hoffe man, das kontaminierte Wasser auch dort abzupumpen, doch eine dafür vorgesehene Auffanganlage, wo unter normalen Betriebsbedingungen Dampf aus dem Reaktor in Wasser umgewandelt wird, sei bereits voll.
Dennoch scheine kontaminiertes Wasser nachzulaufen. „Wir kennen die Ursache nicht“, räumte ein Sprecher der Atomaufsichtsbehörde ein. In einem mit dem Reaktor 3 verbundenen Tunnelschacht war der Wasserstand vom Vortag bis Mittwochfrüh (Ortszeit) um drei Zentimeter gestiegen, wie die Nachrichtenagentur Kyodo berichtete.
IAEA: Menge an Radioaktivität nimmt ab
Nach Einschätzung der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) wird das AKW kaum noch Radioaktivität freisetzen. Wenn alles nach Plan laufe, werde die Menge der Radioaktivität von Tag zu Tag abnehmen, sagte der IAEA-Sicherheitsexperte Denis Flory in Wien. „Die Gesamtmenge wird sich kaum vom heutigen Wert unterscheiden“, sagte er. In Fukushima sei kurz nach dem Erdbeben viel Radioaktivität freigesetzt worden. Nun werde die Strahlung noch auf niedrigem Level freigesetzt. Das werde aber auch zurückgehen, sagte Flory.
Die IAEA werde Japan mit internationalen Experten beim Erreichen der Ziele und einer Verbesserung der Situation unterstützen, sagte Flory.
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