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Verkehrsampeln noch in Betrieb

Nach der Beben- und Tsunami-Katastrophe vom 11. März wurde ein 20 Kilometer breites Gebiet rund um das havarierte AKW Fukushima I zum Sperrgebiet erklärt. Während im Unglückskraftwerk nach wie vor hektisch gegen den atomaren GAU gekämpft wird, scheint die Zeit in den Geisterstädten der Präfektur Fukushima, deren Betreten nun per Strafandrohung verboten wurde, stillzustehen.

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Davon zeugen jene wenigen Bilder, die bisher aus der Sperrzone an die Öffentlichkeit gelangten. Diese stammen unter anderem vom freischaffenden Fotografen Athit Perawongmetha, der sich eigenen Angaben zufolge mehrmals ohne Erlaubnis in die Evakuierungszone begab.

Streunende Hunde

AP/David Guttenfelder

Herumstreunende Hunde in einer Ortschaft im Fukushima-Sperrgebiet

Im Interview mit dem US-Sender CNN berichtete dieser von menschenleeren Straßen und Häusern sowie umherstreunenden Tieren, die in den Trümmern nach Essbarem suchen. Auch wenn er an seinem ersten Tag im Sperrgebiet keinem einzigen Menschen begegnet sei, habe vieles in den verlassenen Ortschaften weiter funktioniert.

Neben laufenden Klimaanlagen sind laut dem US-Magazin „Time“ etwa in der einst von 70.000 Menschen bewohnten Stadt Minamisoma Verkehrsampeln und Straßenbeleuchtung weiter in Betrieb. AP-Fotograf David Guttenfelder sprach von einer befremdlichen Atmosphäre - die einzigen Menschen, denen er in Minamisoma begegnet sei, seien Polizeibeamte in Schutzanzügen gewesen.

Gedeckte Tische in Tomioka

Ähnliches berichtete der britische „Telegraph“ von der evakuierten 16.000-Einwohner-Stadt Tomioka, auf deren Straßen lediglich die Kolonnen der Richtung AKW Fukushima I fahrenden Einsatzkräfte zu sehen waren, die in einem Fußball-Trainingscamp provisorisch untergebracht wurden.

Unterdessen finden sich etwa mit gedeckten Tischen in den Wohnungen der Stadt zahlreiche Zeugnisse, dass der Bevölkerung wenig Zeit zum Verlassen von Tomioka blieb.

Kalender mit dem Datum 11. März

AP/David Guttenfelder

Der Tag des Bebens auf einem Kalender in einer evakuierten Wohnung

Ungeachtet der Strahlengefahr wagten sich bisher immer wieder einige wenige der Evakuierten in das Sperrgebiet, um zumindest einige wenige Habseligkeiten in Sicherheit zu bringen. Darunter etwa der 34-jährige Toshimi Owada, der laut „Telegraph“ bereits dreimal auf der Suche nach Dokumenten seiner Familie und seinem Sparbuch in sein Haus zurückkehrte. Ungeachtet der Verbotsschilder am Eingang der Sperrzone besuchte auch Kazushiro Shirato - begleitet von einem Kamerateam von CNN seine einstige Heimatstadt Tomioka.

Regierung riegelt Sperrzone ab

Da trotz der Aufforderung, die betroffenen Gebiete zu verlassen, nicht nur ehemalige Bewohner immer wieder in die Zone zurückkehren, sondern offenbar auch Dutzende Haushalte weiter nicht geräumt wurden, beschloss Japans Regierung nun eine Abriegelung der Sperrzone.

Damit wird das Betreten des Gebiets im Umkreis von 20 Kilometern um das AKW streng untersagt, wie Ministerpräsident Naoto Kan am Donnerstag bei einem Besuch in der Region verkündete. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace schickte ihr Flaggschiff „Rainbow Warrior“ nach Japan, um die Verseuchung des Meerwassers zu prüfen.

Da laut Regierungssprecher Yudio Edano die Lage in Fukushima I weiter nicht stabil ist, wurden die Bewohner der Zone aufgefordert, die Gegend nicht mehr zu betreten: Es bestehe ein erhebliches Risiko für ihre Gesundheit. Zuwiderhandlungen können laut Erdano mit Haft- oder Geldstrafen in Höhe von umgerechnet knapp 850 Euro geahndet werden. In den kommenden Wochen soll ein Mitglied pro Familie allerdings die Erlaubnis bekommen, einmal für höchstens zwei Stunden zurückzukehren und persönliche Gegenstände zu holen.

Erste Entschädigungen angekündigt

Der für den Betrieb von Fukushima I verantwortliche Atomkonzern TEPCO kündigte unterdessen für die Betroffenen des Atomunfalls erste Entschädigungen an. Familien, die wegen der hohen Radioaktivität umgesiedelt wurden oder zum Verbleib in ihren Häusern gezwungen waren, sollen demnach eine Million Yen (8.300 Euro) erhalten.

Die Entschädigung soll noch diesen Monat gezahlt werden, eine endgültige Entschädigungssumme wurde noch nicht festgelegt. Japanischen Medien zufolge betreffen die Zahlungen etwa 50.000 Haushalte und kosten das Unternehmen rund 50 Milliarden Yen (417 Mio. Euro).

Die Entschädigungen gehen an die Bewohner im Umkreis von 20 Kilometern um das Atomkraftwerk, die nach dem Beginn des Atomunfalls zum Verlassen ihrer Häuser gezwungen waren. Zudem haben die Bewohner aus dem Gebiet zwischen 20 und 30 Kilometern um Fukushima Anspruch auf die Zahlung. In dieser Zone waren die Menschen zunächst aufgefordert, in ihren Häusern zu bleiben, bevor sie zum freiwilligen Verlassen der Region angehalten wurden. Schließlich werden auch jene entschädigt, die außerhalb der Sperrzone ihre Häuser verlassen mussten.

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