Die Blockade der alten Herren
Droht der Dachholding der Media-Markt- und Saturn-Filialen ein „Klagemarathon“, wie der „Spiegel“ jüngst vermutete? Zwischen den Gründern der Media Märkte und der Metro-Gruppe, die bei Media Markt-Saturn mehrheitlich das Sagen hat, tobt ein Kampf hinter den Kulissen. Die Gründergeneration fühlt sich in Entscheidungen nicht mehr eingebunden. Für Metro hat wiederum eine kleine Gruppe zu großen Einfluss im Konzern.
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„Die Metro will durchregieren - ohne uns noch zu fragen“: Über den „Spiegel“ hielt der Altgründer der Media-Markt-Filialen, Erich Kellerhals, Metro-Chef Eckhard Cordes im April schlechten Stil vor. Seit Monaten tobt hinter den Kulissen des Elektronikriesen ein Kampf um Einfluss und Gestaltung der künftigen Geschäftsstrategie.
Metro-Chef Cordes, einst bei Mercedes mächtiger Gestalter, will die Strategie der Elektronikketten, die den Anschluss an den Onlinehandel zu verschlafen drohen, neu ausrichten.

dapd/Mark Keppler
Metro-Chef Cordes, Reibebaum für die Gründer von Media Markt
Offener Streit über neuen Beirat
Der offene Machtkampf hatte sich an einem Beirat entzündet, den die Metro AG ins Leben rufen will. Kellerhals reichte Klage beim Landgericht Ingolstadt ein, dem Sitz der Media-Saturn-Holding. Er warf der Metro schon mehrfach vor, die Sperrminorität im Gesellschafterausschuss der Holding aushebeln zu wollen. Dort müssen alle Entscheidungen mit einer Mehrheit von 80 Prozent fallen. Die Media-Markt-Gründer Kellerhals und Leopold Stiefel halten zusammen knapp 25 Prozent an der Media-Saturn-Holding und können so faktisch Entscheidungen verhindern.
„Gegen einen Beirat haben wir nichts. Aber all unsere Gutachten kommen zu dem Ergebnis, dass auch dort wieder die gleichen Stimmrechte wie im Gesellschafterausschuss gelten würden“, sagte Kellerhals zuletzt dem „Spiegel“.
Metro-Chef Cordes gab sich in Hinblick auf den Streit gelassen. Ein Gutachten einer renommierten Kanzlei bestätige die Position der Metro AG. In Kreisen des Düsseldorfer Konzerns wird dem Vernehmen nach nicht davon ausgegangen, dass der deutsche Bundesgerichtshof sich eines solchen Streits über die Interpretation von Satzungsfragen annehmen würde. Cordes hat Medienberichten zufolge bei den Meinungsverschiedenheiten mit den Media-Markt-Gründern die Rückendeckung von Metro-Großaktionär Franz Haniel.
Metro: Rechte entsprechen nicht Mehrheiten
„Wir bedauern, dass abermals die Auseinandersetzung über Satzungsfragen über die Medien und nicht das dafür zuständige Schiedsgericht gesucht wird“, richtete ein Metro-Sprecher zuletzt der Öffentlichkeit aus. Man sei zuversichtlich, dass die laufende rechtliche Überprüfung zügig abgeschlossen und die Position der Metro bestätigt werde. Die Gestaltungsrechte der Metro AG bei Media-Saturn entsprächen nicht den tatsächlichen Mehrheitsverhältnissen.
Elektronikriese im Einzelhandel
Media Markt und Saturn waren mit einem Nettojahresumsatz von 20,8 Milliarden Euro und mehr als 70.000 Mitarbeitern 2010 Europas größte Elektrofachmärkte. Die Gruppe gehört mehrheitlich zur deutschen Metro AG. Allerdings halten die Media-Markt-Gründer Erich Kellerhals und Leopold Stiefel zusammen knapp 25 Prozent an der Media-Saturn-Holding. Auf Kellerhals und seine in Salzburg ansässige Convergenta Invest entfallen dabei 21,62 Prozent.
„Unser Lebenswerk ist bedroht“
Doch Kellerhals und sein ehemaliger Kompagnon Stiefel sehen sich aus dem Beirat gedrängt. „Unser Lebenswerk ist bedroht“, richtete Kellerhals via „Spiegel“ aus. Strategiefragen würde man nur noch auf der Gutachterebene erfahren, beklagte der einstige Firmengründer.
Doch die Gegenseite ist nicht untätig. Immer wieder tauchen Gutachten auf - oder Briefe, die das Ansehen von Kellerhals betreffen. Der „Süddeutschen Zeitung“ („SZ“) liegt nach eigenen Angaben ein Brief von Kellerhals an Metro-Chef Jürgen Kluge vor, in dem Kellerhals von einem Einfluss der „aggressiven Gewerkschaften“ wie verdi warne: Diese zerstörten das Betriebsklima, weswegen Cordes sich in dieser Sache besonders „einsetzen“ möge. Es sei kein Zufall, so die „SZ“, dass solche Briefe jetzt auftauchten.
Media-Saturn versucht Onlineoffensive
In der Zwischenzeit versucht die Metro-Saturn-Holding, die seit diesem Jahr unter neuer Führung steht, im Onlinegeschäft besser Fuß zu fassen als in der Vergangenheit. Ende März brachte man die lange Zeit auf Gerüchteebene schwelende Übernahme des Onlinehändlers redcoon unter Dacht und Fach. Die Übernahme sei vorbehaltlich der Genehmigung durch die Kartellbehörden erfolgt. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. Weiters hieß es, mit der Übernahme baue die Media-Saturn-Gruppe ihre Onlinestrategie aus, um ihre führende Position in Europa aus dem stationären Handel auf das stark wachsende Onlinesegment zu übertragen.
Redcoon vertreibt Produkte unter anderem aus den Bereichen Unterhaltungselektronik, Computer, Foto, Telekommunikation und Haushaltsgeräte. Das Unternehmen machte im Geschäftsjahr 2009/10 nach eigenen Angaben einen Umsatz von 354 Millionen Euro und hat 485 Mitarbeiter. Pikanterie am Rande: Redcoon war 2003 in Aschaffenburg vom ehemaligen Media-Markt-Manager Reiner Heckel gegründet worden.
Elektronikmärkte weiterhin Cashcows
Für den Metro-Konzern sind die Elektronikketten Media Markt und Saturn weiterhin der erfolgreichste Teilbereich. 2010 stieg der Umsatz in diesem Segment insgesamt um 5,6 Prozent auf 20,8 Milliarden Euro. Aber man befürchtet, dass die Kunden aufgrund zunehmender Popularität von Preisvergleichsplattformen die Produktinformationen vor Ort in den Märkten überprüfen, am Ende aber über Internetplattformen einkaufen.
Für die Positionierung von Saturn und Media Markt soll künftig neben den Neustrukturierungen an der Geschäftsspitze von Media-Saturn (Horst Norberg folgte mit Jahreswechsel auf den bisherigen Chef Roland Weise) zwei Markenverantwortliche die Profile der Ketten schärfen. Jeder Geschäftsführer der Submarken wird weiterhin für Sortiment, Preisgestaltung, Personal und Marketing selbst verantwortlich zeichnen. „Media Markt und Saturn werden unabhängig voneinander geführt und stehen im Wettbewerb zueinander“, hatte man erst wieder zum Jahreswechsel verkündet.
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