Erste Weisungen der Ministerin
Nur wenige Stunden vor der Verhaftung des Neonazis Gottfried Küssel hatte Justizministerin Claudia Bandion-Ortner klargemacht, dass ihr die Verfahren in Fällen von öffentlichem Interesse zu langsam vorankommen. Daher sprach sie Montagmittag gegenüber der Oberstaatsanwaltschaft Wien zwei Weisungen aus.
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Eine der zwei Weisungen betraf das NS-Wiederbetätigungsverfahren zur Neonazi-Homepage Alpen-donau.info, hinter der möglicherweise der Rechtsextremist Küssel steckt. In dem Verfahren muss vom zuständigen Staatsanwalt innerhalb von zwei Wochen ein Bericht erfolgen. In spätestens drei Monaten soll entschieden werden, ob Anklage erhoben wird.
Frist für BUWOG-Causa
Die zweite Weisung betrifft das BUWOG-Verfahren um Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser. Bandion-Ortner will eine Entscheidung bis zum Sommer. Damit soll im Juli feststehen, ob Anklage erhoben wird oder die Verfahren eingestellt werden. Der hauptzuständige Staatsanwalt für das Verfahren soll von allen anderen Tätigkeiten freigespielt werden und sich ausschließlich um die Causa BUWOG kümmern.
Für ihn gilt wie für die anderen Staatsanwälte in den Fällen von besonderem öffentlichen Interesse, dass künftig ein wöchentlicher Bericht über den Stand der Dinge an die Justizministerin persönlich übermittelt werden soll.
Weitere umstrittene Verfahren
Angesichts anhaltender Kritik an mehreren Verfahren war im Vorfeld der Ankündigung spekuliert worden, zu welchen Verfahren Bandion-Ortner Weisungen – die sie zuvor immer ausgeschlossen hatte – erteilen werde. So lehnte sie ein Eingreifen in den umstrittenen Tierschützerprozess in Niederösterreich ab. Auch über die Causa des Waffenlobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly und die Kärntner Hypo-Affäre war spekuliert worden.
Dagegen strebt die Ministerin an, die Überprüfung der durchaus umstrittenen Einstellung des Eurofighter-Verfahrens voranzutreiben. Sie habe mit dem zuständigen Rechtsschutzbeauftragten gesprochen, die gesetzlich vorgegebene Viermonatsfrist nicht vollständig auszuschöpfen. Bis Mai soll die Überprüfung der Verfahrenseinstellung abgeschlossen sein.
Bandion-Ortner begründete die eigenen Angaben zufolge ersten Weisungen ihrer Amtszeit mit dem Vertrauensverlust in die Justiz. Das Ansehen sei derart gesunken, dass sie zu einer Reaktion gezwungen worden sei.
Kritik an Korruptionsstaatsanwaltschaft
Direkte Kritik der Ministerin gab es nur am Leiter der Korruptionsstaatsanwaltschaft, Walter Geyer, der zuletzt wieder in Interviews die Personalknappheit seiner Behörde beklagt und mangelnden politischen Willen im Kampf gegen Korruption geortet hatte. Bandion-Ortner antwortete ihm am Montag mit dem Hinweis, dass sie von ihm Ergebnisse und nicht nur Interviews sehen wolle. Immerhin sei die Korruptionsstaatsanwaltschaft die einzige Behörde, die auch in Zeiten knapper Ressourcen um das Dreifache aufgestockt werde.
In Schutz nahm die Ministerin die Staatsanwälte, was die Probleme mit Rechtshilfeansuchen aus dem Ausland angeht. Das Tempo werde da von den ausländischen Behörden vorgegeben, was Bandion-Ortner nunmehr ändern will. Die Staatsanwälte sollen an Ort und Stelle versuchen, möglichst rasch die angeforderten Dokumente zu erhalten.
Weitere Gespräche folgen
Aus Zeitgründen verwies die Ministerin für Journalistenfragen auf ihren Pressesprecher. Dieser verwies darauf, dass die Ministerin nur in einer Pause der Diskussion mit der Wiener Oberstaatsanwaltschaft kurz vor die Presse getreten sei. Gespräche mit den übrigen Oberstaatsanwaltschaften würden in den nächsten Tagen folgen. Wer von Bandion-Ortner selbst Antworten holen wolle, habe wohl schon am Mittwoch dazu Gelegenheit, da sie dann voraussichtlich das Projekt Lobbyistenregister präsentieren werde, so ihr Sprecher.
Warum die Ministerin bisher die Staatsanwälte immer verteidigt habe, beantwortete ihr Sprecher damit, dass Bandion-Ortner eben Vertrauen in die Behörden gehabt und in die einzelnen Fälle auch nicht Einblick genommen habe. Die formalen Weisungen habe die zuständige Sektion erteilt. Dass es der Ressortchefin bei den Ermittlungen offenbar nicht rasch genug gehe, bejahte der Sprecher.
Und er betonte auch, dass es durchaus sein könne, dass Bandion-Ortner künftig die Entscheidungen der Staatsanwälte inhaltlich korrigieren werde, wenn es ihr angemessen erscheint. Jedenfalls bleibt die Ministerin dabei, dass ab 1. September Verfahrenseinstellungen öffentlich via Internet begründet werden.
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