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„Mein Gewissen ist völlig rein“

50 Jahre nach Beginn des Prozesses gegen den NS-Verbrecher Adolf Eichmann hat Israel zahlreiche geheime Dokumente zu seiner Entführung und dem Strafverfahren veröffentlicht. Das Israelische Staatsarchiv stellte am Montag vor einer Woche unter der Überschrift „Ein Blick hinter die Kulissen der Festnahme und des Prozesses gegen Adolf Eichmann“ Dutzende Dokumente ins Netz.

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Darunter sind auch Protokolle von Gesprächen Eichmanns mit seinem deutschen Anwalt Robert Servatius, allerdings in hebräischer Sprache. Das Staatsarchiv veröffentlichte zudem Auszüge Eichmanns handschriftlicher Memoiren sowie einen autobiografischen Bericht mit dem Titel „Götzen“.

Israelische Agenten hatten Eichmann, den ehemaligen Leiter des Judenreferats im Reichssicherheitshauptamt, am 11. Mai 1960 in Buenos Aires in ihre Gewalt gebracht. Eichmann war im Zweiten Weltkrieg für die Deportation von Millionen von Juden in die deutschen Vernichtungslager verantwortlich. Am 11. April 1961 begann in Jerusalem der spektakuläre Strafprozess gegen ihn. Am 31. Mai 1962 wurde er gehängt. Es war das einzige Mal in der israelischen Geschichte, dass die Todesstrafe vollstreckt wurde.

„Korrekte“ Behandlung in Haft

Während eines Gesprächs mit seinem Anwalt sagte Eichmann am 20. Dezember 1960, das Essen in der Haft sei gut und sein Gesundheitszustand außer einigen „Herzattacken“ befriedigend. Er habe nicht unter Folter zu leiden, und man behandle ihn „korrekt“, hieß es in dem Gesprächsprotokoll.

Servatius fragte Eichmann während eines Gesprächs, ob er während der Herrschaft des Nationalsozialismus Gaskammern gesehen habe. Eichmann antwortete, er habe „einmal eine kleine Gaskammer besucht, aber keine großen Räume, die zur Vernichtung dienten“. Er habe „einen Haufen von Leichen gesehen, die offenbar vergiftet wurden“.

Keine Reue

Auf die Frage, ob er seine Taten bereue, sagte Eichmann: „Mein Gewissen ist völlig rein.“ Er habe niemanden getötet und nur Anweisungen von oben befolgt. Nach dem Zusammenbruch der NS-Herrschaft sehe er die Vergangenheit jedoch „mit völlig anderen Augen“. Zu seinen Ansichten über Adolf Hitler befragt, sagte Eichmann, er habe Respekt vor ihm gehabt. Hitler sei allerdings nur eine „Marionettenpuppe“ internationaler Finanzkreise gewesen, meinte er.

In einem anderen Gespräch mit Servatius am 22. Dezember 1960 beschrieb Eichmann Hitler als „impulsiv“. Er sei ein guter Agitator, aber kein Staatsmann gewesen. „Er hat sich bei Wutausbrüchen kaum selbst gezügelt“, sagte Eichmann laut Protokoll. Hitler sei nicht von Beratern, sondern von Befehlsempfängern umgeben gewesen, die es nicht gewagt hätten, seinen Ideen zu widersprechen.

Von Entführung „beeindruckt“

Zu den Umständen seiner Entführung in Argentinien sagte Eichmann laut Protokoll, er sei von dem israelischen Einsatz „beeindruckt“ gewesen. Er sei sehr „sportlich“ verlaufen und ausgezeichnet geplant gewesen. Die Agenten hätten „besonders darauf geachtet, meinen Körper nicht zu verletzen“, sagte Eichmann seinem Anwalt. Israel hatte damals die Anwaltskosten für den NS-Verbrecher übernommen.

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