Historikerin: „Wollte sich klein machen“
Die deutsche Historikerin Bettina Stangneth hält es für überfällig, das Bild des NS-Verbrechers Adolf Eichmann als Schreibtischtäter und Rädchen im Getriebe der Judenverfolgung zu korrigieren.
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„Dieses Bild hat Eichmann selbst geprägt, als er vor Gericht saß“, sagte die Autorin des Buches „Eichmann vor Jerusalem. Das unbehelligte Leben eines Massenmörders“ am Samstag im Deutschlandradio Kultur. „Das kann man auch gut verstehen - er wollte sich natürlich unsichtbar und klein machen. (...) Das stimmt aber nicht.“
Nach Stangneths Einschätzung war Eichmann „ein Praktiker, er ist unterwegs, er interessiert sich für das, woran er, wie er es nennt, arbeitet - also das Morden -, und er möchte diesen Prozess perfektionieren.“ Weiters sagte sie: „Das Bild von einem Bösen, das nicht aus einem Menschen selber kommt, sondern aus dem System, nämlich der Bürokratie, ist etwas, das sehr verführerisch ist - weil wir dann nämlich alle Opfer sind und keine Täter mehr übrig bleiben.“
Berliner Ausstellung dokumentiert Prozess
Fünfzig Jahre nach dem Prozess widmet sich auch eine Ausstellung in Berlin dem Thema. Auf rund 200 Quadratmetern dokumentiert die Ausstellung bis 18. September mit Texten, Tonaufnahmen und Filmausschnitten Eichmanns Auftritt und seine Verteidigungsstrategie als „kleines Rädchen“ im NS-System.
Strafrechtliche Verfolgung soll fortgesetzt werden
Der Direktor des Jerusalemer Wiesental-Zentrums, Efraim Zuroff, pochte anlässlich des Jahrestages darauf, dass die strafrechtliche Verfolgung von NS-Kriegsverbrechern auch 66 Jahre nach Kriegsende mit aller Kraft weitergeführt werde. „Jedes Opfer der Nazis verdient es, dass alle Anstrengungen unternommen werden, dass jene gefunden werden, die es zum Opfer gemacht haben“, sagte Zuroff.
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