Ägyptisches Museum muss schließen
Trotz des gewaltsamen Vorgehens von ägyptischen Sicherheitskräften gegen Demonstranten haben am Sonntag weiter Hunderte Menschen auf dem Tahrir-Platz in Kairo ausgeharrt. Sie hatten sich laut dem Bericht eines AFP-Reporters in der Nacht hinter Stacheldraht und einem ausgebrannten Armeelastwagen verbarrikadiert.
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Am Sonntag skandierten sie erneut Sprechchöre gegen den Vorsitzenden des regierenden Militärrats, Hussein Tantawi. Die Demonstranten kündigten an, so lange auf dem Platz zu bleiben, bis Tantawi zurückgetreten sei. Der Rat solle die Regierungsgewalt an ein ziviles Gremium übergeben und Mubarak vor Gericht stellen, forderten die Demonstranten.
Der von Tantawi geführte Militärrat hatte nach dem Sturz von Präsident Hosni Mubarak am 11. Februar die Macht in Ägypten übernommen. Die Demonstranten werfen der Militärführung vor, „Teil des korrupten Regimes“ gewesen zu sein und von Mubarak profitiert zu haben.
Bis zu zwei Todesopfer am Samstag
Der Militärrat hatte den Demonstranten mit einem harten Vorgehen gedroht. Der Rat kündigte am Samstag an, den zentralen Tahrir-Platz entschlossen und notfalls mit Gewalt zu räumen. Für die jüngsten Unruhen auf dem Platz machte ein ranghoher Offizier Anhänger von Mubarak verantwortlich. In einem Zugeständnis an die Forderungen der Demonstranten kündigte der Rat dem staatlichen Fernsehen zufolge jedoch gleichzeitig an, einige von Mubarak ernannte Provinzgouverneure auszutauschen.
In der Nacht zum Samstag hatten Militärpolizisten versucht, den Platz von Demonstranten zu räumen. Beim gewaltsamen Vorgehen der Sicherheitskräfte wurden offiziellen Angaben zufolge ein Mensch getötet und mehr als 70 verletzt. Ärzte sprachen von zwei Todesopfern.
Angst vor vergeblicher Revolution
Die Demonstranten kämpfen für die Revolution, die ihrer Ansicht nach noch nicht abgeschlossen ist. „Die Revolution ist unvollendet“, sagte auch der ehemalige Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Mohamed ElBaradei, in einem „Presse“-Interview. Denn selbst wenn manche aus der zweiten Reihe des Mubarak-Regimes inhaftiert wurden, die erste Reihe sei ungeschoren geblieben.

APA/EPA/Khaled el Fiqi
ElBaradei: „Die Revolution ist unvollendet.“
Es habe einen „strukturellen Wandel“ gegeben, analysierte das Middle East Research and Information Project (MERIP), aber „ohne einen Regimewandel an sich zu produzieren“.
Parteien brauchen 5.000 Mitglieder
„Die Menschen haben Angst, dass der postrevolutionäre Moment enden wird, ohne dass sie ihre Rechte bekommen hätten“, sagte der Aktivist Ehab al-Charat gegenüber der „New York Times“ („NYT“). Er ist gerade dabei, die Grundsteine für eine ägyptische sozialdemokratische Partei zu legen. Der Weg zur Demokratie sei schwierig. Denn das bedeute nicht nur, wählen zu gehen, sondern auch, eigene Organisationen und Institutionen zu gründen.
Einfach wird das den Bürgern nicht gemacht. In einem Parteiengesetz gestand der regierende Militärrat die freie Gründung von politischen Parteien zu. Voraussetzung dafür sei aber, dass mindestens 5.000 Mitglieder vorgewiesen werden, kritisierten Bürgerrechtler.
Ägyptisches Museum in Gefahr?
Aufgrund der neuen Unruhen wurde am Samstag das Ägyptische Museum in Kairo auf unbestimmte Zeit geschlossen. Das Haus mit seiner einzigartigen Sammlung altägyptischer Mumien und Kunstwerke liegt am Tahrir-Platz. Die Schließung stelle eine „Vorsichtsmaßnahme“ dar, erklärte Altertümerminister Zahi Hawass in einer Stellungnahme. Das Museum wurde bei den Ausschreitungen nicht in Mitleidenschaft gezogen, obwohl gegen das dort postierte Militär Steine flogen.
Während der Unruhen im Jänner und Februar, die zum Rücktritt von Mubarak geführt hatten, war ins Ägyptische Museum eingebrochen worden. 54 antike Kunstwerke waren gestohlen worden, darunter zwei vergoldete hölzerne Statuen des Pharaos Tutanchamun.
Seit dem Umsturz unterhält das Militär eigene Räumlichkeiten im Museum. Anfang März waren dort mehrere Demonstranten von Militärpolizisten gefoltert worden. Eine derartige Nutzung des Museums könnte nach Ansicht von Beobachtern gegen internationale Vereinbarungen zum Schutz von Kulturgütern verstoßen.
Mubarak bestreitet Besitz im Ausland
Erstmals seit seinem Sturz vor zwei Monaten hat sich Mubarak am Sonntag zu Wort gemeldet. Er und seine Familie seien Opfer „ungerechter Kampagnen und falscher Behauptungen, die mein Ansehen zu beschädigen und meine Integrität anzugreifen suchen“, sagte er in einer Audiobotschaft im arabischen Fernsehsender al-Arabija. Er habe „sehr gelitten“ unter der Kampagne.
Zudem bestritt Mubarak, Bankkonten, Immobilien und anderes Vermögen im Ausland zu besitzen. Mit entsprechenden Ermittlungen der ägyptischen Oberstaatsanwaltschaft werde er zusammenarbeiten, sagte er. Die Demokratiebewegung wirft dem Ex-Präsidenten und seiner Familie vor, während seiner fast 30-jährigen Herrschaft Milliarden-Euro-Summen veruntreut und im Ausland angelegt zu haben.
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