Lobbying: Vorwürfe auch gegen SPÖ-Mandatar Jarolim
Nun gerät auch ein SPÖ-Politiker in die aktuelle Lobbying-Diskussion. Justizsprecher Hannes Jarolim wird vorgeworfen, dass ein „Institut“ in einem Schreiben an das auf Sicherheitsdruck spezialisierte deutsche Unternehmen Giesecke & Devrient die rechtsfreundlichen Dienste des Abgeordneten und Anwalts für den „lukrativen Markt“ angeboten habe. Das berichteten „Standard“ und „Presse“ (Donnerstag-Ausgabe).
Das Pikante daran: Jarolim kämpft seit Jahren gegen die privilegierte Stellung des österreichischen Konkurrenten, die privatisierte Staatsdruckerei. „Jarolim agitiert gegen uns“, hieß es aus der Staatsdruckerei zum „Standard“.
Man bezieht sich dabei auf zwei parlamentarische Anfragen, in denen der SPÖ-Politiker seinen Unmut darüber erkennen lässt, dass die Staatsdruckerei bei sicherheitsrelevanten Aufträgen wie der Reisepassherstellung als Monopolist auftreten kann. Die EU-Kommission hat bereits im Jahr 2009 ein Verfahren gegen Österreich in dieser Causa eingeleitet, ein Urteil gibt es noch nicht.
Jarolim: Kein Auftrag
Dass er im Auftrag von Giesecke & Devrient agiert habe, bestreitet Jarolim. In der „Presse“ meinte der Abgeordnete, er sei durch das „Institut für tayloristische Studien“ auf die Sache aufmerksam gemacht worden und für dieses tätig geworden. Nachdem das Institut die Angelegenheit vor die EU-Kommission gebracht und damit das Verfahren ausgelöst habe, habe man nach Verbündeten gesucht - also möglichen Konkurrenten der Staatsdruckerei, die das Verfahren unterstützen könnten.
Pirkers Firmenschild bei Karas-Wohnung
Die Lobbying-Affäre lässt auch die ÖVP weiter nicht zur Ruhe kommen: Die „Kronen Zeitung“ (Donnerstag-Ausgabe) veröffentlichte ein Foto der Eingangstür der privaten Brüsseler Wohnadresse des neuen ÖVP-Delegationsleiters im EU-Parlament, Othmar Karas. Darauf ist neben dessen Namensschild auch ein Firmenschild der - mittlerweile stillgelegten - Lobbyingfirma EU-Triconsult des alten und neuen ÖVP-EU-Abgeordneten Hubert Pirker zu sehen.
Das Firmenschild sei noch bis vor wenigen Tagen an der Tür der Privatadresse von Karas angebracht gewesen, schrieb die „Krone“ und zitierte einen Sprecher der Europäischen Volkspartei, Daniel Köster, dazu mit den Worten: „Damit das Mobilfunkunternehmen weiß, an welche Adresse die Handyrechnungen für Herrn Pirker zu übermitteln sind.“ Pirker selbst hatte immer wieder betont, im Rahmen seiner Firma keinerlei Tätigkeit in Belgien ausgeübt zu haben: „Es gibt keine einzige Rechnung, die in Belgien getätigt worden wäre.“ Karas wiederum beharrt darauf, keinerlei Beziehung zu Pirkers Firma gehabt zu haben.
Fiedler für Reform des Strafrechts
Im internationalen Korruptionsvergleich liegt Österreich derzeit auf Platz 15. Die Anti-Korruptionsorganisation Transparency International fordert jetzt die Politik auf zu handeln. Konkret verlangt das Transparency-Mitglied und Ex-Rechnungshof-Präsident Franz Fiedler eine Novelle des Strafrechts und größtmögliche Transparenz, wenn es um Politik und Lobbyismus geht.
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