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Produktion in Afrika immer schwieriger

In den vergangenen Jahren hat sich der Preis für Kakaobohnen mehr als verdoppelt und mit über 2.500 Euro pro Tonne ein Spitzenniveau erreicht. Die Kämpfe an der Elfenbeinküste treiben den Preis noch weiter in die Höhe. Doch auch abgesehen von Investoren, die verstärkt auf Rohstoffmärkte drängen, ist die Zukunft von Kakao und damit Schokolade ungewiss: Der Anbau in Afrika rechnet sich kaum noch.

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Schokoriegel, die gerade einen Euro kosten, würden schon bald der Vergangenheit angehören, sagte der Londoner Chocolatier Marc Demarquette der britischen Zeitung „Independent“. In der Zukunft sieht er den Preis bei acht Euro – es sei denn, man verwendet Johannisbrot statt Kakao als Grundstoff.

Für Durchschnittbürger zu teuer?

John Mason, Chef der Umweltforschungsstelle Nature Conservation Research Council in Ghana, sagte gegenüber der Zeitung, dass die Verringerung des Anbaus in Afrika verheerende Folgen haben wird: „In 20 Jahren wird Schokolade wie Kaviar sein. Sie wird so selten und teuer werden, dass sie sich der Durchschnittsbürger nicht leisten wird können.“

Die Nachfrage – etwa durch Millionen neuer Kunden in den Schwellenländern - steigt derzeit viel stärker als die Produktion. Diese auf Dauer auf hohem Niveau zu halten sei sehr schwierig, so Thomas Dietsch von der Umweltorganisation Earthwatch. Prinzipiell würden sich die Probleme beim Anbau lösen lassen. Nur: Bei der Nutzung von Agrarflächen steht Kakao in Konkurrenz zu anderen Kulturen wie Palmöl. Und die Nachfrage dafür steige wegen Biotreibstoffen enorm. Ohne Maßnahmen für die Bauern werde Kakao schlicht verdrängt werden.

Keine finanziellen Anreize

Die Ursache ist simpel: Die Kakaofarmer verdienen zu wenig. Und Kakaobäume sind anfällig für Schädlingsbefall und Pflanzenkrankheiten. Wenn sie absterben, müssen die Bauern in anderen Gebieten neue pflanzen. Zwischen drei und fünf Jahre dauert es bis zur ersten Ernte. Und finanzielle Anreize dafür gibt es nicht. Trotz der massiven Preissteigerung auf den internationalen Märkten erhielten die Kleinbauern, die 95 Prozent aller Produzenten ausmachen, nicht mehr Geld, so Tony Lass, Chef der Cocoa Research Association. 80 Cent beträgt in etwa ihr Tageslohn.

Da sei es nicht verwunderlich, dass die Kinder der Kakaobauern eher in die Städte abwandern, als die Arbeit der Eltern weiterzuführen. Bei einer Lebenserwartung von nur 56 Jahren wird dieses Generationenproblem noch drängender.

Neue Anbaugebiete als Hoffnung?

Von einem Schokoriegel um rund einen Euro erhält ein Bauer nur zwei Cent. Selbst wenn man das auf vier Cernt verdoppeln würde, wäre das kein Anreiz für die nächste Generation, die auch noch berechtigterweise ordentliche Arbeitsbedingungen verlange, so Demarquette.

Zudem seien in der Elfenbeinküste, dem weltgrößten Herstellerland, wie auch in Ghana die Böden von der Monokultur verödet. Hinzu kommen die politischen Wirren nach der Präsidentenwahl vom November letzten Jahres, die das Land an den Rand des Bürgerkrieges gebracht haben. Eine Zukunftshoffnung ist, dass Kakao mittlerweile auch in Südamerika, der Karibik und in Asien kultiviert wird. Ob der Anbau dort der wachsenden Schokoladenachfrage etwa in Indien und China nachkommen kann, sei aber sehr fraglich.

Premiumsegment bei Schokolade

Experten rechnen laut „Independent“ damit, dass sich eine Art Premiumsegment bei Schokolade durchsetzen wird. Andererseits werde es Süßigkeiten voll mit Zucker und Palmöl geben, die man dann aber nicht Schokolade nennen dürfte, so Demarquette. Für gute Schokolade wird man also viel tiefer in die Tasche greifen müssen, dafür sollen auch die Bedingungen für die Kakaobauern besser werden. Man setze auf Fair-Trade-Modelle, zitiert die Zeitung einen Sprecher des heuer von Kraft Foods übernommenen britischen Süßwarenherstellers Cadbury.

In Ghana, dem weltweit zweitgrößten Herstellerland, sei es auch gelungen, mit Kooperativen und Zusammenschlüssen bessere Bedingungen und höhere Löhne für die Bauern zu schaffen, heißt es von Divine Chocolate, einem der Herstellerverbände, die auf Fair Trade setzen.

Schlechte Aussichten in der Elfenbeinküste

In der Elfenbeinküste sieht die Situation allerdings anders aus. „Fair Trade gibt es hier praktisch nicht“, so der Journalist Ange Aboa. Immer wieder würden Krankheiten für Ernteausfälle sorgen, mehr und mehr Bauern würden von Kakao zur sichereren Gummiproduktion wechseln. Die größte Hoffnung derzeit sei das Projekt des Lebensmittelmultis Nestle, im nächsten Jahrzehnt zehn Millionen neue Kakaobäume zu pflanzen. Trotzdem sei das nur ein Viertel der zuletzt verlorenen Bäume - und das Projekt würde nur den Partnern Nestles zugutekommen.

Entschlüsseltes Genom als Rettung?

Wesentlich optimistischer ist Howard Yana-Shapiro, ein Forscher für Mars. Binnen nur drei Jahren wurde in einer Zusammenarbeit von Mars, IBM, dem US-Landwirtschaftsministerium und mehreren Universitäten des Genom des Kakaobaumes entschlüsselt. Statt es zu patentieren, wurde es der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt. Das Projekt wurde angesichts der Schwierigkeiten in der Elfenbeinküste gestartet.

Yana-Shapiro erhofft sich durch eine dezentrale Forschung und Weiterentwicklung langfristig mehr Erträge pro Baum und Farmfläche, genauso wie bessere Qualität und Krankheitsresistenz der Pflanzen. Auch wenn die Arbeit erst in einigen Jahrzehnten Früchte tragen wird, die Weichen für die Zukunft der Schokolade sieht der Forscher nun gestellt.

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