Promizeugen sollen Berlusconi entlasten
Der italienische Regierungschef Silvio Berlusconi muss sich ab Mittwoch wegen Sex mit einer minderjährigen Prostituierten und Amtsmissbrauchs in einem Schnellverfahren vor einem Mailänder Gericht verantworten. Er soll 2010 die damals minderjährige Ruby bei Partys in seiner Mailänder Villa für Sex bezahlt haben. Die Verteidigung stellte eine Liste mit 78 Zeugen zusammen, die das widerlegen sollen.
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Eine Verurteilung als Sexualstraftäter, der seine Affäre mit der 17-jährigen Prostituierten Ruby, mit bürgerlichem Namen Karima el Mahrough durch Beziehungen zu Polizei und Justiz vertuscht hat, würde Berlusconi wahrscheinlich politisch nicht überleben. Dem Milliardär und Medienzaren, der seit 17 Jahren Italiens politische Szene beherrscht, droht eine Höchststrafe von 15 Jahren.
Frauen mit Geschenken überhäuft
33 Frauen soll Berlusconi für ausschweifende Partys in seiner Luxusresidenz in Arcore bei Mailand bezahlt haben. Für ihre nächtlichen Besuche soll sie der Premier mit Geld und Geschenken überhäuft haben, geht aus den Dossiers der Mailänder Ermittler hervor.
Zum Verhängnis wurde Berlusconi seine Beziehung zur marokkanischen Prostituierten Ruby Rubacuori. Laut den Vorwürfen der Ermittler soll sie mehr als 14-mal zwischen Februar und Mai 2010 beim Premier übernachtet haben. Damals soll sie erst 17 Jahre alt gewesen sein. Laut den Ermittlungsergebnissen soll der Regierungschef dem Mädchen am Anfang ihrer gemeinsamen Beziehung 50.000 Euro ausgehändigt haben - als Dank für intime Treffen.

AP/Fabrice Thuile, Lapresse
Ruby wird zum Prozessauftakt voraussichtlich nicht erscheinen.
„33 Frauen wären selbst für 30-Jährigen zu viel“
Berlusconi findet die Vorwürfe absurd und spricht von Abendessen mit anschließender Musik. „Auch wenn ich ein Schlingel bin“, sagte er Mitte März, „33 Frauen wären selbst für einen 30-Jährigen zu viel.“ Er bestreitet, Sex mit Ruby gehabt zu haben, und weist auch Vorwürfe zurück, sein Amt missbraucht zu haben, um im Mai 2010 Rubys Freilassung zu erwirken.
In abgehörten Telefonaten ist auch die Rede davon, dass Berlusconi von Rubys Minderjährigkeit wusste. Seine Anwälte behaupten immer noch, dass er davon keine Kenntnis hatte. Die junge Marokkanerin bestreitet, dass sie vom Premier für Sex bezahlt worden sei, sie habe lediglich Geschenke und 7.000 Euro erhalten. Ruby wird bei dem Prozess eine Doppelrolle einnehmen. Sie tritt sowohl als Nebenanklägerin als auch als Verteidigerin Berlusconis auf.
Abgeordnetenhaus: Mailand nicht zuständig
Berlusconi wird es nicht einfach haben, erneut seinen Hals aus der Schlinge zu ziehen. Seine Regierungskoalition brachte im Parlament einen Antrag ein, mit dem die Zuständigkeit des Mailänder Gerichts für den Fall angefochten wird. Das Abgeordnetenhaus erklärte daraufhin am Dienstag die Mailänder Justiz zwar für nicht zuständig. Doch das kann vorerst den Schnellprozess nicht stoppen.
Das Verfassungsgericht muss sich nun mit der Frage befassen, ob der Prozess bei der Mailänder Justiz in den richtigen Händen ist. Weil es bis zu einer Entscheidung des Verfassungsgerichts Monate dauern dürfte, hat die Abstimmung zunächst keine unmittelbare Auswirkung auf das anstehende Verfahren gegen den Regierungschef.
Clooney und Ronaldo im Zeugenstand
Eine bunte Liste von Zeugen will Berlusconi vorladen, um dem Gericht zu beweisen, dass in seiner Villa anstatt wüster Partys mit Dutzenden bezahlten Frauen nur feine Abendessen mit harmloser Unterhaltung, Filmvorführungen und Karaoke stattfanden. Vier Minister sollen bestätigen, dass es beim Premier stets anständig zuging. Hollywood-Star George Clooney samt Freundin Elisabetta Canalis und Fußballstar Cristiano Ronaldo sollen dagegen dem Gericht die Unglaubwürdigkeit Rubys klarmachen.
So behauptete Ruby, Clooney und Canalis bei einer von Berlusconis Partys gesehen zu haben, was das Promipaar aber vehement bestreitet. Mit Ronaldo habe sie eine heiße Nacht verbracht, gab Ruby laut Medienberichten zu Protokoll. Er habe ihr Geld geboten, das sie jedoch abgelehnt habe. Doch der Starstürmer von Real Madrid bestreitet, sie jemals getroffen zu haben.
Weder Berlusconi noch Ruby im Gerichtssaal
Seitens der Anwälte Berlusconis hieß es, es sei „sehr unwahrscheinlich“, dass der Ministerpräsident am Mittwoch persönlich vor Gericht erscheinen werde. Auch Ruby wird wohl vorerst nicht kommen.
Dennoch herrschte schon vor Beginn des Prozesses ein großer Medientrubel um die Affäre: 110 Journalisten aus der ganzen Welt reichten beim Mailänder Gericht einen Antrag ein, um den Prozess gegen den Premierminister im Gerichtssaal verfolgen zu können. Bei dem Prozess werden allerdings weder TV-Teams noch Fotografen zugelassen sein. Der Mailänder Oberstaatsanwalt Manlio Minale meinte, dass die Anwesenheit von TV-Kameras die Zeugen beeinflussen könnte. Journalisten werden im Gerichtssaal zugelassen, sie dürfen allerdings nur Tonaufnahmen machen, beschloss Minale.
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