Erste Messwerte aus evakuierter Zone
Gut drei Wochen nach dem verheerenden Erdbeben in Japan tritt aus dem havarierten Atomkraftwerk Fukushima radioaktiv verseuchtes Wasser direkt in den Pazifik aus. Nach Angaben des Betreibers TEPCO versuchten Arbeiter am Sonntag zunächst vergeblich, einen Riss im Leitungssystem des Reaktorgebäudes 2 abzudichten.
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Nach Angaben von TEPCO versuchten Arbeiter am Samstag zunächst, den rund 20 Zentimeter langen Riss mit Beton zu verschließen. Da dieser Versuch scheiterte, setzten sie am Sonntag - ebenfalls erfolglos - ein zunächst nicht näher präzisiertes „Polymermaterial“ ein. Wie sich später herausstellte, handelte es sich dabei um alles andere als ein Hightech-Produkt, sondern bloß eine Mischung aus Kunstharz, Zeitungspapier und Sägespänen.

APA/EPA/TEPCO
Verstrahltes Wasser sammelte sich in einer Betongrube.
Schwimmende Tankerplattform erwartet
Durch den Riss war radioaktiv verseuchtes Wasser von den Kühlarbeiten am Reaktordruckbehälter, das sich im Untergeschoß des an den Reaktor angrenzenden Turbinengebäudes gesammelt hatte, in eine Betongrube gelangt. Von dort aus war es in den Ozean geflossen. Weiterhin werden die Reaktoren jedoch mit täglich 550 Tonnen Wasser besprüht, um sie behelfsmäßig zu kühlen. Zwei weitere Großpumpen aus den USA sind auf dem Weg nach Fukushima.
In den kommenden Tagen soll zudem eine 136 mal 46 Meter große schwimmende Plattform vor dem Atomkraftwerk eintreffen, in deren Wassertanks rund 10.000 Tonnen radioaktiv belastetes Wasser aus den Reaktorgebäuden gepumpt werden können. Darüber, was mit dem verstrahlten Wasser in weiterer Folge geschehen soll, gab es vorerst keine Angaben.
Regierung rechnet mit „langer Schlacht“
Ein Berater von Regierungschef Naoto Kan, Goshi Hosono, sagte dem Fernsehsender Fuji TV, es sei mit einer „langen Schlacht“ in Fukushima zu rechnen. Es werde wahrscheinlich noch „mehrere Monate“ dauern, bis der Austritt von Strahlung aus den beschädigten Reaktoren gestoppt werde. Besonders die mehr als 10.000 in Abklingbecken gelagerten gebrauchten Brennstäbe stellten weiterhin eine Gefahr dar.
Erstmals seit Beginn der Atomkatastrophe in Japan haben die Regierung und TEPCO unterdessen Radioaktivität in der Luft innerhalb der 20-Kilometer-Zone um das Kraftwerk Fukushima I gemessen. Dabei wurden nach ersten Informationen Werte von bis zu 50 Mikrosievert pro Stunde ermittelt, wie der japanische Fernsehsender NHK berichtete. Zum Vergleich: In Mitteleuropa liegt die Dosis durch natürliche Hintergrundstrahlung bei 2.400 Mikrosievert - allerdings in einem ganzen Jahr. Wer sich ein Jahr in der Evakuierungszone aufhält, würde dagegen beim derzeitigen Strahlenwert in diesem Zeitraum fast 440.000 Mikrosievert an Strahlung ausgesetzt sein.
Erste Messwerte seit Erdbeben
Bisher hatten die Regierung und der AKW-Betreiber außerhalb der Sperrzone radioaktive Strahlung gemessen. Innerhalb des Gebiets habe es keine detaillierte Analyse gegeben - mit den Hinweisen, dass die meisten Menschen die Region bereits verlassen hätten und das Strahlenrisiko für die Tester zu groß sei. Die japanische Regierung hofft laut eigenen Angaben nun noch auf weitere Details zu den Messdaten von rund 30 Orten.
Außerdem kündigte die japanische Regierung an, die Ergebnisse auch US-Atomexperten zur Verfügung zu stellen. Diese hatten NHK zufolge mehr Forschung angemahnt und angeboten, Maßnahmen gegen die Ausbreitung radioaktiver Elemente zu entwickeln. Zuletzt hatten sowohl die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) als auch die japanische Atomsicherheitsbehörde eine Ausdehnung der Evakuierungszone befürwortet. Japan ist dem Drängen bisher nicht nachgekommen.
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