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Über 11.700 Tote bisher bestätigt

Tausende japanische und US-Soldaten haben am Freitag mit einer großen Suche nach Tsunami-Opfern vor der nördlichen Pazifikküste begonnen. Insgesamt 120 Flugzeuge und Hubschrauber sowie 65 Schiffe nahmen die Suche nach Opfern der Katastrophe auf, wie ein japanischer Armeevertreter sagte. Das Gebiet um das AKW Fukushima I ist aufgrund der hohen radioaktiven Strahlung von der Suche ausgeschlossen.

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Im Umkreis von 30 Kilometern um Fukushima I wird nicht nach Leichen gesucht. In japanischen Presseberichten von Freitag war die Rede davon, dass dort noch bis zu tausend Tote vermutet würden. Ursprüngliche Pläne, die Leichen zu bergen, seien wegen der hohen radioaktiven Strahlung auf Eis gelegt worden, berichtete die Nachrichtenagentur Kyodo unter Berufung auf die Polizei.

Eine Dekontaminierung der Toten an Ort und Stelle erschwere zudem deren spätere Identifizierung. Eine Übergabe an die Angehörigen berge weitere Gefahren, ebenso eine Einäscherung der Toten, hieß es.

7.000 US-Soldaten an Suche beteiligt

Außerhalb der Evakuierungszone werden die mehr als 18.000 japanischen Soldaten von Polizei, Küstenwache, Feuerwehr und ungefähr 7.000 US-Soldaten bei ihrer Arbeit unterstützt. Das berichtete Kyodo am Freitag.

Große Teile der Küste im Nordosten wurden am 11. März von der teilweise mehr als 20 Meter hohen Tsunami-Welle zerstört. Man vermutet, dass viele Opfer ins Meer geschwemmt wurden. Die Suche konzentriert sich auf ein etwa 18 Kilometer breites Gebiet in den zum Teil noch immer überfluteten Küstengebieten und Flussmündungen in den Präfekturen Fukushima, Iwate und Miyagi. Noch immer werden rund 16.400 Menschen vermisst, mehr als 11.700 Todesopfer sind bisher bestätigt.

Erneut schweres Nachbeben

Die Katastrophenregion im Nordosten wurde am Donnerstag erneut von einem starken Nachbeben erschüttert. Der Erdstoß hatte eine Stärke von 6,0, wie der Fernsehsender NHK berichtete.

In Fukushima I kämpfen die Arbeiter unterdessen weiter gegen den Super-GAU. Am Freitag sollen sie erneut versuchen, Harz auf die verstrahlten Trümmer zu sprühen. Das Vorhaben musste am Vortag unterbrochen werden, weil es regnete. Das Kunstharz soll verhindern, dass sich der radioaktive Staub verbreitet. Eine weitere Möglichkeit, die laut Medienberichten von der Regierung in Betracht gezogen wird, ist, die AKW-Ruinen mit Planen abzudecken. Diese könnten aus Kärnten geliefert werden - mehr dazu in oesterreich.ORF.at.

Regierung: Rückkehr nicht so schnell absehbar

Viele Überlebende der Beben- und Tsunami-Katastrophe harren weiter in Notlagern aus. Vor allem für die zahlreichen alten Menschen ist es immer anstrengender, auf den harten Lagern in den Notunterkünften zu schlafen. In der Region regnet es immer wieder. Die Temperaturen liegen in der Früh immer noch um den Gefrierpunkt.

Die in Sicherheit gebrachten Menschen werden nach Einschätzung der Regierung in Tokio für lange Zeit nicht in ihre Häuser zurückkehren können. Die Evakuierung des Katastrophengebiets sei langfristig angelegt, sagte Regierungssprecher Yukio Edano am Freitag. Es werden zwar inzwischen Notbehausungen gebaut. Sie reichen aber noch nicht aus. Viele alte Menschen wollen auch dafür nicht ihre Heimatorte verlassen, weil sie befürchten, aus ihren sozialen Gemeinschaften gerissen zu werden.

Japanischer Regierungssprecher Yukio Edano im Anzug

AP/Koji Sasahara

Regierungssprecher Yukio Edano erstmals wieder im Anzug statt in blauer Arbeitermontur

Symbolischer Schritt in Richtung Normalität

Die Regierung versuchte am Freitag zu signalisieren, dass sie wieder zur Normalität zurückkehren will und sich ganz dem Wiederaufbau widmet. Nach wochenlangen Pressekonferenzen im blauen Overall trat Edano wieder im dunkelgrauen Anzug vor die Presse. „Wir wollten zeigen, dass die Regierung nun auch in die Zukunft schaut. Deshalb haben wir diese Jacken ausgezogen“, sagte Edano.

Die Kabinettsmitglieder hatten seit dem Beben am 11. März die gleichen Schutzanzüge getragen wie die Helfer im Erdbebengebiet. Am Freitag waren es nur noch die Minister für Katastrophenmanagement, Infrastruktur und Wirtschaft. Es sei nun „Zeit für die Regierung, die nächsten Schritte in Richtung Wiederaufbau zu machen“, sagte Edano.

Keine weiteren Evakuierungen

Trotz der hohen Strahlenbelastung rund um das Kraftwerk lehnt die Regierung eine Ausweitung der Evakuierungszone ab. Dazu bestehe im Moment keine Notwendigkeit, sagte Edano am Donnerstag. Die Lage werde von Tag zu Tag neu bewertet. Wegen hoher Strahlenwerte im 40 Kilometer von Fukushima entfernten Ort Iitate hatte die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) am Mittwoch in Wien geraten, den 7.000-Einwohner-Ort zu räumen. Greenpeace hatte nach eigenen Messungen dringend eine Ausweitung der Evakuierungszone um Fukushima I von 20 auf 40 Kilometer verlangt.

Aufsichtsbehörde: Arbeiter zu wenig geschützt

Die Atomaufsichtsbehörde kritisierte TEPCO am Freitag wegen eines mangelhaften Schutzs der Arbeiter vor radioaktiver Strahlung. TEPCO sei aufgefordert worden, alles zu tun, um die Arbeiter vor der Strahlung zu schützen, sagte Behördensprecher Hidehiko Nishiyama. Demnach hatte TEPCO die Arbeiter nicht mit genügend Strahlenmessgeräten ausgestattet.

Nach Angaben der Aufsichtsbehörde gingen die meisten Messgeräte verloren, als die Tsunami-Welle über das Kraftwerk hinwegrollte. Die Zahl der Messgeräte sei von ursprünglich 5.000 auf 320 nach dem Tsunami zurückgegangen. TEPCO habe die Arbeiter daraufhin in Teams eingeteilt und ein Messgerät pro Gruppe ausgegeben, um die Strahlenbelastung in der jeweiligen Arbeitsumgebung zu messen. Inzwischen habe das Unternehmen wieder genügend Messgeräte, so dass jeder Arbeiter mit einem Gerät ausgestattet werden könne, hieß es. Die Gesellschaft habe erklärt, keinem Arbeiter ohne Messgerät den Zutritt zu erlauben.

Wind dreht wieder Richtung Tokio

Erhöhte Gefahr besteht am Sonntag wieder für Tokio: Der Wind soll an diesem Tag auf Nord bis Nordost drehen und damit zumindest kurzfristig Tokio gefährden. Die radioaktiven Partikel aus dem havarierten Atomkraftwerk könnten dann in Richtung der Metropole geweht werden.

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