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80 Prozent des Werts verloren

Angesichts der schlimmsten Atomkatastrophe in Japan steht der Betreiber des Unglücks-AKW, Tokyo Electric Power (TEPCO), vor einer ungewissen Zukunft. Die mit japanischen Banken ausgehandelten Notkredite im Volumen von umgerechnet gut 17 Milliarden Euro reichten nicht aus, um den Firmenbetrieb und alle sonstigen Kosten finanzieren zu können, räumte TEPCO am Mittwoch ein.

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Wie groß das Finanzloch tatsächlich ist, ist derzeit völlig unklar. Für Unruhe sorgte zusätzlich der krankheitsbedingte Ausfall von TEPCO-Präsident Masataka Shimizu, der seit dem 13. März nicht mehr in der Öffentlichkeit gesehen wurde. Nun teilte TEPCO mit, Shimizu musste sich wegen Bluthochdrucks und Schwindels ins Krankenhaus begeben. Verwaltungsratschef Tsunehisa Katsumata übernehme vorübergehend die Aufgaben des Präsidenten. Er stellte klar, er werde alles tun, um eine Verstaatlichung von TEPCO zu verhindern.

Aktien stürzen ins Bodenlose

Anleger reagierten angesichts des drohenden Führungsvakuums mitten in der offenbar nicht mehr zu kontrollierenden Atomkatastrophe deutlich: Die TEPCO-Papiere büßten in Tokio erneut fast 18 Prozent ein. Bereits am Dienstag waren sie auf den tiefsten Stand seit fast fünfzig Jahren gesunken. Seit Beginn der Katastrophe am 11. März hat die Firma damit fast 80 Prozent ihres Börsenwertes eingebüßt. Experten sehen kaum eine Chance, dass TEPCO in seiner derzeitigen Form die Krise überstehen kann.

Konzern wehrt sich gegen Verstaatlichung

„Es wird viel über Verstaatlichung gesprochen, aber ich werde mein Bestes tun, um sicherzustellen, dass TEPCO eine private Firma bleibt“, sagte Katsumata. Man werde mit der Regierung darüber reden müssen, wie eine angemessene Finanzierung gesichert werden könne. Die zwei Billionen Yen (gut 17 Mrd. Euro) an Krediten von Gläubigern wie der Sumitomo Mitsui Financial Group reichten nicht aus, sagte er.

TEPCO selbst habe noch keine Zeit gehabt, sich mit den Schätzungen der Kosten zu befassen, sagte Katsumata. Sie würden auf jeden Fall sehr hoch sein. Analysten zufolge dürften sie mehrere Billionen Yen betragen. Die Regierung will nach Angaben von Dienstag eine Verstaatlichung des größten asiatischen Versorgers prüfen. TEPCO liefert für rund ein Drittel der japanischen Bevölkerung den Strom.

Riesige Kosten

Die Kosten dürften immens ausfallen. Im Umkreis des Atomkraftwerkes Fukushima I mussten bisher 70.000 Menschen in Sicherheit gebracht werden, es könnten noch mehr werden. Der Verkauf von Spinat in vier Präfekturen rund um das AKW sowie von Frischmilch aus der Präfektur Fukushima wurde verboten. Um die ausgefallene Energiekapazität künftig wettzumachen, muss TEPCO nach Analystenschätzung monatlich umgerechnet mehr als eine Milliarde Dollar aufwenden. Zudem müssen vier der sechs Reaktorblöcke von Fukushima I sicher verschrottet werden, teilte TEPCO mit. Über das Schicksal der verbleibenden zwei Reaktoren soll nach Gesprächen mit der Regierung und Anrainern entschieden werden.

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