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Wichtigste Handelshäfen betroffen

Die Strahlenkatastrophe in Japan hat nicht nur Folgen für die unmittelbar Betroffenen in der Nähe des Kernkraftwerks Fukushima I und die Nahrungsmittelproduktion. Auch der japanischen Gesamtwirtschaft, der durch Produktionsausfälle nach dem Erdbeben und der darauf folgenden Flutwelle am 11. März bereits enormer Schaden entstanden ist, droht nun – indirekt – Gefahr von dieser Seite.

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Die betrifft den für die Exportnation Japan wichtigen Seehandel. Mehrere Reedereien, berichtete am Samstag die „New York Times“, mieden die Bucht von Tokio derzeit und ließen ihre Schiffe wegen der erhöhten Strahlungswerte nur noch sporadisch oder überhaupt nicht mehr anlaufen. Hintergrund sei die Angst vor Gefahren für die Crews, Ladungen oder die enorm teuren Containerfrachter selbst.

Kein Entladen vor Strahlentest

Häfen in China, so die US-Tageszeitung, dürften japanischen Schiffe teils nur noch nach genauen Strahlenschutztests anlaufen. Der Hafen Yantian nahe Shenzen kündigte laut „New York Times“ bereits am Freitag an, alle Container, die in den vergangenen 28 Tagen in Japan gewesen seien, genau zu untersuchen. Bevor die Tests abgeschlossen sind, dürfe kein Schiff entladen. Der Hafen in Hongkong will es vorerst bei stichprobenartigen Kontrollen belassen.

Verzögerungen im Güterumschlag

Auch in den USA sei das erste Schiff, das dort seit der Erdbebenkatastrophe einen Hafen angelaufen sei, in Long Beach von der Küstenwache auf eine eventuelle erhöhte Strahlenbelastung überprüft worden, bevor es an ein Dock durfte. In großen Häfen wie Osaka und Kobe südlich von Tokio würde das Cargogeschäft laufen wie vor der Katastrophe, so die US-Zeitung.

Allerdings seien die Häfen von Tokio und Yokohama, die nun gemieden werden, „normalerweise die zwei geschäftigsten Japans“ mit einem Anteil von 40 Prozent am gesamten Frachtumschlagsvolumen. Sollten noch mehr Reedereien als bisher die Bucht von Tokio meiden, würde das die derzeitigen Verzögerungen bei der Ein- und Ausfuhr von Gütern „nur noch schlimmer machen“.

Schiff in China unter Quarantäne

Die Reeder hätten Angst, so die „New York Times“, seit vergangene Woche im chinesischen Hafen von Xiamen an einem Containerfrachter der japanischen Schifffahrtsgesellschaft Mitsui O.S.K. erhöhte Strahlenwerte gemessen und der unter Quarantäne gestellt wurde. Das Schiff sei zuvor in einer Entfernung von mindestens 120 Kilometer vom beschädigten AKW Fukushima I entfernt die japanische Küste entlanggefahren, berichtete die amtliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua.

„Sicherheit kommt vor allem anderen“

Die deutsche Hapag-Lloyd, eine der weltweit größten Containerschifffahrtsgesellschaften, liefe derzeit weder Tokio noch Yokohama an, berichtete die US-Tageszeitung. „Bei uns kommt Sicherheit vor allem anderen“, so Eva Gjersvik, Pressesprecherin der Gesellschaft. Die Situation werde täglich evaluiert. Auch die Hamburger Reederei Claus-Peter Offen habe die Route Tokio gestrichen, ebenso die Frachtgesellschaft OOCL mit Sitz in Hongkong. Sie wolle ihre Schiffe im Hafen von Osaka löschen, zitierte die „New York Times“ Stanley Shen, Vorstand für Investor Relations bei OOCL, und die Fracht dann auf dem Landweg nach Tokio bringen – aber nicht in den eigenen Containern. Auch Hapag-Lloyd nehme Container, die in Japan über Land unterwegs waren nicht mehr zurück.

Verstrahlte Schiffe nichts mehr wert

Einmal verstrahlte Schiffe seien praktisch Alteisen, zitierte die US-Zeitung Basil M. Karatzas, Direktor für Projekte und Finanzen bei Compass Maritime Services in New Jersey. Der Grund: Die Container würden auf Jahre in jedem Hafen gesonderte Kontrollen durchlaufen müssen und das kostet Zeit – etwas das Frachtgesellschaften meist nicht haben. Pläne würden durcheinanderkommen, Auftraggeber die Schiffe betroffener Gesellschaften daher meiden.

Auch US-Marine in sicherer Distanz

Doch nicht nur Frachter meiden die Region. Laut „New York Times“ hat auch die U.S.-Navy ihren Flugzeugträger „Ronald Reagan“ in sichere Distanz zu Fukushima gebracht, aus Angst, verstrahlte Partikel könnten sich in Lüftungsanlagen des Schiffs anreichern und die Besatzung diese dann in weiterer Folge einatmen müssen.

Dazu kommt, dass atombetriebene Schiffe wie die „Ronald Reagan“ selbst mit extrem empfindlichen Strahlungsdetektoren ausgestattet sind und diese Warnsysteme, die für die Sicherheit an Bord gedacht sind, durch radioaktive Belastung von außen wahrscheinlich komplett durcheinandergebracht würden.

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