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Al-Assad erstmals in Bedrängnis

Die Welle an politischen Umwälzungen in Nordafrika und dem Nahen Osten hat nun endgültig auch Syrien erreicht. Dabei hatte das autoritäre Regime von Präsident Baschar al-Assad die aufkeimenden Proteste lange im Zaum gehalten.

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Zwar versuchen die staatlich kontrollierten Medien, das Aufbegehren unterm Deckel zu halten. Doch wie schon zuvor in Tunesien und Ägypten finden auch in Syrien Videos und Berichte von den Demonstrationen über oppositionelle Websites und Soziale Netzwerke wie Facebook ihren Weg in die Öffentlichkeit. Dabei waren Websites wie YouTube und Facebook in Syrien jahrelang gesperrt gewesen und wurden erst Anfang Februar freigegeben.

Regime seit 1963 an der Macht

Syrien gilt als eines der am strengsten staatlich kontrollierten Länder im Nahen Osten. Seit vielen Jahren wird jegliche Opposition von der alles beherrschenden Baath-Partei mehr oder weniger verhindert. Wegen des seit 1963 geltenden Ausnahmezustands sind viele Verfassungs- und Bürgerrechte außer Kraft. Regimegegner und Menschenrechtsaktivisten werden von Polizei und Geheimdiensten verfolgt, eingesperrt und gefoltert.

Nach Einschätzung von Human Rights Watch zählt Syrien zu den Ländern mit den gröbsten Verstößen gegen die Menschenrechte. In den syrischen Gefängnissen sitzen Tausende Menschen, die wegen oppositioneller Aktivitäten ohne Prozess festgehalten werden oder von Staatssicherheitsgerichten Haftstrafen erhielten.

Massaker an Muslimbrüdern 1982

Zu den dunkelsten Kapiteln der Regentschaft der Al-Assads zählt das Massaker in der Stadt Hama im Februar 1982. Damals schlugen die syrischen Streitkräfte einen Islamistenaufstand nieder. Schätzungen zufolge sollen zwischen 20.000 und 30.000 Menschen dabei den Tod gefunden haben. Hama war ein Zentrum der islamistischen Muslimbrüder, die der Baath-Partei des Alawiten Hafes al-Assad feindlich gegenüberstanden. Ihr Ziel war die Errichtung eines islamischen Gottesstaates im mehrheitlich sunnitischen Syrien. Das mit der Sowjetunion verbündete Regime ging im ganzen Land mit aller Härte gegen die Muslimbrüder vor. Das Massaker von Hama stellte schließlich den Höhepunkt der Unterdrückungspolitik dar.

Kurze Hoffnung auf Reformen

Der Augenarzt Baschar al-Assad, der wegen des Unfalltodes seines Bruders Basil in die Rolle des Nachfolgers seines im Jahr 2000 verstorbenen Vaters Hafes gedrängt worden war, hat ein schweres Erbe zu verwalten. Al-Assad galt zunächst als unerfahren, beeinflussbar und idealistisch.

Der neue Machthaber versuchte sich einen weltoffenen Anstrich zu geben und signalisierte Reformwillen, nach und nach wurde aber auch er zu einem Hardliner wie sein Vater. Al-Assad schmiedete ein enges Bündnis mit dem Iran, obwohl sein eigenes säkulares System außer der Feindschaft mit Israel kaum Gemeinsamkeiten mit dem Schiiten-Regime in Teheran hat. Hinzu kommt die Unterstützung der Schiiten-Bewegung Hisbollah im Libanon.

Offener Aufstand droht

Al-Assad versicherte lange, sein Land werde von den Protesten nicht betroffen sein. Im Jänner hatte er verkündet, dass die Führung des Landes „sehr eng mit den Wünschen und Ansichten des Volkes verbunden“ sei. Anfang Februar meinte er gegenüber dem „Wall Street Journal“, sein Land sei „stabil“ und nicht anfällig für Unruhen wie in Tunesien und Ägypten. Gleichwohl betonte er die Notwendigkeit von Reformen in der Region. Zunächst hatten die Demonstranten vor allem mehr Freiheit gefordert. Der Ruf nach einer Entmachtung der seit vier Jahrzehnten herrschenden Familie Al-Assad war nicht erklungen. Doch nun droht auch Al-Assad der offene Aufstand.

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