Profiteur der AKW-Debatte
Der drohende Super-GAU in Japan spielt dem österreichischen Versorger Verbund in die Hände. Die Katastrophe im Atommeiler Fukushima I macht die rund 130 unter Umweltschützern umstrittenen Wasserkraftwerke des größten österreichischen Stromerzeugers finanziell wertvoller denn je.
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Kurzfristig profitiert der Konzern von der temporären Stilllegung von sieben deutschen Atomkraftwerken, weil in der Folge die Strompreise um rund acht Prozent stiegen. Auch die Speicherkraftwerke des Verbunds, mit denen Bedarfsspitzen ausgeglichen werden können, dürften sich als sehr attraktiv erweisen, glauben Analysten.
Deutscher Teilausstieg treibt Preis
Die Verbund AG profitiert von den steigenden Strompreisen, weil sie weitgehend stabile Produktionskosten hat, während andere Versorger stark vom Kohle- oder Gaspreis abhängig sind, sagen Analysten. Dazu kommt die neu angefachte Debatte über den Ausstieg aus der Atomkraft in Deutschland.
Die Abschaltung der deutschen AKWs wirke sich positiv auf den Verbund aus. Das Unternehmen „kann zu besseren Strompreisen verkaufen“, sagte Teresa Schinwald von der Raiffeisen Centrobank. Die Aktie der Verbund AG verteuerte sich in der vergangenen Woche denn auch um rund zehn Prozent, während die Titel der deutschen AKW-Betreiber RWE und E.On absackten.
Strommangel droht nicht
Knapp 90 Prozent der Erzeugung des Verbund stammen aus Wasserkraft. Die Laufkraftwerke an den Flüssen Donau, Drau, Enns, Salzach und Inn sind das Rückgrat der Versorgung in Österreich. In den Alpen stehen außerdem viele große Speicher, die in Zeiten hohen Stromverbrauchs rasch ans Netz gebracht werden können. Schon jetzt decken einige dieser Speicher exklusiv den Spitzenstrombedarf deutscher Städte wie München und Stuttgart.
Zwar droht nach Ansicht von Experten in Deutschland auf absehbare Zeit kein Strommangel durch die Abschaltung der sieben ältesten AKWs. Bei einem Komplettausstieg aus der Atomkraft müssten aber alte Gas- und Kohlekraftwerke modernisiert und auch neue Anlagen gebaut werden. Auch dürfte in Deutschland der Anteil erneuerbarer Energie, vor allem aus Windparks, deutlich steigen. Mittelfristig macht das Pumpspeicherkraftwerke zum Ausgleich der Bedarfsschwankungen unverzichtbar - denn der Wind weht nicht immer dann, wenn gerade viel Strom gebraucht wird.
Mischung aus Wind- und Wasserkraft
Dafür sind Pumpspeicherkraftwerke ideal: Mit dem Strom aus Windparks pumpt man Wasser in hoch gelegene Speicher. Bei Bedarf kann man damit Turbinen antreiben und neuen Strom erzeugen. Was energiepolitisch und für den Klimaschutz sinnvoll ist, kann für die Österreicher mittelfristig zu einem sehr guten Geschäft werden.
„In Pumpspeicherkraftwerken wird billiger Strom veredelt. Man füllt den Speicher mit billigem Überschussstrom, künftig auch mehr aus Windparks, und verkauft den Strom zu Spitzenzeiten deutlich teurer“, sagte Erste-Bank-Analyst Christoph Schultes. Eine Reihe von Instituten haben wegen der kurz- und mittelfristig guten Perspektiven die Verbund-Aktie jüngst hinaufgestuft.
Hoher heimischer Marktanteil in Deutschland
Deutschland verfügt zwar auch über Kraftwerke dieses Typs mit knapp 7.000 Megawatt Leistung, darunter die Großspeicher Goldisthal in Thüringen und Markersbach in Sachsen. Ein Werk mit 1.000 Megawatt ist in Planung. Die österreichischen Alpen bieten aber mehr Potenzial.
Mit einer Leistung von 4.300 Megawatt erreichen der Verbund und die Versorger Tirols und Vorarlbergs 14 Prozent Marktanteil auf diesem lukrativen Markt. Er soll bis 2020 weiter steigen. Neue Pumpspeicher mit einer Leistung von bis zu 2.000 Megawatt sind in Bau oder in Planung. Auch die Schweiz hat Pumpspeicher, allerdings nur die Hälfte der Kapazität Österreichs. Neue Projekte sind nicht geplant.
Umstrittene Wasserkraft
„Durch den Ausbau der Alpenspeicher soll Österreich zur ‚grünen Batterie‘ Europas werden“, beschreibt Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber die Strategie des Konzerns. Ganz ungetrübt ist die Freude dabei nicht: Große Kraftwerke an Flüssen und in Alpentälern sind erhebliche Eingriffe in die Natur und werden von Umweltschützern kritisiert, die Verfahren zur Genehmigung sind oft langwierig.
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