US-Einigung mit Paris und London?
Die NATO hat sich nach tagelanger Diskussion über ihre Rolle beim internationalen Militäreinsatz gegen Libyen darauf geeinigt, im Mittelmeer ein Waffenembargo durchzusetzen. Laut NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen werden dafür Schiffe und Flugzeuge eingesetzt. Deutschland befürchtet den Einsatz von Waffengewalt und reagierte auf die Ankündigung mit dem Rückzug seiner Marine aus dem Mittelmeer.
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Wie ein Sprecher des deutschen Verteidigungsministeriums am Dienstag bestätigte, sollen zwei Fregatten und zwei Boote mit insgesamt 550 Soldaten wieder unter nationale Führung gestellt werden. Die etwa 60 bis 70 deutschen Soldaten, die bisher an einer Aufklärungsmission mit AWACS-Flugzeugen im Mittelmeer teilgenommen hatten, würden abgezogen.
Die NATO hatte zuvor nach langem Zögern mit einem Marineeinsatz zur Umsetzung des vom UNO-Sicherheitsrat beschlossenen Waffenembargos gegen Libyen begonnen. „Da das Waffenembargo auch eine exekutive Komponente vorsieht, die notfalls mit Waffengewalt durchzusetzen ist, hat Deutschland erklärt, sich an keiner solchen Aktion zu beteiligen“, sagte der Sprecher. Ob die deutschen Schiffe umgehend das Mittelmeer verlassen werden, war zunächst unklar.
Kampfeinsatz mehrfach ausgeschlossen
Die deutsche Regierung hatte die Beteiligung an einem Kampfeinsatz in Zusammenhang mit Libyen mehrfach ausgeschlossen. Um die Bündnispartner zu entlasten, beschloss Deutschland am Mittwoch aber eine Ausweitung seines Engagements in Afghanistan. Dort sollen nun bis zu 300 deutsche AWACS-Kräfte zum Einsatz kommen.
Deutschland war bisher an drei NATO-Operationen im Mittelmeer-Raum beteiligt. Im Rahmen der Anti-Terror-Mission „Active Endeavour“ überwacht die Allianz dort derzeit mit vier bis fünf AWACS-Flugzeugen rund um die Uhr den Luftraum. Zudem nahmen die Fregatte „Hamburg“ mit 206 Soldaten und das Flottendienstboot „Oker“ mit 82 Soldaten an einer Anti-Terror-Operation teil. Außerdem gehörten die Fregatte „Lübeck“ mit rund 220 Soldaten und das Minenjagdboot „Datteln“ mit etwa 40 Soldaten zu anderen NATO-Verbänden im Mittelmeer.
NATO-Einsatz bei Flugverbotszone weiter offen
Die NATO-Mitglieder waren sich tagelang uneins, wie sie sich an der Durchsetzung der Flugverbotszone und der Sanktionen gegen das Regime von Libyens Machthaber Muammar al-Gaddafi beteiligen wollen. Jetzt sollen zunächst Schiffe auf dem Weg in libysche Häfen kontrolliert werden, sofern der Verdacht des Waffenschmuggels besteht.
USA wollen Führung abgeben
Unter der Führung der USA, Frankreichs und Großbritanniens fliegt eine internationale Koalition seit Samstag auf Grundlage einer UNO-Resolution Luftangriffe gegen Al-Gaddafis Truppen. Die USA kündigten zuletzt einen baldigen Abschied von ihrer Führungsrolle an.
Laut Rasmussen stimmten die Regierungen der 28 NATO-Mitgliedsstaaten auch einem seit Freitag heftig umstrittenen Operationsplan für die Durchsetzung einer Flugverbotszone über Libyen zu.
Weißes Haus verkündet Einigung
Nach Angaben aus dem Weißen Haus konnte zwischen den USA, Frankreich und Großbritannien in der Streitfrage der Führungsrolle beim Militäreinsatz allerdings ein „beträchtlicher Fortschritt“ erzielt werden. US-Präsident Barack Obama hatte laut einem Sprecher hierzu am Dienstag Telefongespräche mit dem französischen Staatschef Nicolas Sarkozy und dem britischen Premierminister David Cameron geführt.
Außer Frage steht nun offenbar auch für Sarkozy, dass der NATO eine zentrale Rolle beim Militäreinsatz zukommen soll. Frankreich habe sich demnach mit den USA und Großbritannien auf die Modalitäten zur Nutzung der Strukturen des NATO-Kommandos geeinigt. Auch aus Großbritannien wurde bestätigt, dass die NATO beim Libyen-Einsatz künftig eine Schlüsselrolle einnehmen werde.
Clinton: NATO hat bedeutende Rolle
Die Vereinigten Staaten rechnen nach Aussage von US-Außenministerin Hillary Clinton nun mit einem Kommandowechsel bei dem Militäreinsatz in Libyen innerhalb der kommenden Tage. „Ob es bis Samstag geschieht oder nicht, hängt von der gemeinsamen Bewertung durch unsere militärischen Kommandeure mit den Alliierten und Partnern ab“, sagte sie in einem Interview mit dem US-Fernsehsender ABC.
Wer die Führungsrolle von den Amerikanern übernehmen werde, sei noch offen, aber die NATO werde klar eine Rolle an der Front haben.
Niederlande unterstützen NATO mit Kampfflugzeugen
Die Niederlande gaben unterdessen bekannt, das Eingreifen der NATO in den Libyen-Konflikt mit sechs F-16-Kampfflugzeugen zu unterstützen. Zur Durchsetzung des Waffenembargos schickt Den Haag zudem ein Tankflugzeug sowie ein Minensuchboot in die Mittelmeer-Region. Das teilte Ministerpräsident Mark Rutte am Dienstagabend nach einer Sondersitzung seines Kabinetts mit.
Ban mahnt zu Einhaltung von Resolution
UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon ermahnte unterdessen Russland, an der Umsetzung der Libyen-Resolution des UNO-Sicherheitsrats mitzuwirken. Alle UNO-Mitgliedsstaaten müssten sich an die Resolution halten und ihre Umsetzung ermöglichen, sagte Ban auf einer Pressekonferenz am Dienstag in Tunis. Das gelte auch für die Länder, die sich bei der Abstimmung im UNO-Sicherheitsrat enthalten hätten.
Ban reagierte mit seinen Äußerungen auf eine Frage über die wiederholte Kritik der russischen Regierung am militärischen Vorgehen in Libyen. Russland hatte sich bei der Abstimmung in New York am Donnerstag, wie unter anderem auch Deutschland, enthalten.
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