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Die radioaktive Strahlung in Fukushima ist nach Informationen der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) auch außerhalb der Evakuierungszone um das Katastrophen-AKW Fukushima I zunehmend kritisch. Bisher wurden 20 Kilometer um Fukushima großteils geräumt. Im Umkreis von 30 Kilometer wurden die Menschen aufgerufen, in den Häusern zu bleiben.
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„Da muss man sich etwas überlegen“, antwortete nun ein ranghoher IAEA-Beamter der dpa auf die Frage, ob die sich ausbreitende Strahlung eine Erweiterung der Evakuierungszone notwendig machen könnte. Zuvor hatte die IAEA in Wien mitgeteilt, dass die Radioaktivität auch außerhalb des 30-Kilometer-Rings erheblich über der natürlichen Strahlung liege.
Laut dem IAEA-Experten Gerhard Pröhl wurden außerhalb der Evakuierungszone lokal Werte bis 100 Mikrosievert pro Stunde gemessen. Der von der IAEA empfohlene Strahlengrenzwert für einen Erwachsenen liegt bei einem Millisievert (1.000 Mikrosievert) pro Jahr - zusätzlich zur natürlichen Strahlung. Demnach kann ein Mensch nur rund zehn Stunden einer Strahlung von 100 Mikrosievert ausgesetzt sein, ohne gesundheitliche Schäden zu riskieren.
Ein Fünftel von Tschernobyl-Unfall in drei Tagen
Die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) berechnete die radioaktiven Emissionen des beschädigten AKW Fukushima I an den ersten Tagen. Von 12. bis 14. März wurden demnach viermal zehn hoch 17 Becquerel (Bq) Jod-131 freigesetzt, was einem Fünftel des gesamten Quellterms des Tschernobyl-Unfall entspreche, so die ZAMG am Dienstag in einer Aussendung.
Maß für Atomzerfall pro Sekunde
Gemessen wird radioaktive Strahlung in Substanzen in der Einheit Becquerel (Bq) - ein Bq bedeutet dabei den Zerfall von einem Atom pro Sekunde. Der Wert Becquerel sagt noch nicht direkt etwas über die Gesundheitsgefahr aus. Diese Strahlenbelastung für den Menschen wird in Sievert gemessen.
Bei Cäsium-137 wird ein Wert zwischen dreimal zehn hoch 15 oder 16 Bq angenommen, was bis zu 50 Prozent des Ausstoßes von Tschernobyl bedeuten könnte. Noch wird radioaktive Luft durch Wind ins Landesinnere transportiert, ab Mittwoch auf den Pazifik.
Beunruhigende Messergebnisse
Am Wochenende wurde laut IAEA-Informationen beispielsweise 58 Kilometer von Fukushima I entfernt eine Strahlung von 5,7 Mikrosievert pro Stunde gemessen. Demnach könnten sich Menschen dort nur rund sieben Tage aufhalten, ohne Gesundheitsrisiken fürchten zu müssen. Eine andere Messung ergab einen Wert von 160 Mikrosievert pro Stunde am Rande der 20-Kilometer-Evakuierungszone. Dort kann sich ein Mensch nur rund sechs Stunden ohne erhöhtes Risiko aufhalten.
Zum Vergleich: Die aktuellsten der IAEA vorliegenden Daten am Rande von Fukushima-Reaktor 1 zeigen, dass dort die Strahlung bei rund 2.000 Mikrosievert (zwei Millisievert) pro Stunde liegt. Das bedeutet, dass die normale Bevölkerung dieser Strahlung nicht länger als 30 Minuten ausgesetzt sein sollte.
„Wahrscheinlich“ bis zu hundert Kilometer
Nach Angaben der französischen Atomaufsichtsbehörde (ASN) würden aus den Fukushima-Reaktoren derzeit „in bedeutendem Maß“ radioaktive Stoffe entweichen. Außer Frage ist laut ASN zudem, dass zumindest der Umkreis um Fukushima I noch jahrzehntelang verstrahlt bleiben werde.
Japan werde „Jahrzehnte und Aberjahrzehnte“ mit dem Problem von radioaktivem Niederschlag umgehen müssen, so ASN-Chef Andre-Claude Lacoste. So wie die IAEA wollte Lacoste zudem nicht ausschließen, dass die Verseuchung weit über das derzeit geräumte Gebiet hinausgehen werde. „Wahrscheinlich“ sei mit Blick auf die Wetterlage sogar ein Gebiet im Umkreis von bis zu hundert Kilometern.
Kritische Jodwerte im Meer
Massiv gestiegen ist laut Angaben von Montag auch die radioaktive Belastung im Meer. Rund 100 Meter von dem Katastrophen-AKW seien nach Angaben des Betreibers TEPCO am Montag Werte für radioaktives Jod 127-mal über dem Normalwert nachgewiesen worden. Für radioaktives Cäsium war der Wert 25-mal so hoch wie sonst üblich.
Spuren von radioaktivem Jod wurden laut der Nachrichtenagentur Kyodo zudem im Trinkwasser von neun Präfekturen gemessen, darunter in Tokio. Cäsium wurde in zweien von ihnen festgestellt. Allerdings seien die Grenzwerte der Kommission für atomare Sicherheit bei diesen Proben unterschritten worden, hieß es.
Erhöhte Radioaktivität gibt es in Japan unter anderem bei Blattgemüse wie Spinat. Der Norden der Präfektur Fukushima ist eine der wichtigsten Anbauregionen für Reis, Obst und Gemüse und wird auch für Milchwirtschaft genutzt. Für vier Präfekturen verhängte die Regierung in Tokio am Montag ein Auslieferverbot für Milch und mehrere Gemüsesorten.
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