„Ich bin sehr diskret“
In der Bestechungsaffäre rund um den mittlerweile zurückgetretenen ÖVP-Delegationsleiter im Europaparlament, Ernst Strasser, haben Undercover-Reporter der britischen Zeitung „Sunday Times“, die sich als Lobbyisten ausgaben, ein inkriminierendes Video ihrer Gespräche mit Strasser angefertigt. Hier der Wortlaut der drei Clips, die mittlerweile auf YouTube zirkulieren.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Strasser erzählt den Reportern im Clip eins, dass er die Gesetzgebung für ihre Klienten ändern könne.
Reporter (aus dem Off): „Aber offensichtlich ist einer von Ihren Pluspunkten, dass Sie ein Mitglied des Europäischen Parlaments sind und sich daher im Parlament bewegen können.“
Strasser: „Sicher. Ja, ja, sicher.“
Reporter: „Und wenn es Gesetzesänderungen gibt, die gemacht werden müssen, dann können Sie diese Dinge tun.“
Strasser: „Sicher ... das ist, wenn zum Beispiel, wenn etwas Bestimmtes ins Parlament kommt, können wir versuchen, auf Leute Einfluss zu nehmen, die im Ausschuss sitzen und an diesen Belangen arbeiten - indem wir die richtigen Informationen kriegen, indem wir die Richtung kriegen, in die wir sie haben wollen, um irgendeinen kritischen Inhalt zu verändern.“
Reporterin (aus dem Off): "... um den Wortlaut vielleicht ein bisschen zu verändern ..."
Strasser: „Ja.“
Reporterin: „Ja, das wäre dienlich.“
Strasser: "... oder um einen Gesetzesänderungsantrag aufzusetzen oder um einen Änderungsantrag einzubringen, der Ihren Klienten dienlich ist."
Zweiter Clip
Die Reporter fragen Strasser im Clip zwei, ob er einen Gesetzesänderungsantrag für einen ihrer Klienten einbringen könne. (Verschwommenes Standbild von Strasser, es sind nur Stimmen zu hören).
Reporterin: „Eine Sache, zu der ich Sie gern rasch fragen wollte: Wir waren ... einer unserer Klienten steht einigen Investmentunternehmen nahe, und da tut sich gerade viel ...“
Strasser: „Investmentunternehmen?“
Reporterin: „Ja, bezüglich Investment ... da gibt es ein Bonussystem für Investoren ...“
Strasser: „Ja, ja, ja.“
Reporterin: "... und sie versuchen, verschiedene Dinge zu ändern - ich glaube, die Frist läuft nächste Woche ab - und ich wusste nicht, ob wir Ihnen die Gesetzesänderungen schicken sollten, ob es wäre ... ob Sie schauen könnten, was Sie tun könnten."
Strasser: „Ja, ja, ja. Sie schicken mir den Änderungsvorschlag und was Ihr Klient geändert haben möchte, ja?“
Reporterin: „Ja.“
Dritter Clip
Strasser sagt den Reportern im dritten Clip, er habe es arrangiert, dass der Änderungsantrag ihres Klienten eingebracht werde.
Reporterin (aus dem Off): „Ich kann unserem Klienten also sagen, dass der Änderungsantrag dem österreichischen Europaparlamentsmitglied und dem spanischen Europaparlamentsmitglied vorgelegt wurde.“
Strasser: „Ja. Ja, und es wurde mit dem Spanier diskutiert, und der Spanier schloss einen Kompromiss mit den anderen, indem die zweite Warnung fallengelassen wird, aber ...“
Reporterin: „Ja ... aber indem die Frist verlängert wird ... “
Strasser: "... die Frist beschleunigt wird, ja. Und ich denke, das ist ein guter Kompromiss."
Reporterin: „Okay.“
Zwischenschnitt
Reporter (aus dem Off): „Was glaubt der Spanier, für wen Sie arbeiten, oder weiß er es nicht?“
Strasser: „Für wen er arbeitet?“
Reporter: „Nein, für wen Sie arbeiten.“
Strasser: „Nein, nein, das weiß er nicht.“
Reporter: „Das weiß er nicht?“
Strasser: „Nein, nein.“
Reporter: „Er glaubt, Sie sind nur daran interessiert, weil Sie ein Mitglied des Europäischen Parlaments sind?“
Strasser: „Ich habe gesagt, ich habe gesagt ... hey, ich muss mich da mit einem Hedgefonds auseinandersetzen, und die sitzen mir im Nacken ...“
Reporter lachen.
Strasser: "... also, ich hoffe, das stört Sie nicht ... die sitzen mir im Nacken, jeden Tag rufen die mich an und sagen: ‚Hey, Ernst, mach was!‘ Ja? Und ich habe für ein Investmentunternehmen gearbeitet, ja?"
Reporter: „Verstehe.“
Reporterin: „Also jeder weiß, dass Sie diesen Background haben.“
Strasser: „Ja, ja, ich habe diesen Background. Daher ist das nicht wirklich ein Problem.“
Reporter: „Und stimmt das, das Gleiche gilt auch für Ihren österreichischen Kollegen?“
Strasser: „Ja, sicher. Ja, sicher.“
Reporter: „Weiß er, für wen Sie arbeiten oder ...?“
Strasser: „Nein.“
Reporter: „Nein.“
Strasser: „Nein.“
Zwischenschnitt
Strasser: „Also ... es ist ... ich muss sagen: Das ist meine Politik, ja? Ich bin immer sehr diskret.“
Reporter: „Ja ...“
Strasser: „Also Sie wissen, ich frage nicht, wer Ihr Klient ist. Ich will das nicht wissen. Ich will nur wissen, wie er denkt, wie er tickt und was wir tun können, damit wir eine Lösung für sein Interesse haben ... finden. Und wenn Sie mir sagen: Hey, wir müssen ihnen zeigen, dass wir kämpfen - dann kämpfen wir eben. Wenn wir eine Lösung finden müssen, dann werden wir versuchen, eine ... aber wenn es eine ... wenn es möglich ist, darunter ... undercover zu sein, dann ist das viel besser.“