Das Volk stürzte Machthaber Mubarak
Ägypten stimmt am Samstag über eine Verfassungsreform ab. Damit räumt das Land die letzten Hürden auf dem Weg zu demokratischen Wahlen im September aus dem Weg. Wenige Wochen zuvor war das ägyptische Volk gegen den verhassten Machthaber Hosni Mubarak aufgestanden und hatte seinen gesamten Clan aus der Regierung vertrieben.
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17. Jänner: Vor dem Parlament in Kairo versucht ein Ägypter, sich selbst zu verbrennen. Er wird schwer verletzt.
18. Jänner: Erneut versucht ein Mann, sich vor dem Parlament zu verbrennen. Ein zweiter Mann wird daran gehindert, sich anzuzünden. In Alexandria tötet sich ein Arbeitsloser durch Selbstverbrennung. Der Oppositionelle und Friedensnobelpreisträger Mohammed al-Baradei sammelt Unterschriften für die Demokratisierung des Landes.
25. Jänner: Landesweite Demonstrationen beginnen. Die Staatsmacht geht aber mit Härte gegen die Demonstranten vor, immer wieder werden Tote gemeldet. Die Regierungen in Washington und Berlin sowie die EU mahnen Mubarak zu Besonnenheit. Ägyptens Behörden blockieren den Zugang zum Kurzmitteilungsdienst Twitter und zu Facebook-Seiten.
28. Jänner: Die Regierung kappt das Internet und die meisten Mobiltelefonverbindungen. Mehr als 100.000 Demonstranten fordern die Staatsmacht heraus. Al-Baradei, der tags zuvor nach Kairo gereist war, wird unter Hausarrest gestellt. Mubarak verhängt eine nächtliche Ausgangssperre.
30. Jänner: Inzwischen sind bei den Unruhen mindestens 150 Menschen gestorben. Vielerorts terrorisieren Plünderer, Brandstifter und Räuber die Bevölkerung. Die Armee rückt unter anderem in Teile des Badeortes Scharm al-Scheich ein. Die ägyptischen Muslimbrüder fordern Mubaraks Rücktritt und rufen die Opposition zur Bildung einer Regierung der nationalen Einheit auf. Al-Baradei schließt sich trotz Hausarrestes den Demonstranten an.
2. Februar: Allein in Kairo fordern zwei Millionen Menschen den Rücktritt Mubaraks. Auf dem Tahrir-Platz in Kairo kommt es zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Anhängern und Gegnern von Mubarak. Die Armee greift nur zögerlich ein, errichtet dann aber Pufferzonen zwischen den Gruppen.
11. Februar: Wieder gehen im ganzen Land Millionen auf die Straße - in Kairo marschieren die Demonstranten erstmals zum Präsidentenpalast. Mubarak fliegt per Hubschrauber vom Präsidentenpalast zu seiner Villa in Scharm al-Scheich auf der Sinai-Halbinsel. Stunden später sagt Vizepräsident Suleiman, dass Mubarak zurückgetreten ist. Die 30-jährige Herrschaft Mubaraks ist damit offiziell zu Ende. Im ganzen Land bricht Jubel aus: „Ägypten ist frei!“
26. Februar: Die ersten österreichischen Reiseveranstalter bieten wieder Flüge ans Rote Meer an. In Kairo demonstrieren Menschen gegen die schleppenden Reformen. Proteste werden mit Tränengas aufgelöst. Zudem friert die Regierung die Konten Mubaraks ein und verhängt ein Flugverbot über die ganze Familie.
3. März: Ministerpräsident Ahmed Schafik tritt zurück. Schafik war Ende Jänner noch unter dem zurückgetretenen Präsidenten Mubarak zum Ministerpräsidenten ernannt worden. Interimschef wird Essam Scharaf.
7. März: Sieben neue Mitglieder der zivilen Übergangsregierung werden vereidigt. Scharaf ernannte Nabil al-Arabi zum Außenminister. Innenminister wird Polizeigeneral Mansur al-Essawi. Ebenfalls neu besetzt werden die Ressorts Justiz, Öl, Zivilluftfahrt, Kultur und Religion.
20. März: Die Ägypter stimmen für eine Verfassungsänderung, die parteilosen Politikern die Kandidatur bei der nächsten Präsidentenwahl erleichtert.
4. April: Das Gesundheitsministerium korrigiert die Todeszahlen auf über 800.
8. April: Tausende Menschen kommen auf dem Tahrir-Platz zusammen, um für weitere Reformen zu demonstrieren. Die Kundgebungsteilnehmer fordern zügigere Gerichtsverfahren gegen ehemalige Regimegrößen und die Auflösung der Mubarak-Partei NDP.
12. April: Mubarak wird in ein Krankenhaus in Scharm al-Scheich eingeliefert - er erlitt während einer Befragung durch die Staatsanwaltschaft einen Herzinfarkt. Tags darauf werden er und seine beiden Söhne Alaa und Gamal in Untersuchungshaft genommen.
16. April: Das Höhere Verwaltungsgericht in Ägypten löst die Partei von Mubarak auf, ihre Vermögenswerte sollen dem Staat anheimfallen.
19. April: Eine ägyptische Untersuchungskommission gibt Mubarak eine Mitschuld am Tod von 846 Zivilisten während der Proteste im Jänner und Februar.
5. Mai: Bei erneuten Demonstrationen in Kairo kam es zu Zusammenstößen zwischen Anhängern und Gegnern Mubaraks. Dutzende Menschen wurden verletzt.
16. Mai: Die unter Korruptionsverdacht stehende Ehefrau Mubaraks übergibt ihr Privatvermögen dem Staat. Die 70-Jährige war davor zusammengebrochen, als sie von ihrer Festnahme erfahren hatte, und ins Spital gebracht worden. Zeitweise wurde sie auf der Intensivstation wegen Herzbeschwerden behandelt. Einen Tag nach der Vermögensüberschreibung kam sie wieder frei.
24. Mai: Die ägyptische Oberstaatsanwaltschaft erhebt offiziell Anklage gegen Mubarak. Sie beschuldigt ihn der Mittäterschaft an der Tötung von mehr als 800 Demonstranten. Auch seine Söhne Gamal und Alaa werden angeklagt.
20. Juni: Laut seinem Anwalt hat Mubarak Krebs.
28. Juni: Bei den schwersten Krawallen in Kairo seit dem Sturz Mubaraks werden mehr als 1.000 Menschen verletzt. Angefangen hatten die Ausschreitungen bei einer Gedenkfeier für Opfer des Februar-Aufstandes.
9. Juli: Der ägyptische Ministerpräsident Essam Scharaf kündigt an, alle Polizisten entlassen zu wollen, denen die Tötung von Demonstranten bei den Protesten vorgeworfen wird.
13. Juli: Die ursprünglich für September vorgesehene Parlamentswahl wird auf Oktober oder November verschoben.
17. Juli: Der ägyptische Außenminister Mohamemd al-Orabi tritt zurück. Er hatte erst im Juni sein Amt angetreten. Am selben Tag leitete unter dem Eindruck fortgesetzter Proteste der ägyptische Regierungschef Essam Scharaf eine angekündigte Kabinettumbildung ein. Er holte zehn neue Minister in seine Regierung, die wenige Tage darauf vereidigt wird.
21. Juli: Der regierende Militärrat erlässt ein neues Wahlgesetz, das freie Parlamentswahlen gewähren soll.
24. Juli: Bei Zusammenstößen in Kairo werden erneut fast 300 Menschen verletzt.
26. Juli: Mubarak verweigert laut Zeitungsberichten die Nahrungsaufnahme.
29. Juli: Islamisten stürmen auf der an Israel angrenzenden Sinai-Halbinsel eine Polizeiwache. Bei Kämpfen zwischen den Angreifern und Polizisten werden sechs Menschen getötet und weitere verletzt, bestätigten Sicherheitskreise.
2. August: Die ägyptische Regierung ordnet einem Medienbericht zufolge die Verlegung Mubaraks aus einer Klinik im Badeort Scharm al-Scheich am Roten Meer in die Hauptstadt Kairo an, wo am Mittwoch der Prozess gegen ihn stattfindet.
3. August: Mubarak steht gemeinsam mit seinen beiden Söhnen Alaa und Gamal vor Gericht in Kairo. Ihnen wird Korruption, Amtsmissbrauch und blutige Gewalt gegen Demonstranten vorgeworfen. Sie werden in Käfigen in die Polizeiakademie geführt, wo ihnen der Prozess gemacht wird. Auch der ehemalige Innenminister Habib al-Adli muss sich für seine Taten verantworten.