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Flugverbotszone nimmt Konturen an

Nach dem entsprechenden Beschluss des UNO-Sicherheitsrats haben am Freitag die Militärs verschiedener Länder die schon vorbereiteten Pläne aus den Schubladen geholt. Neben Frankreich steht eine Beteiligung Großbritanniens mittlerweile außer Frage. Wie Premier David Cameron Freitagmittag bestätigte, sind erste britische Kampfjets bereits auf dem Weg zur Libyen-Mission.

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Großbritannien reagierte damit umgehend auf die Resolution des UNO-Sicherheitsrates, der zum Schutz von Zivilisten „alle notwendigen Maßnahmen“ gegen die Truppen des libyschen Machthabers Muammar al-Gadaffi vorsieht. Neben Eurofightern und Tornados wird sich Großbritannien laut Cameron mit Tank- und Überwachungsflugzeugen an dem Einsatz beteiligen. Erste Flugzeuge werden bereits an Militärstützpunkte in der Region verlegt. Die Welt habe lange genug zugeschaut, wie Al-Gaddafi sein eigenes Volk brutal angreife, so Cameron: Die Situation erfordere ein schnelles Handeln.

Frankreich: Alles bereit

Freitagabend wurde von Frankreichs Regierung betont, dass für eine Militäroperation in Libyen alles bereit stehe. Eine Beteiligung Frankreichs an der Mission stehe außer Frage: „Die Franzosen haben diesen Eingriff gefordert, also werden sie sich selbstverständlich auch daran beteiligen“, wie Frankreichs Regierungssprecher Francois Baroin bereits zuvor betonte.

Baroin verwies zudem darauf, dass es sich nicht um eine Besetzung libyschen Gebiets handle, „sondern um einen Militäreinsatz, um das libysche Volk zu schützen und ihm zu ermöglichen, in seinem Streben nach Freiheit bis zum Ende zu gehen, also bis zum Sturz Al-Gaddafis“. Wann, wo und in welcher Form die Angriffe stattfinden würden, wolle er im Moment nicht mitteilen. Die regierungsnahe Zeitung „Le Figaro“ vermutet, dass Frankreich Militärflugzeuge von der Mittelmeer-Insel Korsika aus einsetzen könnte.

Weitere Länder stellen Kampfflugzeuge bereit

Unterdessen mehrt sich die Anzahl jener Länder, die sich an der Durchsetzung einer Flugverbotszone beteiligen wollen. Neben Kanada kam unter anderem ein Zusage aus Norwegen. Auch Dänemark wartet nach Angaben von Außenministerin Lene Espersen auf die Zustimmung des Parlaments zur Entsendung von F16-Kampfjets. Auch Belgien ist zum Einsatz von sechs F16 bereit. Polen bot Transportflugzeuge an, schloss die Bereitstellung von Kampfflugzeugen jedoch aus. Auch der Golfstaat Katar kündigte seine Beteiligung an den Maßnahmen zur Umsetzung der Resolution des Sicherheitsrats an. Das meldete die staatliche Nachrichtenagentur QNA unter Berufung auf einen Verantwortlichen des Außenministeriums.

Aus Italien hieß es, dass man für die Militäroperation sieben Luftwaffenstützpunkte zur Verfügung stehen wolle. Doch auch eine Beteiligung italienischer Kampfflugzeuge an der Libyen-Mission wurde laut Verteidigungsministerium nicht ausgeschlossen.

Auch Spanien will im Falle eines Militäreinsatzes gegen Libyen die Luftwaffenstützpunkte Rota und Moron im Süden des Landes zur Verfügung stellen. Das kündigte Verteidigungsministerin Carme Chacon am Freitag in Madrid an. Spanien könne auch mit Schiffen und Flugzeugen zu einem solchen Einsatz beitragen, ergänzte sie. Über eine Beteiligung müsse jedoch das Parlament abstimmen.

Individuelles Vorgehen möglich

Die Resolution erlaubt Luftschläge und alle anderen „erforderlichen Maßnahmen“ zum Schutze der Zivilisten „mit Ausnahme von Okkupationstruppen“. Möglich sind also auch Angriffe auf Bodenziele und die Zerstörung der Luftwaffe auf dem Boden durch Kampfjets oder Marschflugkörper. Die UNO-Mitgliedsstaaten dürfen auch individuell handeln.

Nach tagelangem Ringen und schweren Bedenken gegen die Flugverbotszone ist die nun beschlossene Resolution somit viel weitreichender als alles, was davor zur Debatte stand. Als Hauptgrund für die schnelle Entscheidung gilt Al-Gaddafis verschärfte Offensive gegen die Rebellenhochburgen Misrata und Bengasi.

Zivilflüge nach Libyen verboten

Die europäische Organisation für Flugsicherheit (Eurocontrol) verbot unterdessen am Freitag alle zivilen Flüge nach Libyen. „Die 39 Mitgliedsstaaten von Eurocontrol haben uns aufgefordert, alle Flüge über oder nach Libyen zu verbieten“, sagte eine Sprecherin der Organisation laut AFP. Jeder Flug nach Libyen oder durch den Luftraum des Landes werde daher untersagt.

Auf Veto verzichtet

Die Entscheidung im Sicherheitsrat fiel mit zehn Pro- und null Kontrastimmen bei fünf Enthaltungen, darunter Russland, China und Deutschland. Die UNO-Vetomächte China und Russland lehnen die Resolution weiter ab, machten aber keinen Gebrauch von ihrem Veto. Einer der Hauptgründe dürfte sein, dass es den USA gelungen ist, auch arabische Staaten für den Militärschlag zu gewinnen.

Der UNO-Sicherheitsrat bei der Abstimmung

APA/EPA/Peter Foley

Der Sicherheitsrat stimmt ab.

Auch die nicht ständigen Mitglieder Deutschland und Indien enthielten sich. Sie sind skeptisch, weil sie nicht in einen militärischen Konflikt hineingezogen werden wollen. Laut dem deutschen Außenminister Guido Westerwelle werde sich Deutschland nicht an einem Militäreinsatz in Libyen beteiligen. Zur Entlastung der NATO bei einer möglichen Libyen-Mission steht offenbar aber der Einsatz von AWACS-Überwachungsflugzeugen in Afghanistan zur Debatte.

De Maiziere: „Sehen uns nicht in der Pflicht“

Der deutsche Verteidigungsminister Thomas de Maiziere verteidigte die ablehnende Haltung Deutschlands zu einer militärischen Intervention in Libyen: „Die Völkergemeinschaft sagt, hier darf eingegriffen werden. Und wir nehmen uns das Recht, im deutschen Interesse zu sagen, wir sind diesmal nicht dabei“, sagte der CDU-Politiker am Freitag im ZDF-„heute journal“. Obwohl das Herz eher dafür spreche, sage der kühle Kopf: lieber nicht. „Wir sind von dieser militärischen Aktion nicht überzeugt.“

Der Minister sagte weiter: „Wir können nicht alle Diktatoren der Welt mit internationalem Krieg beseitigen. Wir haben Gaddafi nicht hofiert wie andere in der Vergangenheit. Wir sehen uns hier jetzt nicht in der Pflicht, unterstützen aber, wenn andere das tun, aber ohne unsere Beteiligung.“

„Hilfeschrei gehört“

Die Europäische Union begrüßte die Libyen-Resolution. Diese sei „eine klare Grundlage für die Mitglieder der internationalen Gemeinschaft, der Zivilbevölkerung Schutz zu gewähren“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung des EU-Ratspräsidenten Herman van Rompuy und der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton von Freitagfrüh in Brüssel.

„Die Vereinten Nationen haben den Hilfeschrei des libyschen Volkes gehört“, sagte US-UNO-Botschafterin Susan Rice. Mit der Resolution habe der Sicherheitsrat seine Handlungsfähigkeit bewiesen und ein starkes Signal an Al-Gaddafi gesandt. „Über die Zukunft Libyens darf nur das Volk Libyens entscheiden.“

Der Fernsehsender al-Jazeera zeigte unmittelbar nach der Entscheidung Bilder aus der Rebellenhochburg Bengasi. Tausende Gegner des Machthabers jubelten und zündeten Feuerwerke. Truppen des libyschen Staatschefs bereiten die Erstürmung der ostlibyschen Stadt vor.

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