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Wiederaufbau durch Zusammenrücken

Nicht nur das menschliche Leid beschäftigt die japanische Politik in diesen Stunden. Die finanziellen Folgen des Tsunamis und der Atomkatastrophe werden weniger Versicherer, vielmehr der japanische Staat selbst tragen müssen. Experten sind aber zuversichtlich, dass das Land die Kosten des Wiederaufbaus von weit über 100 Mrd. Euro selber schultern können werde.

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Mindestens 180 Mrd. Dollar (129,6 Mrd. Euro) könnte der Wiederaufbau kosten, errechneten die Analysten von Credit Suisse und Barclays bereits wenige Tage nach Ausbruch der Katastrophe. Zugleich ist Japan hoch verschuldet, was wie eine schlechte Ausgangslage für die Finanzierung des Wiederaufbaus wirkt.

Börsentrader in Tokio verfolgen auf Bildschirm Geschehen im AKW Fukushima

APA/EPA/Everett Kennedy Brown

Brösentrader in Tokio beobachten eine Liveübertragung zum Brand im AKW Fukushima I.

„Japan finanziert sich aus sich selbst heraus“

„Japan ist trauriger Spitzenreiter weltweit - mit einer Verschuldung von 230 Prozent des BIP“, analysierte Ingo Jungwirth, Japan-Spezialist und Analyst von Raiffeisen Research, im Ö1-„Journal Panorama“ Mittwochabend - mehr dazu in oe1.ORF.at. Im Gegensatz zu Ländern wie Griechenland und Irland sei Japan allerdings nicht abhängig von ausländischen Geldgebern. „Japan finanziert sich aus sich selbst heraus“, so Jungwirth. Der Wiederaufbau werde mit Schuldscheinen der Regierung finanziert.

„Die Bevölkerung opfert einen Teil ihres Vermögens für diesen Wiederaufbau. Insofern ist es gesamtwirtschaftlich gesehen ein Nullsummenspiel“, meint Jungwirt. Der Knackpunkt sei jetzt das Vertrauen der Japaner in die eigene Regierung, in die eigene Währung. „Solange das bestehen bleibt, ist diese Situation nicht gefährlich im Sinne einer Verschuldungskrise.“

Schulterschluss zum Wiederaufbau

Erwartet wird auch, dass es in Japan einen Schulterschluss der Politik zu einem gemeinsamen Wiederaufbauprogramm geben wird. Bis jetzt liegt die Mehrwertsteuer bei fünf Prozent. Diese wird zur Finanzierung des Wiederaufbaus möglicherweise erhöht. Roland Berger, Präsident von Honda Austria, erwartet von den japanischen Unternehmen im Moment eine hohe Flexibilität: „Japanische Unternehmen sind sehr flexibel, Dinge anders zu tun, wenn das notwendig ist. Sobald die Grundversorgung einigermaßen sichergestellt ist, wird es sehr flott gehen, dass die japanische Industrie wieder produziert.“

Auch die japanische Mentalität sei hier von Vorteil, so Berger: „Wenn etwas nicht funktioniert, wird so lang und so hart daran gearbeitet, bis es wieder funktioniert. Ich kenne kein anderes Land, das so schnell nach solchen Desastern wieder auf die Beine kommen kann wie Japan“, meint Berger.

Investoren suchen bereits nach Anlagemöglichkeiten

Auch wenn das Ausmaß der Katastrophe noch nicht absehbar ist, fokussieren auch die Märkte die Zeit danach. „Wir suchen nach mehr Anlagemöglichkeiten in Japan“, sagte US-Fondsmanager Alex Motola von Thornburg International Growth Fund: „Man kann das menschliche Element der Tragödie nicht leicht beiseiteschieben, aber als Investor muss man den besten Platz für sein Kapital suchen.“

Für manche Firmen wird es Aufträge geben, wie man es im größten Konjunkturboom nicht kennt. Während für Japans Konsumsektor, den Einzelhandel und das Dienstleistungsgewerbe Vorsicht geboten sei, böten sich Engagements in Bau- und Metallindustrie an, führen Credit-Suisse-Experten aus. Die US-Fondsmanager Doug Kass, Martin Sass und Charles de Vaulx haben sich für den Wiederaufbau bereits positioniert

Obama verspricht Hilfe

US-Präsident Barack Obama hat Japan volle Unterstützung beim Wiederaufbau nach dem verheerenden Erdbeben und Tsunami zugesagt. Obama habe mit Ministerpräsident Naoto Kan telefoniert und ihn über mögliche Hilfsmaßnahmen der USA informiert, teilte das US-Präsidialamt am Mittwoch mit. Neben allen menschlichen Überlegungen spielen auch für die USA wirtschaftliche Erwägungen und Zukunftserwartungen eine Rolle.

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