Zahlreiche Waffen, viel Geld
Das libysche Regime bereitet nach den Worten eines Sohns von Diktator Muammar al-Gaddafi eine umfassende Militäraktion vor, um den Aufstand niederzuschlagen. Man werde nicht kapitulieren, auch wenn der Westen eingreifen sollte, sagte Saif al-Islam am Donnerstag der Nachrichtenagentur Reuters.
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Auf die Frage, ob das Regime seine Militäraktionen verstärke, sagte er: „Die Zeit ist jetzt abgelaufen. Jetzt wird gehandelt. Wir gaben ihnen zwei Wochen (für Verhandlungen, Anm.).“ „Wir werden niemals aufgeben, wir werden niemals kapitulieren“, fügte er hinzu. „Das ist unser Land. Wir kämpfen hier in Libyen. Das libysche Volk, wir werden die NATO niemals willkommen heißen, wir werden hier niemals Amerikaner willkommen heißen. Libyen ist nicht das Stück eines Kuchens.“
Muammar al-Gaddafi wird nach Einschätzung der US-Geheimdienstbehörden im Kampf gegen die Rebellen die Oberhand behalten. Das Regime des Machthabers habe die wesentlich besseren Waffen und mehr logistische Möglichkeiten als seine Gegner, sagte Geheimdienstchef James Clapper am Donnerstag vor einem Ausschuss des US-Kongresses in Washington. „Wir glauben, dass Gaddafi langfristig bleiben wird.“ Das Regime werde die Revolte in dem Land auf lange Sicht überdauern.
Immenses Waffenarsenal
Nach Ansicht des amerikanischen Topspions könnte der Konflikt in dem nordafrikanischen Land auf ein Patt hinauslaufen. Die Hochburg der Rebellen, Bengasi, könnte als eigener Kleinstaat enden. Clapper begründete seine Einschätzung mit dem immensen Waffenarsenal, über das Al-Gaddafi verfüge. Darunter seien zahlreiche russische Flugabwehrraketen und Radarsysteme. Die Luftabwehr sei die zweitgrößte in der Region, nur die in Ägypten sei noch umfassender.
Die Rebellen hätten dem nicht genug entgegenzusetzen und seien auch nicht ausreichend für den Kampf ausgebildet und organisiert. Zudem seien wichtige Militäreinheiten des Regimes ausgesprochen loyal zu Al-Gaddafi, da er sie luxuriös ausstatte. Mit seiner Einschätzung dürfte Clapper den Handlungsdruck auf die US-Regierung erhöht haben, die Rebellen im Kampf gegen den Machthaber zu unterstützen. US-Präsident Barack Obama rief zwar Al-Gaddafi bereits mehrfach zum Abtreten auf, seine Regierung schreckt aber vor einem militärischen Einsatz zurück.
US-Regierung relativiert Geheimdienst
Das Weiße Haus spielte die Einschätzung Clappers herunter. Der Sicherheitsberater Obamas, Tom Donilon, sprach von einer „eindimensionalen Analyse“, die eine Reihe von Faktoren außer Acht lasse. Donilon sagte, Clappers Einschätzung stütze sich ausschließlich auf Al-Gaddafis militärische Kapazitäten und Ressourcen. So gesehen könne man zu seiner Ansicht gelangen.
Clapper habe aber nicht den Druck ins Kalkül gezogen, den die internationale Gemeinschaft auf Al-Gaddafi ausübe, und auch nicht etwaige Hilfen für die Rebellen. Er habe auch nicht verschiedene „Dynamiken“ wie die Welle von Freiheitsbewegungen im Nahen Osten berücksichtigt.
USA planen keinen Alleingang
Nach einem Bericht der „Washington Post“ vom Donnerstag will das Weiße Haus es lieber seinen Alliierten überlassen, nach Lösungen für Libyen zu suchen. Demnach wolle Obama die US-Truppen nicht in einen weiteren Konflikt schicken. In Afghanistan sind derzeit rund 100.000 US-Soldaten im Einsatz, im Irak immer noch 50.000. US-Außenministerin Hillary Clinton kündigte unterdessen an, dass die USA vorerst ihren diplomatischen Draht zu Al-Gaddafis Regime kappen. Zugleich machte sie deutlich, weiter den Kontakt zur libyschen Opposition zu suchen.
Man wolle „bald“ Teams zur humanitären Hilfe in den Osten des Landes schicken. Die USA seien auch bereit, Diplomaten zu Gesprächen mit Rebellenführern dorthin zu entsenden, teilte der Sicherheitsberater Obamas, Tom Donilon, mit.
Die humanitären Helfer könnten auf dem Luftweg oder auch über Land in die Rebellengebiete reisen und Hilfsgüter in die Hafenstadt Bengasi transportierten, sagte Donilon Journalisten in Washington. Die Teams würden in Zusammenarbeit mit den Rebellenführern geschickt, der „De-facto-Regierung“ im Osten Libyens. Donilon betonte ausdrücklich, dass kein militärisches US-Personal beteiligt werde.
Große Geldreserven Al-Gaddafis
Al-Gaddafi legte einem US-Pressebericht zufolge Bargeldreserven in Höhe von vielen Milliarden Dollar an, die ihn weitgehend immun gegen die internationalen Finanzsanktionen machen könnten. Al-Gaddafi habe „wahrscheinlich Dutzende Milliarden Dollar in bar, zu denen er innerhalb Libyens Zugang hat“, zitierte die „New York Times“ am Donnerstag einen Vertreter der US-Geheimdienste. Das Geld sei bei der libyschen Zentralbank und anderen Banken in Tripolis gelagert. Mit dem Geld könne Al-Gaddafi loyale Truppen, Söldner und politische Unterstützer bezahlen.
Al-Gaddafi habe die Barreserven offenbar nach 2004 angelegt, als die internationalen Sanktionen gegen sein Land gelockert wurden. Er habe sich für den Fall vorbereiten wollen, dass neue Sanktionen gegen Libyen verhängt werden. Zahlreiche Staaten - unter ihnen die USA und Deutschland - hatten in den vergangenen Tagen nach UN- und EU-Sanktionen libysches Vermögen auf Konten in ihrem Land eingefroren.
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