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Buhrufe und Proteste im Kapitol

Der wochenlange Kampf gegen das harte Sparpaket des republikanischen Gouverneurs von Wisconsin, Scott Walker, hat am Mittwoch ein jähes Ende gefunden. In einem blitzschnellen politischen Manöver wurden die demokratischen Abgeordneten ausgespielt und das umstrittene Gesetz auf den Weg gebracht. Die Republikaner mussten sich daraufhin wüst beschimpfen lassen.

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Drei Wochen dauerte in dem US-Bundesstaat das politische Ringen um ein umstrittenes Sparpaket. Dann ging alles ganz schnell. In nur einer halben Stunde stimmten die republikanischen Senatoren für ein Gesetz, das unter anderem den Beamtengewerkschaften das Recht auf Lohnverhandlungen entzieht. Damit scheiterte der Plan der Demokraten. Sie hatten sich vor Wochen in den Nachbarbundesstaat Illinois abgesetzt, um so eine Abstimmung unmöglich zu machen.

Demonstranten belagern das Kapitol in Wisconsin

Reuters/Darren Hauck

Hunderte Bürger protestierten gegen die Abstimmung im Senat.

Abstimmung mit List erreicht

Nachdem sich die Demokraten zurückgezogen hatten, griffen die Republikaner zu einer List: Sie entfernten einige Forderungen aus Gouverneur Walkers Gesetzesvorschlag, die abstimmungspflichtige Passagen enthielten. Damit schafften sie eine Situation, in der auch weniger als 20 Senatoren für eine gültige Abstimmung ausreichten. 18 republikanische Senatoren gaben daraufhin ihre Zustimmung - ohne jegliche Debatte und ohne einen einzigen Demokraten im Saal.

Das Gesetz, das nun die Abgaben für Gesundheitsvorsorge und Pensionen erhöht und die Rechte für die Beamtengewerkschaft stark beschneidet, muss noch durchs Unterhaus. Aber da die Kammer schon einmal ihre Zustimmung gegeben hat, wird das nur noch als Formalität angesehen.

„50 Jahre Bürgerrechte zunichte gemacht“

„In 30 Minuten haben 18 Senatoren 50 Jahre Bürgerrechte zunichte gemacht“, beklagte sich Mark Miller, Vorsitzender der Demokraten im Senat, gegenüber der „New York Times“. Er und seine 13 demokratischen Kollegen sahen sich die Abstimmung über einen Livestream von einem Hotelzimmer in Illinois aus, wohin sie „emigriert“ waren. „Heute Nacht haben 18 Republikaner den Bürgern die Regierung weggenommen“, sagte Miller. „Morgen werden sich die Menschen von Wisconsin zusammenschließen und sich die Regierung zurückholen.“

Auch im Kapitol selbst gab es für die anwesenden Senatoren Buhrufe und wüste Beschimpfungen von den Rängen. Mit Rufen wie „Ihr Feiglinge!“ begleiteten Besucher das halbstündige Schauspiel. Innerhalb kurzer Zeit wuchs die Menge auf mehrere tausend Menschen an. „Die ganze Welt schaut euch zu“ riefen sie immer wieder vor dem gut gesicherten Eingang des Abstimmungssaales.

Für die Republikaner war das Gesetz aber unbedingt notwendig, um ihre Glaubwürdigkeit zu wahren. Sie hatten im November die Kongresswahlen unter anderem mit dem Versprechen für sich entschieden, die ausufernden US-Staatsschulden in den Griff zu bekommen.

Obamas Sparpläne reichen Republikanern nicht

Selbst Präsident Barack Obama schaltete sich persönlich in den Streit über das Wisconsin-Gesetz ein. „Das ist ein Angriff gegen unsere Gewerkschaften“, wetterte er gegen Walkers Pläne und stellte sich auf die Seite der öffentlich Bediensteten. Der republikanische Parlamentspräsident John Boehner hielt dagegen, die Demokraten seien nicht wirklich zum Sparen bereit. Obama weigere sich, „die nötigen Opfer zu bringen, um dieses Land wieder auf den richtigen Weg zu führen“, kritisierte Boehner.

Obama hatte vor wenigen Tagen einen Haushaltsentwurf für 2012 vorgelegt, in dem die Verschuldung in zehn Jahren um rund eine Billion Dollar verringert werden soll. Kürzungen in Zukunftsbereichen wie Bildung und Forschung sollte es aber nicht geben. Die Republikaner kritisierten, die Einsparungen gingen nicht weit genug.

USA steuern auf Rekorddefizit zu

Zudem wurden neue Schreckenszahlen zum Finanzloch bekannt: Im laufenden Haushaltsjahr soll das Defizit nach jüngsten Berechnungen auf die Rekordsumme von 1,65 Billionen Dollar anschwellen - knapp elf Prozent der US-Wirtschaftsleistung. Damit würde die bisherige Schätzung von 1,48 Billionen klar übertroffen. Im vergangenen Etatjahr hatte die Lücke noch 1,3 Billionen Dollar betragen.

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