Auch Diesel im Höhenflug
Ein Liter Benzin um über 1,50 Euro - bisher war das ein unvorstellbarer Betrag, nun ist er Realität. Am Mittwoch überschritt der Zapfsäulenpreis für Superbenzin an manchen Tankstellen diese magische Grenze, berichtet der ÖAMTC. Mit Höchstpreisen von 1,499 Euro je Liter wird auch bei Diesel an der 1,50-Euro-Marke gerüttelt.
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„Diverse Premiumsorten kosten sogar schon über 1,60 Euro pro Liter - und das, obwohl die Ölpreise heute wieder erstmals seit Wochen leichte Abwärtstendenzen erkennen lassen“, so ÖAMTC-Expertin Elisabeth Brandau. Erst am Dienstag hatte Eurosuper im Schnitt den historischen Höchstwert von 1,367 Euro pro Liter erreicht, am Mittwoch wurden laut ARBÖ im Schnitt 1,374 Euro verrechnet.
Das letzte Allzeithoch bei Superbenzin wurde am 2. Juli 2008 mit durchschnittlich 1,359 Euro erreicht. Der Höchstwert beim Sprit stammt vom 11. August 2008 mit durchschnittlich 1,449 Euro. Ein Vergleich der Jahresdurchschnittswerte des Weltmarktpreises für Rohöl zeigt, dass im neuen Jahrtausend der Ölpreis nur zweimal sank - im Jahr 2001 nach dem Platzen der Dot.com-Blase und 2009, als den Finanzmärkten die Luft ausging.
Clubs: „Autofahrer zahlen Zeche“
ARBÖ-Sprecherin Lydia Ninz erinnerte kürzlich daran, dass bereits im Jahr 2008 ersichtlich war, „welche fatalen Folgen diese unheilvolle Berg-und-Tal-Fahrt bei den Öl- und Spritpreisen hat“. Damals wie heute seien die Autofahrer die Ersten, die dafür die Zeche zu zahlen hätten. „Im Interesse der gesamten Volkswirtschaft gehört dieses zügellose Börsenspiel endlich gezähmt. Was wir brauchen, sind neue Regeln“, forderte Ninz.
Aber nicht nur Brüssel, sondern auch Wien sei gefragt. „Die Preistransparenz an den Zapfsäulen muss erneut thematisiert werden. Die Spritpreisverordnung lässt nach wie vor Spielraum für ‚Preisspielchen‘ auf Kosten der Konsumenten“, sagte ÖAMTC-Experte Martin Grasslober.
OMV-Chef: Ölpreishöhe nicht gerechtfertigt
Erdöl ist nach Meinung von OMV-Chef Wolfgang Ruttenstorfer derzeit unnötig teuer. „Der jetzige Preis ist fundamental nicht begründet.“ Grund für die hohen Ölnotierungen sei „eher die Marktpsychologie“, so Ruttenstorfer: „Diese Hochs sind auch für die Industrie schlecht.“ Die von mehreren OPEC-Mitgliedsstaaten schon angekündigte Mehrproduktion könne die Ölmärkte leicht wieder beruhigen, ist der OMV-Chef überzeugt.
OPEC erhöht Fördermenge
Die OPEC hat bereits auf die steigenden Preise reagiert und erwägt eine Anhebung der Fördermenge. Viele Mitglieder des Kartells zeigten sich jedoch davon überzeugt, dass der von den Unruhen in Libyen ausgelöste Preisanstieg lediglich psychisch bedingt sei und grundsätzlich bereits genügend Öl gefördert werde.
International gebe es keinen Mangel an Öl. Von der weltweiten Förderung von etwa 88 Millionen Barrel (je 159 Liter) pro Tag habe Libyen täglich nur etwa 1,5 Millionen Barrel gestellt, und davon falle derzeit vermutlich die Hälfte wegen der Lage im Land weg. Eine Mehrförderung anderer könne das leicht ausgleichen, dann sinke auch der Preis. Insgesamt stünden international zusätzlich fünf Millionen Barrel pro Tag zur Verfügung, so der OMV-Chef: „Libyen sollte daher kein nachhaltiges Problem sein.“ Dafür, dass Sprit derzeit so teuer sei, gebe es „viele Gründe, auch steuerliche“.
Die Mineralölindustrie sah unlängst vier Gründe in den steigenden Spritpreisen: die Unruhen in Nordafrika, Spekulanten, die traditionell steigende Nachfrage gegen Ende des Winters und die höhere Besteuerung. „Dank der nach wie vor hohen Tankstellenanzahl, des daraus resultierenden harten Wettbewerbs unter den Tankstellenunternehmen und der folglich geringen Margen kann Österreich im Vergleich zu seinen Nachbarstaaten immer noch deutlich günstigere Treibstoffpreise vorweisen als beispielsweise Deutschland oder Italien“, betonte die Industrie.
Mitterlehner gegen Preisobergrenze
Wirtschafts- und Energieminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) lädt angesichts der aktuellen Entwicklungen bei den Treibstoffpreisen zu einem Gipfelgespräch: „Ich will mich aus erster Hand über die Lage informieren und gemeinsam mit Vertretern von Mineralölindustrie, Tankstellenbetreibern und Autofahrerclubs mögliche Maßnahmen zur Verbesserung der Situation diskutieren“, sagte Mitterlehner.
Zu den Aufforderungen, man möge Preisobergrenzen einführen, verwies Mitterlehner auf „entsprechende gesetzliche Regelungen“. In der Vergangenheit brachten derartige Gipfel zwar keine Preissenkungen, es wurden aber Verbesserungen bei der Preistransparenz erzielt. Ein Termin für den Gipfel wurde vorerst nicht genannt. Eingeladen sind unter anderen die Ölmultis OMV, Shell und BP, die Autofahrerclubs ÖAMTC und ARBÖ, der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) sowie die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB).
Zuletzt hatte FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache gefordert, dass der Staat in den Markt eingreifen soll. Er stellt sich eine Halbierung der Mineralölsteuer (MöSt) oder eine Preisobergrenze vor. Wenn sich die OMV aus Libyen zurückziehe, würden nicht nur die Spritpreise, sondern auch die Heizkosten und indirekt auch die Lebensmittelpreise steigen, warnte BZÖ-Chef Josef Bucher.
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