Dunkelziffer weltweit sehr hoch
Sexuelle Belästigung ist an Ugandas und Tansanias Universitäten weit verbreitet. Laut Studien der Pulitzerpreisträger Nicholas Kristof und Sheryl WuDunn sind rund die Hälfte aller tansanischen und ugandischen Frauen von Lehrern oder Autoritätspersonen missbraucht worden. In ihrem Buch „Die Hälfte des Himmels“ beschreiben sie ein bisher kaum beachtetes Problem: „Sextortion“ - Erpressung zu Sex.
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Dozenten böten jungen Frauen bessere Noten an, wenn sie zu sexuellen Handlungen bereit seien, so Kristof und WuDunn. Wer ablehne, laufe Gefahr, schlechter abzuschneiden oder gar durchzufallen. Das wesentliche Merkmal dabei: Der Täter befinde sich in einer autoritären oder einflussreichen Position gegenüber dem Opfer, die er ausnütze, sagte Joan Winship, die Vorsitzende des Internationalen Verbandes weiblicher Richter (IAWJ), gegenüber der Agentur Inter Press Service (IPS).
„Sextortion“ beinhalte im Vergleich zu Vergewaltigung ein gewisses Maß von Einverständnis, „das macht die strafrechtliche Verfolgung sehr schwierig“, so Winship. „Es gibt auch noch keine genaue Definition und Abgrenzung, doch daran arbeiten wir.“
Auch andere hierarchische Beziehungen betroffen
Nicht immer handle es sich dabei um eine Professor-Studentin-Beziehung, auch in anderen hierarchischen Konstellationen seien ähnliche Fälle bekannt. Die Täter seien auch Polizisten, Priester und Beamte. „Es ist eine Quid-pro-quo-Situation. Wer sexuellen Handlungen zustimmt, bekommt dafür bessere Noten, in anderen Fällen auch eine Beförderung, ein Visum oder kann eine Verkehrsstrafe abwenden“, so Winship.
Das Phänomen „Sextortion“ ist nicht nur in afrikanischen Ländern verbreitet, wie Studien des IAWJ belegen, doch genauso wie dort kommen auch anderswo die meisten Täter ungestraft davon. In vielen Ländern ist das Phänomen kaum bekannt, die IAWJ geht davon aus, dass dort die Dunkelziffer betroffener Frauen enorm hoch ist. Nur ein sehr kleiner Teil der Fälle wird angezeigt. Aus Scham und Schuldgefühl schweigen die Opfer, die sich oft nach einer Anzeige mit dem Vorwurf konfrontiert sehen, selbst die Initiative ergriffen und durch sexuelle Gefälligkeiten einen Vorteil für sich herausgeschlagen zu haben.
„Opfer stehen oft allein da“
„Die Opfer stehen oft allein da. Ihnen gegenüber steht nicht nur der Täter, sondern auch die Organisation, die er repräsentiert“, sagte Anne Goldstein, Menschenrechtssprecherin der IAWJ, gegenüber der IPS. „Das Problem sind nicht die Gesetze, sondern der fehlende Wille zur Umsetzung dieser“, so Goldstein.
Die Organisation hat es sich zum Ziel gesetzt, durch bessere Aufklärung die Erpressung zum Sex einzudämmen. Mit dem 2009 in Den Haag vorgestellten Programm „Stopping the Abuse of Power for Purposes of Sexual Exploitation: Naming, Shaming and Ending Sextortion“ will die Organisation bis Juni einen Leitfaden entwickeln, der der Polizei und den Gerichten ein effektiveres Vorgehen ermöglicht.
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