Auf- und Erregung wegen Russell
Jane Russell hat in der Schauspielschule des legendären Max Reinhardt in Hollywood ihr Handwerk gelernt, aber das hat für ihre Karriere keine Bedeutung gehabt. Sie erhielt ihre erste und lebensentscheidende Rolle, nachdem sie den schlagzeilenträchtigen Wettbewerb des exzentrischen Multimillionärs Howard Hughes um den „besten Busen Amerikas“ gewonnen hatte.
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Die Frau, die am Montag im Alter von 89 Jahren verstarb, wurde wegen ihrer Oberweite weltberühmt und blieb das, obwohl sie fast ausschließlich in zweitklassigen Filmen spielte. „Der Busen der Jane Russell und was ihn bewegt“ wurde zum Thema für einen ironischen Intellektuellen wie Gregor von Rezzori in seiner „Männerfibel“. Ihre eigenen Versuche und die der Feministinnen, andere Definitionen zu suchen, blieben erfolglos: Sie verdiente praktisch jeden Dollar in ihrem Leben mit ihrer Oberweite, wie Helmut Räther von der deutschen Nachrichtenagentur dpa anlässlich ihres 75. Geburtstags schrieb.
Die Gewitterwolke
Dabei sei sie gar keine schlechte Schauspielerin gewesen. Ihre Rolle in „Outlaw“, die sie durch den Wettbewerb gewonnen hatte, zeigte das schon, obwohl Billy the Kid und Doc Hollyday sich da vor allem um einen Gaul stritten und die schwarzhaarige Schöne nur als Trostpreis betrachteten. „Der Busen von Jane Russell hängt über dem Film wie eine Gewitterwolke über der Landschaft“, sagte ein Richter in Baltimore während der jahrelangen Auseinandersetzungen darüber, ob er öffentlich gezeigt werden dürfe.
Erst nach neun Jahren, 1950, wurde das erlaubt. Da aber kannte gerade wegen dieser Streitereien jeder Amerikaner längst die Russell, hatten die GIs im Zweiten Weltkrieg ihre Pin-up-Fotos im Spind. Katholische Bischöfe bedrohten ihre Gläubigen mit der Exkommunizierung, wenn sie sich den Film ansähen - es nützte nichts.
Männerphantasie
Sie war 1921 in einer Kleinstadt in Minnesota geboren worden und hatte, als sich ihre Oberweite immer mehr der Endgröße von 97 Zentimetern näherte, schon früh bewundernde Blicke auf sich gezogen. Howard Hawks kümmerte sich später um jedes Detail der Präsentation der „Doppelsensation“, ließ nahtlose BHs für sie schneidern, sorgte mit kaltem Lufthauch dafür, dass sie nicht nur rund blieben.
„Das einzige, das nicht flach ist“
Zu Josef von Sternbergs „Macao“ schrieb 1952 ein Kritiker, die Hauptdarstellerin sei „das einzige an diesem Film, das nicht flach ist“. In „Paleface“ mit Bob Hope spielte sie die Wildwestheldin Calamity Jane als schöne Verführerin - keine Rede davon, dass die Dame eigentlich eine Hure war und am Suff starb. In „Gentlemen Prefer Blondes“ („Blondinen bevorzugt“) wirkte sie neben Marilyn Monroe fast wie eine Intellektuelle. Aber normalerweise wurde sie eben in Filmen präsentiert, die Titel hatten wie „Double Dynamite“, „Heißes Blut“ oder „Das zerfetzte rosa Nachthemd“.
Als 50-Jährige wurde sie am Broadway in New York noch - für kurze Zeit - ein Musical-Star, präsentierte sich noch später in einer BH-Werbung im Fernsehen lächelnd als „Mädchen mit voller Figur“. Berichte über ihr Privatleben machten vor allem dann Schlagzeilen, wenn die Tragik mit Hohn zu verbinden war: Ihr zweiter Mann zum Beispiel verschied nach weniger als drei Monaten Ehe. Danach lebte Russell zurückgezogen in Arizona.
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