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Vielseitiges Oeuvre

Am Montag ist die Schauspielerin Annie Girardot im Alter von 79 Jahren in Paris gestorben. Den österreichischen Kinozuschauern wird sie nicht nur als tyrannische Mutter der von Isabelle Huppert gespielten Klavierlehrerin Erika Kohut in Michael Hanekes Jelinek-Verfilmung „Die Klavierspielerin“ in Erinnerung bleiben.

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Sie war einer der Stars des französischen Kinos und spielte an der Seite von Alain Delon, Yves Montand, Philippe Noiret und Jean-Paul Belmondo. Der Dichter Jean Cocteau bezeichnete sie einmal als das „schönste dramatische Talent der Nachkriegszeit“. Seit 2003 litt Girardot an Alzheimer.

Girardot wurde am 25. Oktober 1931 in Paris geboren. Zunächst spielte die gelernte Krankenschwester am Theater, später gar an der Comedie Francaise. 1956 gab sie ihr Filmdebüt in „Treize a table“. Weit über 100 Film- und Fernsehrollen folgten. Luchino Viscontis Film „Rocco und seine Brüder“ (1960) mit Delon wurde ihr erster großer Erfolg, für „Drei Zimmer in Manhattan“ von Marcel Carne erhielt sie 1965 einen Darstellerpreis in Venedig. Später folgten drei Cesars: für "Dr. med. Francoise Gailland (wo sie 1976 zum ersten Mal die Filmmutter von Huppert gab), „Les Miserables“ (1996) und „Die Klavierspielerin“ (2001).

Quer durch die Berufsgruppen

In rund 40 Jahren sah man Girardot in künstlerisch ambitionierten, aber auch nur unterhaltsamen Filmen in den verschiedensten Berufen, als Richterin, Rechtsanwältin, Taxichauffeurin oder Polizistin. In „Dillinger ist tot“ (1968) von Marco Ferreri war sie die Partnerin von Michel Piccoli. Drehbuchautor Michel Audiard schrieb ihr mehrere Filmrollen. In „La Gifle“ von Claude Pinoteau tröstete sie ihre Filmtochter Isabelle Adjani, als Lino Ventura sie ohrfeigte. Unvergessen bleibt sie auch als komisches Talent in „Der Querkopf“ von Claude Zidi an der Seite von Louis de Funes.

Späte Blüte in Haneke-Filmen

2005 spielte sie noch einmal in einem Film von Haneke: in „Cache“ waren Juliette Binoche und Daniel Auteuil ihre Filmpartner. Erst 2006 hatte die Familie Girardots ihre bereits drei Jahre andauernde Alzheimer-Erkrankung publik gemacht, seither war die Schauspielerin eine Symbolfigur für den schwierigen Kampf gegen die Krankheit. „Mein Glück finde ich vor der Kamera“, hatte sie die Tatsache kommentiert, dass sie trotz fortschreitender Erkrankung weiter vor der Kamera arbeitete. Mit Nicolas Baulieu drehte sie die Alzheimer-Dokumentation „Ainsi va la vie“.

Girardot war seit 1962 mit dem Schauspieler Renato Salvatori, den sie bei den Dreharbeiten zu „Rocco und seine Brüder“ kennengelernt hatte, verheiratet. Mit ihm hatte sie ihre Tochter Giulia Salvatori. 1988 starb ihr Mann, von dem sie getrennt lebte. 1989 veröffentlichte Girardot ihre Memoiren mit dem Titel „Vivre d’aimer“ - „Leben, um zu lieben“.

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