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Keine großen Überraschungen

Es war ein Triumphzug der Favoriten bei der 83. Oscar-Verleihung: Das britische Historiendrama „The King’s Speech“ wurde Sonntagabend (Ortszeit) in Hollywood zum besten Film gekürt und setzte sich damit gegen den Mitfavoriten „The Social Network“ durch.

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Von seinen zwölf Nominierungen hat der Streifen über König George VI. zwar nur vier in goldene Statuetten umgewandelt, diese jedoch in den Königskategorien: Colin Firth wurde wie erwartet zum besten Hauptdarsteller gekürt, Tom Hooper stach Konkurrent David Fincher als bester Regisseur aus, und David Seidler wurde für das beste Originaldrehbuch ausgezeichnet.

Zum großen Verlierer avancierte der Western „True Grit“ der Coen-Brüder, der keine der zehn Nominierungen in Oscars umwandeln konnte. Auch Darren Aronofskys Psychothriller „Black Swan“ musste sich mit einem Oscar begnügen: Als beste Hauptdarstellerin wurde die große Favoritin Natalie Portman für ihre Darstellung der ehrgeizigen Ballerina, die ihre düstere Seite entdeckt, ausgezeichnet.

Natalie Portman bei Oscarrede

AP/Mark J. Terrill

Natalie Portman war sichtlich gerührt über den Oscar.

Schwangere Siegerin

Die 29-Jährige kam schwanger auf die Bühne und dankte ihrer „wunderschönen Liebe Benjamin Millepied, der diesen Film choreographiert hat und mir nun die schönste Rolle meines Lebens gibt“. Hooper dankte vor allem seiner Mutter. Sie war es, die ihn nach einer Lesung „bei australischen Freunden“ auf das Drehbuch von „The King’s Speech“ brachte. „Und die Moral dieser Geschichte“, schloss der Brite seine Rede ab: „Hör auf deine Mutter!“

Firth wirkte während der Verleihung im Publikum äußerst angespannt - was sich auf der Bühne legte. „Ich habe das Gefühl, meine Karriere hat soeben ihren Höhepunkt erreicht“, waren die ersten Worte des 50-Jährigen. Ohne mit der Wimper zu zucken, gab er an, Gefühle im Oberkörper zu haben, „die sich in Tanzbewegungen verwandeln könnten. Ich hoffe, sie bewegen sich nicht in meine Beine, bevor ich die Bühne verlasse.“

„True Grit“ großer Verlierer

Der Western „True Grit“ von Joel und Ethan Coen wurde zum großen Verlierer des Abends: Der Streifen war zehnmal nominiert und ging komplett leer aus. „Inception“ triumphierte indes in den Technik-Kategorien. Vier Preis räumte Christopher Nolans achtfach nominiertes Spektakel für beste Spezialeffekte, beste Kamera, besten Ton und besten Tonschnitt ab.

Lediglich drei Oscars erhielt Finchers bei Kritikern beliebter Facebook-Streifen „The Social Network“, und zwar in den Kategorien „Bester Soundtrack“, „Bestes adaptiertes Drehbuch“ und „Bester Schnitt“. „Toy Story 3“ wurde zum besten Animationsfilm gekürt und erhielt den Oscar für den besten Song (Randy Newmans „We Belong Together“).

Fast keine politischen Anspielungen

Anders als bei früheren Galas gab es kaum politische Anspielungen. Ausnahme war der Regisseur Charles Ferguson, der für seinen Film „Inside Job“ über die Finanzkrise den Dokumentar-Oscar bekam. „Noch immer ist kein Bankmanager im Gefängnis, und das ist falsch“, sagte er. Ansonsten dominierten in den Reden der Preisträger die wohlerzogenen Dankadressen an Team und Familie.

Anne Hathaway und James Franco

AP/Mark J. Terrill

Die Moderatoren Anne Hathaway und James Franco lockerten den Abend mit komödiantischen Einlagen auf.

Junges Moderatorenduo

Moderiert wurde der Abend von James Franco und Anne Hathaway, die versuchten, die Gala abwechslungsreich zu gestalten, ihre Scherze waren aber durchwegs zahnlos. Die beiden Schauspieler lieferten seichte komödiantische Momente statt großer Gesangs- und Tanzeinlagen. Lediglich einmal kam Hathaway (die bei nahezu jedem Auftritt ein anderes Kleid trug) auf die Bühne, um ein Duett anzukündigen - woraufhin sie alleine „On My Own“ aus dem Musical „Les Miserables“ zum Besten gab, weil „ein gewisser Australier“, den sie durch Fingerzeigen auf Hugh Jackman im Publikum entlarvte, nicht aufgetaucht war.

Kirk Douglas

Mark J. Terrill

Kirk Douglas überreichte Melissa Leo den Oscar und ließ es sich nicht nehmen, dabei zu scherzen.

Eingeleitet wurde der Abend mit einem Potpourri der nominierten Filme, in dem Franco und Hathaway in Szenen hineingeschnitten wurden und ihr Unwesen in den Kulissen von „True Grit“, „Inception“ und „The King’s Speech“ trieben.

Videogrüße von Obama

Die Oscar-Bühne zeigte sich in neuem Glanz: Wie versprochen verwandelte sich das Setting in eine virtuelle Kulisse, in der im Laufe des Abends an Filmklassiker wie „Vom Winde verweht“ und die Stummfilmära erinnert wurde. Auch Filmlieder erhielten besondere Aufmerksamkeit: Hier meldete sich US-Präsident Barack Obama in einem Videoclip zu Wort, in dem er „As Time Goes By“ aus „Casablanca“ (1942) als seinen Lieblingsfilmsong nannte.

Wie bei jeder Oscar-Verleihung sorgten auch heuer einzelne Filmstars für berührende Momente. Der schwer vom Alter gezeichnete, langsam sprechende Kirk Douglas überreichte Melissa Leo die Statuette für die beste Nebendarstellerin - und zögerte die Verkündung ungewöhnlich lange hinaus, was zu Lachern im Publikum führte. „Ich erinnere mich noch genau an diese Momente“, scherzte der 94-Jährige, der seinen Auftritt sichtlich genoss. „Dreimal, und jedes Mal habe ich verloren.“

„Skandal“ für US-Publikum

Leo sorgte dann in der an Höhepunkten armen Verleihungsgala für den einzigen kleinen „Skandal“, als sie in ihrer überschwänglichen Dankesrede den verpönten Kraftausdruck „fucking“ benutzte - bei der Übertragung im US-Fernsehen wurde er ausgeblendet. Ein neues Element stand am Ende der Verleihung auf dem Programm: Den Abschluss beging ein Schulchor, der „Somewhere Over The Rainbow“ sang und alle Oscar-Sieger des Abends auf der Bühne vereinte.

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