„Mit Vollgas gegen die Wand“
Man hatte es noch aus dem Vorjahr im Ohr: Wolfgang Joop beteiligt sich am Feinripphersteller Schiesser. Und jetzt das: Wunderkind, das kleine Modelabel mit dem House-Appeal, das in Joops Villa „Wunderkind“ in Potsdam entworfen wird, soll derart in Finanznöten sein, dass man nicht einmal in Paris bei den Frühjahrsmodeschauen auftreten kann.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
„Wegen fehlender Kapitalflüsse“ müsse das Label Wunderkind seinen Auftritt beim Pariser Modefrühling absagen. So zitierte am Freitag die „Süddeutsche Zeitung“ (Freitag-Ausgabe) Joops Sprecher Edwin Lemberg.

AP/Thibault Camus
Auf welchen Laufstegen wird man Wunderkind 2011 sehen?
Die Miteigentümer des Modelabels wollen laut einem Bericht der „WirtschaftsWoche“ ihre Anteile verkaufen. Das Investorenehepaar Hans-Joachim und Gisa Sander habe sich bereits auf einen Kaufvertrag mit dem Finanzinvestor Clemens Vedder verständigt, schreibt das Blatt und beruft sich auf Angaben von Sander. Vedder könnte damit die Mehrheit an dem Unternehmen übernehmen, hieß es.

AP/Thibault Camus
Plateauschuh trifft Springerstiefel: So will Wunderkind ins Frühjahr.
Die „Wundertüten-AG“
Ursprünglich hatte Vedder zwischen den Investoren (sie sind Wella-Erben und Kunstsammler) vermitteln wollen. Doch geht man nach dem Bericht der „SZ“, dann gab es in dem Schreiben Vedders an Joop nicht nur nette Worte. Von einer „Wundertüten-AG“ war da die Rede - und dass „der Laden Wunderkind (...) mit Vollgas gegen die Wand gefahren“ worden sei. 60 Millionen seien „von wem auch immer verbraten worden“.
Wunderkind befindet sich derzeit im Umbau, es gab Entlassungen. Der Firmensitz soll von Potsdam nach Berlin verlegt werden, zudem wird der Einstieg neuer Investoren geprüft, berichtete die „WirtschaftsWoche“. Vedder, der als Einkäufer bei Hertie seine Karriere begonnen hatte und später erfolgreich im Private-Equity-Geschäft tätig war, kündigte für einen Einstieg bei Wunderkind weitreichende Konsequenzen an. Bis auf Joop müssten alle gehen - er dürfe bleiben, wenn er wolle.
Kein Wunderkind ohne Wolfgang Joop
Wunderkind ohne Joop scheint schwer vorstellbar. Das Label und der Modemacher gelten als beinahe zwingende Einheit, zumal man ja auch eher in den Nischen der Branche unterwegs ist. Joop hält ein Vorkaufsrecht an den Sander-Anteilen. Ob er sie nutzen wird, scheint im Moment offen. Im Vorjahr war Joop bei Schiesser eingestiegen - möglicherweise war er aber mehr Berater und zugkräftiger Name, um den Unterwäschehersteller mit Problemen zurück in die Schlagzeilen zu bringen.
Joop-Sprecher Lemberg wollte Informationen über einen Verkauf nicht bestätigen: „Wir verhandeln zwar mit internationalen Investoren, die sich aufgrund des Renommees der Marke Wunderkind für einen Einstieg interessieren, aber bis auf weiteres gibt es keine Veränderungen im Gesellschafterkreis.“ Es gebe zahlreiche Interessenten und Konzepte, so Lemberg zur Nachrichtenagentur dpa. „Bislang gibt es aber keine Entscheidung.“ Von dem Konzept sei letztlich auch abhängig, ob tatsächlich ein Umzug nach Berlin erfolgt.
„Wohin hat er den Brief geschickt?“
Lemberg wies Vorwürfe und Forderungen von Großinvestor Vedder zurück, die dieser in dem Schreiben an Joop formuliert hatte. Das Schreiben sei nicht im Büro von Joop eingegangen, so Lemberg. „Ich weiß nicht, wohin er es geschickt hat - auf jeden Fall nicht an uns.“ Joop selbst hat Erfahrungen in Sachen Investorenstreitereien. Von der Marke Joop! trennte er sich in einer Auseinandersetzung mit den Investoren. Joop! gehört mittlerweile mit Windsor, Tommy Hilfiger und Strellson zur Holy Fashion Group der einstigen Boss-Eigentümer Jochen und Uwe Holy.
Links: