Angst vor Übergreifen der Revolten
Der Brent-Ölpreis hat am Donnerstagvormittag seinen jüngsten Höhenflug fortgesetzt und ist vorübergehend auf den höchsten Stand seit August 2008 gestiegen. Damit droht auch den Autofahrern ein weiterer kräftiger Preisanstieg an den Zapfsäulen.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Der als wichtiger Ölpreisindikator geltende Future auf die Rohölsorte Brent war im Vormittagsverlauf zeitweise auf ein neues Mehrjahreshoch von 119,79 Dollar je Barrel (159 Liter) gestiegen, fiel in der Folge aber wieder unter diese Marke zurück. Der Preis für ein Barrel (159 Liter) Nordseeöl fiel am Abend auf 113,28 Dollar. Marktteilnehmer führten die kräftigen Anstiege der Ölpreise weiter auf die Unruhen in Libyen zurück. Mittlerweile mehrten sich auch die Ängste, dass die Unruhen auf andere Ölförderländer der Region übergreifen könnten.
Der Chef des italienischen Ölkonzerns ENI, Paolo Scaroni, sagte am Donnerstag, die libysche Ölproduktion sei wegen der Unruhen um 1,2 Millionen Barrel täglich gefallen. Libyen produziert täglich rund 1,6 Millionen Barrel Öl. „Natürlich gibt es Spekulationen, die das tatsächliche Phänomen vergrößern. Tatsache ist, dass 1,2 Millionen Barrel weniger auf dem Markt sind.“ Das sei zwar „keine gewaltige Sache“, aber spürbar. Dazu komme ein generelles Unsicherheitsgefühl, das die Spekulationen weiter anheize, so Scaroni am Rande einer Anhörung im Parlament.
Zweitwichtigster Lieferant Österreichs
Libyen ist der viertgrößte Erdölproduzent Afrikas und damit ein wichtiger Lieferant, insbesondere für Europa. Das nordafrikanische Land exportiert den Großteil seines Erdöls in europäische Staaten wie Deutschland, Italien und Frankreich. Für Österreich ist Libyen nach Kasachstan sogar der zweitwichtigste Öllieferant. Die Erdölreserven des nordafrikanischen Landes werden auf 42 Mrd. Barrel geschätzt und sind damit die größten Afrikas.
Die Nervosität auf dem Markt ist groß, obwohl alle wissen, dass aktuell keine Angebotsknappheit besteht. Zudem kündigte die OPEC bereits an, etwaige weitere Ausfälle Libyens zu kompensieren.
Gefährliche 120-Dollar-Grenze
Damit ist der Ölpreis an einer gefährlichen Grenze für die Weltwirtschaft angelangt. Ab einem Preis von über 120 Dollar, so schätzt etwa der Experte der Fondsgesellschaft RCM, Ingo Mainert, würden die Risiken deutlich steigen. Teureres Öl bedeutet für viele Unternehmen eine massive Kostensteigerung und könnte die Erholung der Weltwirtschaft abwürgen.
Die kräftig steigenden Öl- und Benzinpreise drohen auch den Verbrauchern die Kauflaune zu verderben. „Die Vergangenheit zeigt, dass Benzinpreise Signalcharakter für die Verbraucher haben“, so der Konsumforscher Rolf Bürkl vom deutschen Institut GfK. „Ziehen die Preise weiter merklich an, spüren sie das im Portemonnaie.“ Das könnte die Konsumneigung rasch dämpfen, da Kraftstoffe zu den häufig gekauften Gütern gehören und Preiserhöhungen deshalb besonders stark wahrgenommen werden.
Links: