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Einstimmige Entscheidung

Die Universität Bayreuth hat entschieden. Dem deutschen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) wird der Doktortitel aberkannt. Damit hat die Promotionskommission der rechts- und wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät schneller entschieden als erwartet. Guttenberg hatte erst am Montag in einer Stellungnahme aufgrund „gravierender Fehler“ um die Aberkennung des Titels gebeten.

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Unipräsident Rüdiger Bormann gab nun die einstimmige Entscheidung der Kommission bekannt. Politischen Druck habe es keinen gegeben. Hintergrund ist der Vorwurf, dass Guttenberg bei seiner Dissertation unsauber gearbeitet und Textstellen von anderen Autoren übernommen habe, die nicht als Zitate gekennzeichnet waren.

Wissenschaftliche Standards nicht eingehalten

Der Verteidigungsminister habe wissenschaftliche Standards „objektiv nicht eingehalten“, begründete Bormann die Entscheidung. Das bestreite auch Guttenberg nicht. Das Ergebnis der Prüfungskommission sei dem Minister per Pressemitteilung kommuniziert worden. Über mögliche Folgen für die künftige Zusammenarbeit mit dem Minister, dessen Familie in der Nähe von Bayreuth lebt, wollte sich Bormann nicht äußern.

Rüdiger Bormann, Präsident der Universität Bayreuth

APA/EPA/David Ebener

Unipräsident Rüdiger Bormann gab die Entscheidung bekannt.

Die wörtliche und sinngemäße Übernahme von Textstellen ohne hinreichende Kennzeichnung verstoße gegen die Rechtsprechung und die Grundsätze wissenschaftlichen Arbeitens, erläuterte Bormann. Die von der Literatur ohne Kennzeichnung übernommenen Stellen seien als Plagiat zu bezeichnen, betonte Bormann. Ob es sich um einen Täuschungsvorsatz gehandelt habe, habe man nicht untersucht. „Wir brauchen nicht zu prüfen, ob die ganze Arbeit ein Plagiat ist“, sagte der Universitätspräsident.

Beratung über weitere Konsequenzen

Die Selbstkontrollkommission werde aber weiterhin über mögliche Konsequenzen beraten. Ungeachtet des Falles werde die Universität alles tun, um die hohen wissenschaftlichen Standards beizubehalten. Jeder müsse künftig mit einer Überprüfung rechnen. „Jede Irritation werden wir mit Nachdruck verfolgen“, sagte Bormann.

Eine bewusste Täuschung dezidiert nachzuweisen „wäre sicherlich ein längerer Prozess gewesen“, sagte Bormann. Darauf habe die Universität verzichtet, da Guttenberg selbst um die Rücknahme seiner Dissertation gebeten habe. Daher sei der einfachere Weg und nicht der zeitlich aufwendigere gewählt worden. Das sei so üblich, betonte Bormann.

Merkel: Entscheidung „macht Sinn“

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bezeichnete die Aberkennung des Titels Mittwochabend als richtig und logisch: „Die Entscheidung der Uni Bayreuth liegt auf der Linie dessen, was der Verteidigungsminister vorgegeben hat. Sie macht daher Sinn.“ Der Minister sei durch die Entscheidung der Uni daher in seinem Amt nicht geschwächt. Das Votum zeige, dass Guttenberg mit seiner Selbsteinschätzung richtig liege.

Bestnote „summa cum laude“

Guttenbergs 475 Seiten starke Arbeit über „Verfassung und Verfassungsvertrag“, die im Februar 2007 abgeschlossen worden war, wurde mit der Bestnote „summa cum laude“ bewertet. Ein Rückgaberecht seines Titels hatte er aber eigentlich nicht. Über mögliches wissenschaftliches Fehlverhalten mussten die Unigremien entscheiden.

Der Verlag Duncker & Humblot nahm Guttenbergs Arbeit jedenfalls bereits aus dem Programm. „In der vorliegenden Form bleibt die Dissertation dauerhaft aus unserem Angebot gestrichen“, sagte Geschäftsführer Florian Simon.

Schärfere Kontrollen gefordert

Für den Jusprofessor Peter Landau war es unausweichlich, dass Guttenberg der Doktortitel aberkannt werde. Er könne sich keine andere Reaktion der Universität Bayreuth vorstellen, sagte er schon vor der Entscheidung, als den Titel abzuerkennen. Es stehe nämlich fest, dass Guttenberg in seiner Dissertation eine unrichtige ehrenwörtliche Erklärung abgegeben habe.

Empörung über den Schwindel herrscht nicht nur bei der Opposition, sondern auch aufseiten der Wissenschaft. „Das ist moralisches Versagen und nicht falsches Parken“, sagte der Bonner Promotionsexperte Wolfgang Löwer. Das sei „kein Kavaliersdelikt“, ergänzte der Sprecher des Deutschen Hochschulverbandes, Matthias Jaroch. Einige Wissenschaftler denken bereits über noch schärfere Kontrollen nach. Jaroch: „Abschreiben muss deutlich schwerer gemacht werden.“

Plagiat als dienstrechtliches Vergehen

Hätte Guttenberg seine Dissertation an einer der beiden Universitäten der Bundeswehr gemacht, wären die Schwindelvorwürfe möglicherweise noch härter geahndet worden. Zum Teil habe es Geldstrafen gegeben, so ein Sprecher der Bundeswehr-Universität München. Plagiate gelten als dienstrechtliche Vergehen.

Vor zwei Jahren wurde aber nach einem Bericht der „Mitteldeutschen Zeitung“ dort ein Offizier degradiert, weil er eine teilweise abgeschriebene Arbeit eingereicht habe. An der Bundeswehr-Uni in Hamburg werde jeder Täuschungsversuch mit der schlechtesten Note bewertet.

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