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Zelte und Lazarette aufgebaut

Zu Tausenden sind in Bahrain am Samstagabend Demonstranten auf den Perlenplatz der Hauptstadt Manama zurückgekehrt, nachdem sich Polizei und Militär zuvor überraschend zurückgezogen hatten. Die Anweisung zum Rückzug war direkt von Kronprinz Salman bin Hamad Al Chalifa gekommen.

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Zuvor hatten die Ordnungskräfte in einem weiteren brutalen Einsatz Demonstranten vom Perlenplatz vertrieben. Bei den seit Donnerstag andauernden Zusammenstößen sind bisher mindestens vier Menschen ums Leben gekommen und über 230 verletzt worden. Kronprinz Salman betrauerte am Samstag auch offiziell den Tod von „vier Söhnen des Landes“. Die USA und die EU hatten das gewaltsame Vorgehen gegen die Demonstranten verurteilt.

Von der Polizei verwendete Geschosse und Tränengas

Reuters/Hamad I Mohammed

Demonstranten zeigen von der Polizei verwendete Geschosse und Tränengas.

„Heute kleinen Teil von Bahrain befreit“

Die Wende des sunnitisch-islamischen Regimes, das sich einer schiitischen Mehrheit im Land gegenübersieht, beruht offenbar auf Druck der USA. US-Präsident Barack Obama telefonierte am Freitag mit König Hamad bin Issa Al Chalifa und verlangte vom engen US-Verbündeten Mäßigung gegenüber den Demonstranten. Die Regimegegner wollen nun den Perlenplatz nach dem Vorbild von Ägyptens Tahrir-Platz besetzt halten, bis das Regime ihre Forderungen erfüllt.

US-Stützpunkt in Bahrain

In dem Golf-Staat befindet sich das Hauptquartier der Fünften US-Flotte, die eine wichtige Rolle bei der Sicherung der Handelswege in der für die USA strategisch bedeutsamen Region spielt.

„Wir haben heute einen kleinen Teil von Bahrain befreit, wir werden ganz Bahrain befreien“, wurde einer der Demonstranten von der Nachrichtenagentur AP zitiert. Die Menschen bauten Zelte auf und richteten behelfsmäßige Lazarette ein, um für weitere Attacken durch die Ordnungskräfte gerüstet zu sein. Bis zum Abend hatten sich Zehntausende Demonstranten auf dem Platz eingefunden.

Demonstranten feiern Rückzug der Sicherheitskräfte

Reuters/Hamad I Mohammed

Demonstranten feiern Rückzug der Sicherheitskräfte.

Kronprinz verkündet Dialogbeginn

Es wird spekuliert, dass sich der eher progressiv eingestellte Kronprinz nun mit US-Rückhalt im internen Richtungsstreit der Al-Chalifa-Dynastie, wie mit den Regimekritikern umzugehen sei, durchsetzen könnte. Die Informationsstelle des Regimes verbreitete am Abend über den Webdienst Twitter die Botschaft: „Ein bahrainischer Dialogprozess zwischen dem Kronprinzen und den politischen Gruppierungen hat begonnen.“

Unklar war vorerst, ob die schiitische Wefaq-Partei als bedeutendste Oppositionskraft an dem Dialog teilnimmt. Sie hatte zuvor den Verzicht auf Gewalt gegen Demonstranten als Bedingung dafür genannt. Außerdem fordern die Schiiten aber die Bildung einer Übergangsregierung nach ägyptischem Vorbild und den Übergang zu einer bloß konstitutionellen Monarchie in Bahrain.

USA drängen zu Reformen

Angesichts der Proteste gegen die Regierung forderte unterdessen der nationale US-Sicherheitsberater Tom Donilon in einem Telefongespräch mit Bahrains Kronprinz Salman bin Hamad Al Chalifa „bedeutsame“ Reformen in dem Golfstaat.

Donilon habe erneut die gegen friedliche Demonstranten eingesetzte Gewalt verurteilt, erklärte das Weiße Haus in Washington am Samstag. Zudem habe er seine Unterstützung für die Schritte geäußert, die der Kronprinz angeordnet habe, um Zurückhaltung zu zeigen und einen Dialog zu eröffnen.

„Reisewarnung für ganz Bahrain“

Vom Außenministerium in Wien gibt es seit Samstag eine Reisewarnung für Bahrain. Da sich in dem Inselstaat kaum heimische Touristen aufhalten und die internationalen Flugverbindungen derzeit planmäßig funktionieren, gibt es laut Außenamtssprecher Peter Launsky-Tieffenthal momentan aber keine konkreten Vorkehrungen für etwaige Rückholaktionen.

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