Rücktrittsgedanken für Minister „Unsinn“
Deutschlands Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hat sich für seine Doktorarbeit nicht nur ausgiebig bei anderen Autoren und Wissenschaftlern bedient, sondern sich andere Teile von Ghostwritern schreiben lassen - und das aus Steuermitteln. Das wirft die SPD nun dem Minister vor.
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Die neuen Vorwürfe in der Plagiatsaffäre fußen auf einem Bericht des „Spiegel“, wonach Guttenberg eine 20-seitige Expertise in seine Doktorarbeit geschwindelt habe. In Auftrag gegeben hat Guttenberg die Expertise beim Wissenschaftlichen Dienst des Bundestags im Jahr 2004, zwei Jahre vor dem Einreichen der Doktorarbeit, demnach selbst. Er war damals bereits CSU-Abgeordneter.
Hohn über „geradlinigen“ Guttenberg
Aus Sicht der SPD „entsteht der Eindruck, dass Teile der Doktorarbeit von Ghostwritern in der Bundestagsverwaltung geschrieben wurden“. Die Öffentlichkeit habe „Anspruch darauf zu erfahren, ob der Wissenschaftliche Dienst zu Privatzwecken eingesetzt wurde und Guttenberg seine Promotion auf Kosten der Steuerzahler geschrieben hat.“
SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier forderte den Minister auf, in der Affäre Klarheit zu schaffen. „Guttenberg ist klug genug, um zu wissen, hier ruht die ganze Verantwortung auf ihm selbst“, sagte er der „Welt am Sonntag“. Mit Blick auf Guttenbergs politische Arbeit sagte Steinmeier, der Minister sei wenig standfest. Er staune seit langem, dass sich Guttenberg ausgerechnet „Geradlinigkeit“ als Markenzeichen auserwählt habe.
Auch unter Parteifreunden Skepsis
Guttenberg hatte in seiner Promotionsarbeit zwar den Wissenschaftlichen Dienst des Bundestags als Quelle angegeben, die fragliche Textpassage jedoch als seine eigene ausgegeben. Noch am Mittwoch hatte er betont: „Sollte jemand auf die Idee kommen zu behaupten, Mitarbeiter meines Büros hätten an der wissenschaftlichen Erarbeitung meiner Dissertation mitgewirkt, stelle ich fest: Dies trifft nicht zu.“
Laut einem Bericht des „Kölner Stadt-Anzeigers“ (Samstag-Ausgabe) glauben inzwischen auch führende Vertreter von FDP und CDU/CSU, dass Guttenberg die Arbeit „nicht selbst geschrieben hat“. Diese Vermutung lege sowohl das Ausmaß der plagiierten Stellen als auch die Tatsache nahe, dass schon die Einleitung mit einem Plagiat beginne, heißt es demnach. Schließlich sei „die Einleitung das Persönlichste überhaupt“.
Internet als Basis für Plagiatsjäger
Guttenberg hatte am Freitag Fehler in seiner umstrittenen Dissertation eingeräumt, den Plagiatsvorwurf aber „mit allem Nachdruck“ von sich gewiesen: Er habe lediglich bei ein paar Zitaten die korrekte Quellenangabe vergessen. Dieses Argument wackelt freilich immer mehr - Plagiatsjäger finden immer mehr Stellen, in denen wortwörtliche Zitate explizit als Guttenbergs eigene Kommentare ausgewiesen sind.
Auf der Website GutenPlag, wo sich jeder bei der Suche nach gestohlenen Texten beteiligen kann, werden inzwischen fast zwei Drittel der gesamten Doktorarbeit als Plagiat ausgewiesen. Die Universität Bayreuth prüft die Vorwürfe. Bis zum Abschluss der Untersuchungen will der Minister „vorläufig“ auf die Führung des Doktortitels verzichten.
Bevölkerung steht noch hinter Minister
An Rücktritt denkt Guttenberg dennoch weiter nicht. Auf eine entsprechende Frage des deutschen Magazins „Focus“ antwortete er knapp mit „Unsinn!“. In einer Umfrage des Emnid-Instituts für das Magazin waren 68 Prozent der Befragten gegen einen Rücktritt Guttenbergs wegen der Plagiatsvorwürfe um seine Doktorarbeit, nur 27 Prozent waren dafür.
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