Dissertation „enthält fraglos Fehler“
„Ich werde gerne bis zum Ergebnis dieser Prüfung vorübergehend, ich betone: vorübergehend, auf die Führung des Titels verzichten.“ Mit diesen Worten hat der deutsche Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) am Freitag eine erste Konsequenz aus der Plagiatsaffäre um seine Doktorarbeit gezogen.
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Gleichzeitig zeigte sich Guttenberg aber weiter davon überzeugt, dass die von ihm verfasste Dissertation kein Plagiat sei. Die Doktorarbeit unter dem Titel „Verfassung und Verfassungsvertrag“ sei in mehreren Jahren neben seiner Tätigkeit als Abgeordneter und seinen Pflichten als Familienvater in mühevoller Kleinarbeit entstanden.
Guttenberg will „aktiv mithelfen“
Der CSU-Minister räumte zwar ein, dass seine Arbeit „fraglos Fehler“ enthalte, wobei er über jeden einzelnen selbst am unglücklichsten sei. Zu keinem Zeitpunkt habe er allerdings bei der Erstellung der Arbeit bewusst getäuscht oder bewusst die Urheberschaft einzelner Teile der Dissertation nicht kenntlich gemacht. Sollte sich jemand dadurch verletzt fühlen, weil er nicht richtig zitiert worden sei, so tue ihm das aufrichtig leid, so Guttenberg weiter.
Online derzeit ohne Dr.
Auf der Website von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg ist Freitagmittag der Doktortitel zügig entfernt worden. Noch um 12.20 Uhr war die „Willkommen“-Seite mit „Dr. Karl-Theodor zu Guttenberg“ überschrieben. Gegen 12.45 Uhr war „Dr.“ bereits verschwunden.
Nun wolle er bei der Gewichtung der Fehler in der Dissertation durch die Universität Bayreuth „aktiv mithelfen“. Zu seiner Dissertation wolle er zudem nur noch mit der Universität kommunizieren.
Rücktritt ausgeschlossen
Forderungen nach seinem Rücktritt wies der CSU-Politiker zurück. „Die Menschen in diesem Land erwarten, dass ich mich um das fordernde Amt des Verteidigungsministers mit voller Kraft kümmere und das kann ich auch.“ Guttenberg soll in seiner 475 Seiten umfassenden Dissertation zahlreiche fremde Textstellen verwendet haben, ohne sie korrekt anzugeben. Am Donnerstagabend war der Verteidigungsminister im Kanzleramt, um mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) über das weitere Vorgehen zu sprechen.
Wie im Anschluss aus Regierungskreisen verlautete, sprach Merkel Guttenberg weiter ihr „volles Vertrauen“ aus. Mit „Jedem passiert auch mal vielleicht ein Fehler“ nahm auch CDU-Finanzminister Wolfgang Schäuble Guttenberg in Schutz. Schäuble empfahl aber, so rasch wie möglich Klarheit zu schaffen.
Entschuldigung nach Medieneklat
Guttenbergs Erklärung war begleitet von einem Eklat in der gleichzeitig abgehaltenen Bundespressekonferenz (BPK). Unmittelbar nach dem offiziellen Protest BPK und des Deutschen Journalistenverbandes (DJV) gegen seine Informationspolitik schrieb Guttenberg in einem Brief an den BPK-Vorsitzenden Werner Gößling, dass er um Entschuldigung für die „Parallelität der Presseunterrichtungen“ bitte.
„Kollaborative Dokumentation der Plagiate“
Unterdessen mehren sich auf der Website GuttenPlag Wiki mögliche Plagiate aus Guttenbergs Doktorarbeit. Zudem wurden gegen Guttenberg wegen der Affäre um seine Doktorarbeit bereits zwei Strafanzeigen gestellt. Das bestätigte die Staatsanwaltschaft Bayreuth am Freitag. Bei der ersten Anzeige gehe es um mögliche Verstöße gegen das Urheberrecht, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Thomas Janovsky laut dpa. Bei der zweiten Strafanzeige geht es laut Janovsky um den Vorwurf der falschen eidesstattlichen Versicherung.
Opposition ortet „Amtsmissbrauch“
Die Opposition schießt sich weiter auf Guttenberg ein und ortet bereits einen neuen Rücktrittsgrund. Geprüft werden solle demnach, ob Guttenberg für seine Doktorarbeit auch den Wissenschaftlichen Dienst des Bundestags eingespannt hat. Nach Ansicht der Linken wäre das „Amtsmissbrauch“. Die Grünen kritisierten auch Guttenbergs vorübergehenden Verzicht auf seinen Doktortitel. Grünen-Fraktionschefin Renate Künast sprach von einer „halbgaren Geschichte“. Zudem erinnerte Künast daran, dass der Titel ein Namensbestandteil sei: „Entweder hat er ihn, oder er hat ihn nicht.“
Verlag streicht Dissertation aus Programm
Konsequenzen zog unterdessen auch der Berliner Verlag Duncker & Humblot, der die umstrittene Doktorarbeit nicht mehr anbietet. Das Haus habe die elektronische Variante der Dissertation aus seinem Angebot genommen, bestätigte Verleger Norbert Simon am Freitag einen Bericht des Onlinemagazins für den Deutschen Buchhandel, Boersenblatt.net. Die gedruckte Auflage von rund 400 Exemplaren sei zudem ausverkauft.
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