„Druck auf Militär aufrechterhalten“
Genau eine Woche nach dem Rücktritt von Präsident Hosni Mubarak sind über eine Million Menschen einem Aufruf der Demokratiebewegung gefolgt, den „Tag des Sieges“ zu feiern. Auf dem Tahrir-Platz in Kairo wurde erst gemeinsam das Freitagsgebet abgehalten, bei dem die Militärmachthaber zu zügigen Reformen aufgefordert wurden.
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Die Kundgebungen fanden in einer entspannten und friedlichen Atmosphäre statt. Auf dem Tahrir-Platz spielte eine Armeeband „Ägypten ist groß“. Die Menschen sangen mit, schwenkten von Soldaten ausgegebene Landesflaggen und riefen: „Armee und Volk sind eins.“ An den zwölf Zugängen zum Platz waren Panzer aufgefahren, Soldaten und Organisatoren durchsuchten jeden, der auf den riesigen Platz gelangen wollte - Video dazu in iptv.ORF.at.
Über zwölf Stunden, bis zum späten Freitagabend, glich die Stimmung auf dem Platz einem Volksfest. Feuerwerkskörper wurden gezündet. „Das ist eine Party. Wir sind froh, Mubarak ist weg“, sagte ein Demonstrant.

Reuters/Suhaib Salem
Ein Blick auf den übervollen Tahrir-Platz
„Wir wollen den Druck auf das Militär aufrechterhalten“, erklärte ein weiterer Aktivist gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. „Heute haben die Menschen ihre Forderungen an die Militärführung bekräftigt“, fügte er hinzu. „Sie haben gezeigt, dass sie jederzeit wieder auf die Straße gehen können.“ Seit dem Rücktritt Mubaraks vor einer Woche regiert in Ägypten das Oberkommando der Streitkräfte. Die Menge skandierte Parolen wie „Weg mit der Regierung! Weg mit dem Ausnahmezustand!“
Der herrschende Militärrat hatte sich nach Mubaraks Rücktritt zu freien Wahlen innerhalb von sechs Monaten verpflichtet. Er beließ aber zugleich die letzte, noch von Mubarak ernannte zivile Regierung im Amt. Die Demokratiebewegung verlangt eine vom alten Regime unabhängige Übergangsregierung, die Aufhebung des Ausnahmezustands sowie die Freilassung von politischen Gefangenen.
Streiks lähmen das Land
Bei der Kundgebung auf dem Tahrir-Platz wurde auch der 365 Menschen gedacht, die bei den 18-tägigen Protesten ums Leben gekommen waren. Der Platz war 18 Tage lang der Mittelpunkt der landesweiten Demonstrationen gegen das Mubarak-Regime gewesen. Die Feierlichkeiten können aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich das Leben in der Hauptstadt auch nach dem Sturz Mubaraks noch nicht normalisiert hat: Panzer fahren durch die Straßen, Banken und Schulen sind geschlossen, und Arbeiter streiken.
Forderung nach neuem Kabinett
Viele Ägypter machen sich Sorgen, dass die Demokratisierung keinen Bestand haben könne. „Die Ägypter müssen wachsam bleiben. Wir müssen aufpassen und die Errungenschaften schützen“, sagte ein 46-jähriger Bauarbeiter auf dem Platz. Der einflussreiche Geistliche Scheich Jussuf al-Karadawi verlangte in seinem Freitagsgebet eine neue Regierung und die sofortige Freilassung aller politischen Gefangenen. „Ich appelliere an die ägyptische Armee, uns von der Mubarak-Regierung zu befreien“, rief er.
Die Armee betonte am Donnerstag erneut, dass sie keine „politischen Ambitionen“ habe und sich für einen demokratischen Übergang und die Übergabe der Macht an eine zivile Regierung einsetze. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) warf den Streitkräften jedoch vor, während der Proteste festgenommene Demonstranten gefoltert zu haben.
Minister verhaftet
Auch für Mubaraks Gefolgsleute wird es nach dem Umsturz eng. Am Donnerstag wurden drei Ex-Minister und einflussreiche Unternehmer festgenommen. Gegen den ehemaligen Innenminister Habib al-Adli wurde Haftbefehl wegen des Verdachts der Geldwäsche erlassen. Auch die früheren Minister Sohair Garranah (Tourismus), Ahmed al-Maghrabi (Wohnen) und der Stahlunternehmer Ahmed Ess, ein Vertrauter Mubaraks, seien in Gewahrsam genommen worden, hieß es. Ihnen wird Veruntreuung vorgeworfen.
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