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Schüsse auf Regierungsgegner

Auch im arabischen Königreich Bahrain ist die Polizei am Donnerstag mit Gewalt gegen Tausende Demonstranten vorgegangen, die eine Reform des autoritären Regimes gefordert hatten. Dabei wurden zumindest fünf Menschen getötet, über 200 weitere verletzt. Offiziell war von drei Toten die Rede.

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Damit stieg die Zahl der Todesopfer bei den seit Tagen andauernden Anti-Regierungsprotesten auf zumindest sieben. Bereits in der Nacht auf Donnerstag hatten sich Tausende Menschen auf dem zentralen Perlenplatz in der Hauptstadt Manama versammelt.

Polizei blockiert Straße in Manama

AP/Hassan Ammar

Polizeieinsatz auf dem zentralen Perlenplatz

In der Früh habe erst Sonderpolizei den Platz umstellt und sei mit Tränengas gegen die Menge vorgegangen, hieß es. Später fuhren in der Stadt Panzer und Militär-Lkws auf. Als die Menschen in Panik von dem Platz geflohen seien, hätten Polizisten mit Schlagstöcken sie noch in die umliegenden Straßen verfolgt, Zelte der Demonstranten wurden niedergerissen. Anschließend verhängte die Armee ein Versammlungsverbot in der Stadt.

Tote mit Schusswunden

Ärzte des Salaminia-Krankenhauses in Manama berichteten, dass die Toten Schusswunden aufgewiesen hätten. Mindestens 230 Menschen sollen verletzt worden sein.

Nasar al-Baharna, Bahrains Staatsminister für auswärtige Angelegenheiten, legte sein Amt aus Protest gegen diese Eskalation der Gewalt in der Nacht auf Donnerstag zurück. Für Freitag riefen Regierungsgegner zu erneuten Protesten auf. Die Armee rechtfertigte im staatlichen TV den Einsatz von Soldaten in der Hauptstadt. Das diene der Sicherheit der Bürger, hieß es.

Ruf nach Sturz des Regimes

Zu Tausenden - die Angaben schwankten zwischen 5.000 und 20.000 - hatten sich die Menschen schon am Mittwoch nach der Beisetzung eines am Vortag getöteten Demonstranten auf dem Platz versammelt. Nach den gewaltsamen Zusammenstößen der vergangenen Tage waren die Proteste zunächst aber friedlich verlaufen. Vereinzelt war während der Beerdigung zum Sturz des Regimes aufgerufen worden. Die meisten Oppositionellen erklärten jedoch, sie forderten lediglich Reformen.

Bahrain, der ärmste der reichen Golfstaaten, wird von König Hamad bin Issa Al Chalifa und seiner Familie beherrscht. Er setzt die Regierung ein, Parteien sind nicht zugelassen. Bei den Demonstranten handelt es sich zumeist um schiitische Muslime, sie stellen auch die Mehrheit der Bevölkerung. Das Herrscherhaus ist hingegen sunnitisch. Allerdings hieß es am Donnerstag, schlossen sich den Protesten zunehmend auch Sunniten an, die mit der Situation im Land unzufrieden sind.

Parlament de facto ohne Macht

Viele bahrainische Oppositionelle beklagen, dass die Macht des gewählten Parlaments zu gering sei. Die Mitglieder der zweiten Kammer werden vom König ernannt. Obwohl Parteien verboten sind, lassen sich die Politiker verschiedenen Lagern zuordnen. Neben der schiitischen Wifak-Gesellschaft haben die moderaten sunnitischen Islamisten und die radikalen Islamisten (Salafisten) großen Einfluss, daneben gibt es die schiitische Bewegung für Freiheiten und Demokratie (Hakk).

Mehrere Websites und Publikationen der Opposition waren vergangenes Jahr verboten worden. Die Sicherheitskräfte nahmen bereits damals mehrere schiitische Kritiker der Regierung unter „Terrorverdacht“ fest, was von Menschenrechtsorganisationen kritisiert wurde. Im Oktober kam es zu Zusammenstößen zwischen der Polizei und schiitischen Demonstranten, die gegen die Verhaftungen protestierten. Einem bekannten schiitischen Geistlichen entzog man die Staatsbürgerschaft.

Opposition will Parlament verlassen

Die Wifak, die bei der Wahl vor vier Jahren 18 der insgesamt 40 Sitze belegte, hatte zunächst versucht, sich aus diesem Streit herauszuhalten. Doch dann sperrten die Behörden im September die Website der Bewegung. „Wir wollen nicht, dass Molotowcocktails fliegen“, sagte der Wifak-Vorsitzende Ali Salman in einem Interview mit dem TV-Sender al-Arabija. Nun sind praktisch alle Oppositionskräfte bei den Protesten vereint.

„So darf man nicht mit friedlichen Demonstranten umgehen“, sagte Salman. Er betonte aber, die Wifak-Gesellschaft wolle keinen Sturz der Herrscherfamilie, sondern politische Reformen. Bahrain müsse in eine konstitutionelle Monarchie umgewandelt werden.

Die Unruhen in dem Königreich schüren auch beim Nachbarn Saudi-Arabien zunehmend die Angst vor einem möglichen Übergreifen der Proteste. Beide Königreiche sind wichtige US-Verbündete. Die Vereinigten Staaten zeigten sich in einer Reaktion auf die Unruhen „alarmiert“. Außenministerin Hillary Clinton kritisierte den Einsatz von Gewalt, ebenso die EU und die Vereinten Nationen. UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon forderte die Bestrafung der Verantwortlichen. „Dort und anderswo darf Gewalt nicht gegen friedliche Demonstranten und gegen Journalisten eingesetzt werden. Das muss aufhören. Und die Verantwortlichen müssen der Justiz übergeben werden.“

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