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Großer Schaden für die Wirtschaft

Als die jüngsten Unruhen in Ägypten in ihre heiße Phase eingetreten waren, ordnete die Regierung an, das Land komplett vom Internet zu trennen - ein Schritt, den auch totalitäre Regimes noch nie zuvor unternommen hatten. Die Wirtschaft des Landes wurde von der Maßnahme schwer in Mitleidenschaft gezogen. Auch die libysche Regierung störte das Netz und Kommunikationssatelliten.

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Die ägyptische Regierung hatte am 27. Jänner das Internet und alle Mobilfunknetze abschalten lassen, um die massiven Proteste der Bevölkerung gegen das Regime von Präsident Hosni Mubarak einzudämmen. Anstatt sich auf die zunehmend unwirksamen Internetsperren zu verlassen, ging das Regime auf Nummer sicher und kappte die internationale Netzverbindung, die von der staatlichen Telefongesellschaft verwaltet wird und sich in Kairo befindet, wie die „New York Times“ berichtete.

Erst am 2. Februar erschien das Land wieder im Netz, die Mobiltelefonnetze waren teilweise schon vorher wieder aktiviert worden, allerdings hatten auch Kunden mit Smartphones aufgrund der anhaltenden zentralen Sperre auf das Internet keinen Zugriff.

Facebook völlig blockiert

Vor der radikalen Trennung vom Netz waren bereits Websites wie Twitter, Facebook und der E-Mail-Dienst von Google vollständig blockiert worden. Eine offizielle Erklärung dafür gab es nicht. Die Sperren dieser Dienste konnten weitere Proteste allerdings nicht verhindern, die Demonstranten hatten die kritische Masse bereits erreicht.

Jim Cowie von der renommierten Netzwerksicherheitsfirma Renesys bezeichnete die Abschaltung des Internets in Ägypten als beispiellos in der Geschichte des Netzes. Die Netzwerksensoren des Unternehmens hatten festgestellt, dass um 0.34 Uhr die vier großen Internetanbieter Link Egypt, Vodafone/Raya, Telecom Egypt und Etisalat Misr „weg vom Fenster waren“.

Diese Unternehmen bündeln den Internetverkehr von und nach Ägypten, auch wenn viele Nutzer ihre Services über kleinere lokale Anbieter beziehen. Die Maßnahme unterschied sich von der Netzzensur in Tunesien, wo einige spezifische Strecken blockiert wurden, und dem Iran, wo die Verbindungen in der Vergangenheit teilweise verlangsamt wurden.

Teures Internet-Aus

Die Abschaltung des Internets und der Mobilfunkdienste kam die ägyptische Wirtschaft teuer zu stehen, wie die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) errechnet hat. Laut OECD richtete die radikale Maßnahme einen Schaden in Höhe von rund 18 Millionen US-Dollar (13 Mio. Euro) pro Tag an.

Die OECD errechnete, dass die blockierten Internetdienste für rund drei bis vier Prozent der Wirtschaftsleistung des Landes verantwortlich seien. Mittelfristig könnte die Schadenssumme sogar steigen, da die Maßnahme auch ausländische Investoren abgeschreckt habe.

Sat-Störungen in Libyen und im Iran

Auch andere unter Druck geratene nordafrikanische Regime entschlossen sich angesichts der jüngsten Protestwellen dazu, die Kommunikationsflüsse in ihren Ländern zu unterbrechen oder zumindest zu stören. So kappte laut Auskunft von Renesys die libysche Regierung am 18. Februar ihre Netzverbindungen, allerdings kehrte das Land Stunden später wieder ans Internet zurück.

Die Libyer störten nach Auskunft des katarischen Nachrichtensenders al-Jazeera dessen Ausstrahlungen auf Arabsat. Auch die Website des Senders sei blockiert worden. Anlässlich der Proteste vergangene Woche im Iran kam es zu gezielten Störungen der internationalen Rundfunkprogramme der BBC und der Deutschen Welle. Die BBC vermutete gegenüber ORF.at, dass die iranische Regierung hinter dem Manöver stehe.

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