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Preisanstieg von 133 Prozent

Seit Wochen wird diskutiert, ob Plastiksackerln verboten werden sollen - vor allem aus Umweltschutzgründen. Mittlerweile zeigt sich, dass auch der Preisdruck Firmen bei Verpackungen zum Umstieg auf Materialien wie Papier, Karton und den Kunststoff Polyethylenterephthalat (PET) zwingt. Allein im Jänner stieg der Preis für Polypropylen, einen der meistverkauften Kunststoffe, um 22 Prozent.

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In den vergangenen zwei Jahren betrug der Anstieg sogar 133 Prozent, berichtete das Wirtschaftsmagazin „The Economist“. Erste US-Fast-Food-Ketten servieren laut dem Branchenblatt „Plastics News“ ihre Getränke mittlerweile in Papierbehältern. Andere greifen auf Wachskarton, Papier und auch den thermoplastischen Kunststoff PET zurück.

Die gestiegenen Preise bei dem häufig verwendeten Polypropylen sind laut „Economist“ auf zwei Entwicklungen zurückzuführen. Neben den steigenden Ölpreisen mache sich auch hier der „China-Effekt“ bemerkbar. Mit der steigenden Nachfrage nach Konsumgütern in Asien, die Propylen entweder enthalten oder darin verpackt sind, und mit dem größeren Absatz von Autos in dieser Region steigen auch die Preise für den Kunststoff.

Nachfrage steigt weiter

Das Marktforschungsinstitut Ceresana Research untersuchte in einer aktuellen Studie die Rolle von Propylen. Dessen Bedeutung werde noch wachsen. Allein zwei Drittel werden für die Herstellung von Polypropylen verwendet. Produktion und Verbrauch von Propylen legen im Nahen Osten am stärksten zu. Die Region Asien-Pazifik werde allerdings den Markt dominieren und für mehr als 45 Prozent der Nachfrage sorgen.

Produkt bei Erdölverarbeitung

Propylen ist ein farbloses, brennbares Gas. Es entsteht durch thermische Spaltung (Steamcracken) von Benzinen, die bei der Verarbeitung von Erdöl anfallen. Zwei Drittel des gesamten anfallenden Propylens werden für die Herstellung von Polypropylen verwendet.

Die weltweite Nachfrage werde bis 2017 um mehr als 20 Millionen Tonnen steigen. „Der Propylenumsatz erreichte im Jahr 2008 mit über 90 Mrd. US-Dollar (66,4 Mrd. Euro) seinen bisherigen Höhepunkt“, sagte Ceresana-Research-Chef Oliver Kutsch. Bereits 2012 werde dieses Niveau wieder übertroffen.

Das Interesse an Kunststoffen wird auch bei der Wiederverwertung deutlich, wie die Anfragen bei der deutschen IHK-Recycling-Börse zeigen. Im vergangenen Jahr lagen Kunststoffe vor anderen Verpackungen, Chemikalien und Metall an oberster Stelle. Über diese Börse können Firmen kostenlos alte Wertstoffe und Restposten anbieten.

Ölpreis mitschuldig

Es gibt allerdings noch einen subtileren Grund für das teurere Plastik. Der höhere Polypropylenpreis spiegelt auch einen Anstieg des Ölpreises im Verhältnis zu Erdgas wider, erklärt der Experte Esteban Sagel von Chemical Market Associates, einem Beratungsunternehmen in Texas. Während in den vergangenen Jahren die Plastik- mit den Ölpreisen nahezu synchron liefen, steigen die Kunststoffpreise nun wesentlich stärker.

Eine Ursache dafür sind die veränderten Produktionsbedingungen von Polypropylen. Eine wesentliche Rolle spielt dabei die in der Petrochemie am häufigsten produzierte Grundchemikalie Ethylen. Vor rund einem Jahrzehnt wurde dieser Stoff etwa durch das Cracken von Rohbenzin (Naphta) hergestellt - Propylen war ein Nebenprodukt dieses Prozesses. Mit den steigenden Ölpreisen und neuen Gasquellen wurde es aber lukrativer, Ethlyen über den Erdgasbestandteil Ethan herzustellen. Dabei wird aber kaum Propylen produziert.

Direkte Herstellung teuer

Fabriken, in denen direkt Polypropylen produziert wird, gibt es. Allerdings sei das aufgrund der notwendigen Umweltauflagen und der hohen Kosten zwischen 500 Millionen und einer Milliarde Dollar ein langwieriger Prozess, sagte James Yong von der Macquarie Bank gegenüber dem „Economist“. Preissenkungen wegen schnellerer Produktionsmöglichkeiten seien daher in naher Zukunft nicht zu erwarten.

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