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„Eine Täuschung“

Der deutsche Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) muss sich gegen Vorwürfe wehren, er habe bei seiner Doktorarbeit geschwindelt. Nach Informationen der „Süddeutschen Zeitung“ („SZ“, Mittwoch-Ausgabe) soll es in Guttenbergs Doktorarbeit einige Passagen geben, die wörtlich mit Formulierungen anderer Autoren übereinstimmen, ohne dass er das gekennzeichnet hat.

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Die Dissertation sei an mehreren Stellen „ein dreistes Plagiat“ und „eine Täuschung“, zitiert die „SZ“ den Bremer Jusprofessor Andreas Fischer-Lescano, der die Parallelen dem Bericht zufolge bei einer Routineprüfung entdeckt hatte. Fischer-Lescano lehrt an der Universität Bremen Öffentliches Recht, Europa- und Völkerrecht.

Ein Sprecher des Vereidigungsministers sagte der dpa auf Anfrage: „Diese Recherche wurde bereits an den Ombudsman für wissenschaftliche Selbstkontrolle der Universität Bayreuth übermittelt.“ Das sei dafür auch die richtige Stelle. „Dem Ergebnis der jetzt dort erfolgenden Prüfung wird mit großer Gelassenheit entgegengesehen. Die Arbeit wurde nach bestem Wissen und Gewissen angefertigt.“

„Summa cum laude“-Promotion 2006

Laut „SZ“ prüft der zuständige Ombudsmann Diethelm Klippel in Bayreuth die Vorwürfe. Die Stellen, an denen sich ohne Nachweis wortgleiche Parallelen mit fremden Texten fänden, umfassten nach den vorliegenden Originalquellen insgesamt mehrere Seiten, heißt es in dem Bericht. „Die Textduplikate ziehen sich durch die gesamte Arbeit und durch alle inhaltlichen Teile“, sagte Fischer-Lescano.

Falls sich die Vorwürfe bewahrheiten, kann es sich jedenfalls um keine Jugendtorheit handeln. Der CSU-Politiker Guttenberg hatte seine Doktorarbeit 2006 an der rechtswissenschaftlichen Fakultät in Bayreuth abgegeben. 2007 wurde er dann mit der Bestnote „Summa cum laude“ zum Dr. jur. promoviert. 2009 wurde die Arbeit im Fachverlag Duncker & Humblot unter dem Titel „Verfassung und Verfassungsvertrag. Konstitutionelle Entwicklungsstufen in den USA und der EU“ veröffentlicht.

Klippel sagte, das Promotionsverfahren sei korrekt abgelaufen. Er war selbst Mitglied der Prüfungskommission. Die jetzt beanstandeten Stellen, die insgesamt mehrere Seiten umfassen, fallen laut „SZ“ in drei Kategorien. Bei den Fällen, die am schwersten wiegen, finden sich wortgleiche Übereinstimmungen mit Texten, die Guttenberg offenbar weder in einer Fußnote noch im Literaturverzeichnis ausweist. Wären die Texte kopiert, würde das einen klaren Verstoß gegen geltende Regeln darstellen.

Verschwiegene Quellen

Die entsprechenden Stellen stammen aus der Schweizer Tageszeitung „Neue Zürcher Zeitung“ („NZZ“) von 2003 und einem Vortrag, den das Liechtenstein-Institut 2004 veröffentlichte. Die zweite Kategorie von Verdachtsfällen betrifft laut Zeitungsbericht Stellen mit wortwörtlich oder leicht abgewandelten Passagen anderer Autoren, die zwar im Literaturverzeichnis allgemein aufgeführt, im laufenden Text aber nicht zitiert werden.

Und schließlich fallen demnach Abschnitte auf, in deren Umfeld zwar eine Fußnote auf den Ursprung hinweise, aus den Hinweisen aber nicht hervorgehe, dass Guttenberg die Passagen wörtlich und teilweise über mehrere Sätze hinweg direkt übernommen hat.

Im schlimmsten Fall Aberkennung

Sollten sich die Vorwürfe gegen den Minister bewahrheiten, könnte Guttenberg der Doktortitel aberkannt werden, schließt die „SZ“: Laut einem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg von 2008 könne der Doktortitel entzogen werden, wenn fremde Passagen „wiederholt und planmäßig“ übernommen wurden. Entscheidend sei dabei nicht unbedingt der Gesamtumfang, sondern ob sich Plagiate wiederholt fänden und als planmäßige Übernahme werten ließen.

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