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Machtkampf erreicht Kakaohandel

Kakao ist die Devisenquelle Nummer eins in der Elfenbeinküste - und steht für 40 Prozent der Exporteinnahmen. Angesichts dieser Bedeutung sehen sich die Kakaobauern im andauernden Machtkonflikt der gegnerischen Politiker plötzlich zwischen den Fronten.

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Der vor zwei Monaten abgewählte Präsident Laurent Gbagbo, der noch überall im Land die Fäden in der Hand hält, hat angeordnet, dass der Kakaohandel weitergehen soll wie bisher. Dagegen verlangt der von der internationalen Gemeinschaft gestützte, aber machtlose Präsident Alassane Ouattara einen einmonatigen Exportstopp. Die meisten Kakaoproduzenten wollen es sich mit keinem Präsidenten verderben, solange nicht klar ist, wer letztlich als Sieger aus dem Konflikt hervorgeht.

Ouattaras Forderung, kein Kakao dürfe in den kommenden vier Wochen den Hafen von Abidjan verlassen, ist nur logisch: Kakao ist die wichtigste Einkommensquelle des westafrikanischen Landes, das mit etwa einem Drittel der weltweit angebauten Kakaobohnen der größte Kakaoproduzent der Welt ist. Im vergangenen Jahr exportierte die Elfenbeinküste 1,2 Million Tonnen Kakaobohnen, vor allem nach Europa.

Finanzierung der Gbagbo-loyalen Milizen

So warnte die Organisation Global Witness, die sich seit Jahren mit Rohstoffen aus Konfliktregionen befasst, erst unlängst, Gelder aus dem Kakaohandel könnten zur Finanzierung der Gbagbo-loyalen Milizen genutzt werden, die für die meisten derzeitigen Menschenrechtsverletzungen in dem Land verantwortlich sind. Wenn Gbagbos finanzielle Quellen aus dem Kakaoexport versiegen, dürfte er es angesichts eingefrorener Konten und internationaler Sanktionen zunehmend schwierig haben, der bisher loyalen Armee den Sold zu zahlen.

Und ohne Geld könnten sich viele Soldaten ihren Treueschwur noch einmal überlegen. Gute Chancen also für Ouattara, dass dann die Blockade um sein von UNO-Blauhelmen bewachtes Hauptquartier in einem Hotel in Abidjan aufbricht. Die Preise für Kakao, die seit Beginn der Krise ohnehin neue Höhen erreicht hatten, waren nach Ouattaras Aufruf noch einmal nach oben geschnellt.

Viele machen weiter wie bisher

Im Hafen von Abidjan ist allerdings kein Rückgang der Kakaolieferungen zu beobachten. Gilbert Anoh NGuessa, der Leiter der für die Kakaowirtschaft zuständigen Behörde und ein enger Verbündeter Gbagbos, hatte den Exportboykott für null und nichtig erklärt. Der Student Boniface Kakou, Sohn eines Kakaobauern, weiß, in welcher Zwickmühle sich sein Vater und andere Kakaoproduzenten derzeit befinden. „Die meisten Probleme damit haben die Bauern, nicht Gbagbo oder Ouattara. Es muss doch einen anderen Weg geben, Gbagbo von der Macht zu entfernen.“

„Ich kann jetzt nicht einfach mit dem Handel aufhören“, betont Najib Ezzedine, einer der größten Händler des Landes. „Ich habe einen Kredit bei der Bank aufgenommen und viel Geld investiert, um Kakaobohnen zu kaufen. Ich muss sie jetzt verkaufen, um die Zahlungsfrist bei der Bank einzuhalten.“

Strafen drohen

Doch nicht nur Geldsorgen bedrücken Bauern und Händler - Ouattara hat denen, die den Exportstopp nicht befolgen, Strafen angedroht. „Was mache ich, wenn Ouattara im Amt ist und seine Leute die (Kakao-)Verwaltung steuern?“, fragt nicht nur Meroux Loic, einer der Großfarmer des Landes. „Ich will mir mein Geschäft nicht für immer verderben.“ Loic hat sich entschlossen, vorerst keinen Kakao zu exportieren. Auch andere Kakaoproduzenten dürften bei längerem Nachdenken eher geneigt sein, auf Ouattara zu setzen.

Denn viele der Kakaobauern stammten ursprünglich aus Burkina Faso und anderen Nachbarländern der Region. Sie siedelten sich zu einer Zeit an, als die meisten Ivorer auf Landwirtschaft verächtlich herabschauten. In der Vergangenheit waren diese „Ausländer“ wiederholt Opfer fremdenfeindlicher Angriffe, und gerade Gbagbo polemisierte im Wahlkampf wiederholt gegen die „Fremden“.

Selay Marius Kouassi und Eva Krafczyk, dpa

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